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Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Zweites Vierteljahr.

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Lecil Rhodes

fertig, und die Holländer wären versöhnt gewesen trotz der Revolution. Natal
hätte nicht nein sagen können, und der Hochwohlweise und taktvolle Chamberlain
im Kolonialamte zu London und John Bull hätten sich mit saurer Miene
darein ergeben müssen.

Mit dem Traume der vereinigten Staaten von Südafrika ist es nun fürs
erste zu Ende. Die Sympathie der Afrikander ist verloren, Holländer und
Engländer stehen einander feindlich gegenüber, und Rhodes muß notgedrungner-
weise Imperialist bleiben. Minen vereinigen und Staaten und Völker ver¬
binden ist zweierlei. Aber ausgespielt hat Rhodes seine Rolle noch lange
nicht, und das größere Deutschland hat ihn in Zukunft als seinen größten
Feind zu betrachten. Er wird es nie vergessen, daß es Deutschlands energische
Haltung war, die die englische Regierung abhielt, offen gegen Transvaal auf¬
zutreten und mit den Empörern und Freibeutern gemeinsame Sache zu machen.
Die Feindseligkeit der englischen Presse gegen Deutschland, die sich sogar bei
der Kaiser-Wilhelmfeicr hämischer Bemerkungen nicht enthalten konnte, ist haupt¬
sächlich sein und seiner Verbündeten Werk. Diese Feindseligkeit wird stetig
geschürt werden, bis sich eine Gelegenheit bietet, dem deutschen Nebenbuhler
an den Hals zu springen. Dann wird Rhodes schon ein paar Millionen
übrig haben für einen Feldzug nach Damaraland oder Ostafrika. Die englische
Presse macht ja kein Hehl aus ihren freundlichen Absichten für den Fall, daß
Deutschland zu unbequem werden sollte, und die Regierung baut Schiffe in
unerhörter Meuge, obwohl sie kaum Mannschaft für die fertigen hat. Es ist
kein Zweifel, England rüstet sich zu einem Wassergange, und der Gegner, den
es sich ausersehen hat, ist nicht Frankreich, sondern Deutschland.

Wie Deutschland den Kampf bestehen soll, vielleicht können das die Herren
sagen, die eine Flotte für unnötig und zu kostspielig halten. Vielleicht erfinden
diese Herren noch Schuhe, mit denen unsre Grenadiere übers Wasser marschiren
können. Frankreichs Seehandel ist lange nicht so groß wie der deutsche, und
doch hat es eine viel größere Flotte, um seine Schiffe zu schützen. Sollen
unsre Schiffe schutzlos dem Gegner überliefert, unser Handel ohne Widerstand
vernichtet, unsre Kolonien dem ersten besten englischen Freibeuter überlassen
werden?

Wir brauchen Land für den Überschuß unsrer Bevölkerung, wenn wir
nicht wie bisher unsre Gegner und Rivalen mit unserm Blute bereichern und
stärken wollen. Viele Tausende von Deutschen, und nicht die schlechtesten, haben
sich auf englischem Boden niedergelassen, aber ihre Arbeit kam dem fremden
Staat zu gute, weil Deutschland keine Kolonien hatte. Jetzt haben wir, wenn
auch nur beschränkte, ansiedlungsfähige Landschaften erworben, und unsre
Pflicht den kommenden Geschlechtern gegenüber ist es, sie vor Rhodes und
ähnlichen Gesellen zu schützen. Gegen festländische Feinde können wir zu Lande
fechten. Gegen England haben wir uns unsrer Haut zu Waffer zu wehren.


Lecil Rhodes

fertig, und die Holländer wären versöhnt gewesen trotz der Revolution. Natal
hätte nicht nein sagen können, und der Hochwohlweise und taktvolle Chamberlain
im Kolonialamte zu London und John Bull hätten sich mit saurer Miene
darein ergeben müssen.

Mit dem Traume der vereinigten Staaten von Südafrika ist es nun fürs
erste zu Ende. Die Sympathie der Afrikander ist verloren, Holländer und
Engländer stehen einander feindlich gegenüber, und Rhodes muß notgedrungner-
weise Imperialist bleiben. Minen vereinigen und Staaten und Völker ver¬
binden ist zweierlei. Aber ausgespielt hat Rhodes seine Rolle noch lange
nicht, und das größere Deutschland hat ihn in Zukunft als seinen größten
Feind zu betrachten. Er wird es nie vergessen, daß es Deutschlands energische
Haltung war, die die englische Regierung abhielt, offen gegen Transvaal auf¬
zutreten und mit den Empörern und Freibeutern gemeinsame Sache zu machen.
Die Feindseligkeit der englischen Presse gegen Deutschland, die sich sogar bei
der Kaiser-Wilhelmfeicr hämischer Bemerkungen nicht enthalten konnte, ist haupt¬
sächlich sein und seiner Verbündeten Werk. Diese Feindseligkeit wird stetig
geschürt werden, bis sich eine Gelegenheit bietet, dem deutschen Nebenbuhler
an den Hals zu springen. Dann wird Rhodes schon ein paar Millionen
übrig haben für einen Feldzug nach Damaraland oder Ostafrika. Die englische
Presse macht ja kein Hehl aus ihren freundlichen Absichten für den Fall, daß
Deutschland zu unbequem werden sollte, und die Regierung baut Schiffe in
unerhörter Meuge, obwohl sie kaum Mannschaft für die fertigen hat. Es ist
kein Zweifel, England rüstet sich zu einem Wassergange, und der Gegner, den
es sich ausersehen hat, ist nicht Frankreich, sondern Deutschland.

Wie Deutschland den Kampf bestehen soll, vielleicht können das die Herren
sagen, die eine Flotte für unnötig und zu kostspielig halten. Vielleicht erfinden
diese Herren noch Schuhe, mit denen unsre Grenadiere übers Wasser marschiren
können. Frankreichs Seehandel ist lange nicht so groß wie der deutsche, und
doch hat es eine viel größere Flotte, um seine Schiffe zu schützen. Sollen
unsre Schiffe schutzlos dem Gegner überliefert, unser Handel ohne Widerstand
vernichtet, unsre Kolonien dem ersten besten englischen Freibeuter überlassen
werden?

Wir brauchen Land für den Überschuß unsrer Bevölkerung, wenn wir
nicht wie bisher unsre Gegner und Rivalen mit unserm Blute bereichern und
stärken wollen. Viele Tausende von Deutschen, und nicht die schlechtesten, haben
sich auf englischem Boden niedergelassen, aber ihre Arbeit kam dem fremden
Staat zu gute, weil Deutschland keine Kolonien hatte. Jetzt haben wir, wenn
auch nur beschränkte, ansiedlungsfähige Landschaften erworben, und unsre
Pflicht den kommenden Geschlechtern gegenüber ist es, sie vor Rhodes und
ähnlichen Gesellen zu schützen. Gegen festländische Feinde können wir zu Lande
fechten. Gegen England haben wir uns unsrer Haut zu Waffer zu wehren.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341865_224927/181>, abgerufen am 23.07.2024.