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Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

in der Erwartung, daß dieser durch einen Blitzstrahl seinen Leib zerschmettern und
seine Seele in die Hülle stürzen werde. Nein, es ist gar nichts Religiöses dabei,
sondern die Zuchthausstrafe soll den Erfolg sicher". Kann man denn aber die
Zuchthausstrafe nicht in diesem Falle wie in vielen andern Fällen verhängen, ohne
unsern Herrgott, Jesum Christum und das heilige Evangelium in alle diese Quatsch-
geschichteu hineinzumengen, bei denen die Leute ihre vermeintlichen Wahrnehmungen
über Haar- und Augenfarbe eines Menschen, über vcruommue Schimpfwörter und
dergleichen ciuskrameu? Kann mau uicht bestimme": Jeder wird bestraft, dem man
nachweist, daß er vor Gericht falsch ausgesagt hat? Natürlich dürften nicht alle
falschen Aussagen mit Zuchthaus bestraft werden, fondern nur solche, die sich auf
wichtige Angelegenheiten beziehen, und die ans einer bösen Absicht entsprungen sind.
Übrigens hat Christi Verbot einen tiefen Sinn und ist psychologisch vollkommen
gerechtfertigt. Der wahrhaftige Mensch spricht selbstverständlich unter allen Um¬
standen die Wahrheit, des nnwahrhaftigen aber kann man sich durch keinerlei Künste
und Zwangsmittel versichern. Wenn man einem, der vor Gericht etwas auszusagen
hat, einen Eid auflegt, so erklärt man ihn damit entweder für eine" Lügner oder
sür einen kindischen Menschen, der gedankenlos zu schwatzen pflegt, und dem man
erst die Hölle heiß machen muß, wenn er einmal ausnahmsweise mit Überlegung
spreche" soll; und zu einer dieser beiden Klassen soll nun jeder Deutsche gehören! Nun,
es war, wie gesagt, uicht zu verlange", daß sich unser Reichstag zu einer Auffassung
hätte aufschwingen sollen, die einen Bruch mit eingewurzelten Vorurteilen bedeutet.

Mehr genialen Anstrich als unser trockner und hcmsbackncr Reichstag hat der
österreichische; schon durch die interessanten Nationalitäten. Ja er bildet mit der
Regierung zusammen ein staatsrechtliches Unikum. Buberl demissivnirt, weil er
keine Mehrheit findet, oder nicht die Mehrheit, die er zu brauchen glaubt, und er¬
klärt hierdurch Österreich für einen Staat mit parlamentarischer Verfassung, und
dieser selbe Badeui bleibt, nachdem ihm der Kaiser geschrieben hat, seine Minister
hätten, unbekümmert um die Parteien, bloß mit Rücksicht auf das allgemeine
Stnatsinteresse zu regieren. Damit ist aber nicht etwa der Konflikt gegeben, be¬
wahre! Den Kern der Reichstagsmehrhcit, die nicht Badenis Mehrheit ist, bilden
ja seine intimsten Freunde, die polnischen Schlachzizen. So werde" der Minister
nud die Mehrheit, die er uicht mag, i" bester Eintracht mit einander leben. Und
was spielen die Deutschen, für die doch ursprünglich die interessanten Nationalitäten
nur eine sah"iücke"de Verbrämung abgaben, im neuen Reichstage für eine Rolle?
Vorläufig gar keine. Die Deutschnationalen mögen einige Befriedigung darüber
empfinde", daß den Präsidentensessel nicht mehr el" "J"de"liberaler" verniiziert,
aber Dr. Kathrcin vertritt, obwohl er ein Mann deutscher Zunge ist, doch in erster
Linie das klerikale Interesse, und die beiden Vizepräsidenten, von denen der eine
ein Pole, der andre ein Tscheche ist, kann man beim beste" Wille" "icht für Deutsche
halte". Und nicht bloß südlich du"t ist dieses Abgeordnetenhaus mit seüier n"-
definirbaren Mehrheit, sondern anch von ganz südlichem Temperament. Unver¬
schämte Lüge, Mörder, frecher Schwindler, so hallte und schallte es in der Sitzung
am 7. April herüber und hinüber. "Aber ich bitte, Herr Abgeordneter, solche
Beschimpfungen --" mußte der Präsident einmal über das andre rufen, worauf
ihm zur Antwort wurde: "Ja, wir sind doch uicht hier, um einander Schmeiche¬
leien zu sagen," oder: "Setzen wir doch eine" galizischen Staatsanwalt ans de"
Präsidcntc"se"si!" Ma" in"ß die Sclbslbeherrschuiig des Grafen Badeni bewundern,
der es über sich brachte, die galizische Regierung und die Schlachtn in einer langen
Rede zu verteidigen. Seine Gcgenbcschuldignngen waren weniger gegen die pol¬
nische Bauernpartei und die Sozialdemokraten als gegen die Nutheuen gerichtet,


Maßgebliches und Unmaßgebliches

in der Erwartung, daß dieser durch einen Blitzstrahl seinen Leib zerschmettern und
seine Seele in die Hülle stürzen werde. Nein, es ist gar nichts Religiöses dabei,
sondern die Zuchthausstrafe soll den Erfolg sicher». Kann man denn aber die
Zuchthausstrafe nicht in diesem Falle wie in vielen andern Fällen verhängen, ohne
unsern Herrgott, Jesum Christum und das heilige Evangelium in alle diese Quatsch-
geschichteu hineinzumengen, bei denen die Leute ihre vermeintlichen Wahrnehmungen
über Haar- und Augenfarbe eines Menschen, über vcruommue Schimpfwörter und
dergleichen ciuskrameu? Kann mau uicht bestimme»: Jeder wird bestraft, dem man
nachweist, daß er vor Gericht falsch ausgesagt hat? Natürlich dürften nicht alle
falschen Aussagen mit Zuchthaus bestraft werden, fondern nur solche, die sich auf
wichtige Angelegenheiten beziehen, und die ans einer bösen Absicht entsprungen sind.
Übrigens hat Christi Verbot einen tiefen Sinn und ist psychologisch vollkommen
gerechtfertigt. Der wahrhaftige Mensch spricht selbstverständlich unter allen Um¬
standen die Wahrheit, des nnwahrhaftigen aber kann man sich durch keinerlei Künste
und Zwangsmittel versichern. Wenn man einem, der vor Gericht etwas auszusagen
hat, einen Eid auflegt, so erklärt man ihn damit entweder für eine» Lügner oder
sür einen kindischen Menschen, der gedankenlos zu schwatzen pflegt, und dem man
erst die Hölle heiß machen muß, wenn er einmal ausnahmsweise mit Überlegung
spreche» soll; und zu einer dieser beiden Klassen soll nun jeder Deutsche gehören! Nun,
es war, wie gesagt, uicht zu verlange», daß sich unser Reichstag zu einer Auffassung
hätte aufschwingen sollen, die einen Bruch mit eingewurzelten Vorurteilen bedeutet.

Mehr genialen Anstrich als unser trockner und hcmsbackncr Reichstag hat der
österreichische; schon durch die interessanten Nationalitäten. Ja er bildet mit der
Regierung zusammen ein staatsrechtliches Unikum. Buberl demissivnirt, weil er
keine Mehrheit findet, oder nicht die Mehrheit, die er zu brauchen glaubt, und er¬
klärt hierdurch Österreich für einen Staat mit parlamentarischer Verfassung, und
dieser selbe Badeui bleibt, nachdem ihm der Kaiser geschrieben hat, seine Minister
hätten, unbekümmert um die Parteien, bloß mit Rücksicht auf das allgemeine
Stnatsinteresse zu regieren. Damit ist aber nicht etwa der Konflikt gegeben, be¬
wahre! Den Kern der Reichstagsmehrhcit, die nicht Badenis Mehrheit ist, bilden
ja seine intimsten Freunde, die polnischen Schlachzizen. So werde» der Minister
nud die Mehrheit, die er uicht mag, i» bester Eintracht mit einander leben. Und
was spielen die Deutschen, für die doch ursprünglich die interessanten Nationalitäten
nur eine sah»iücke»de Verbrämung abgaben, im neuen Reichstage für eine Rolle?
Vorläufig gar keine. Die Deutschnationalen mögen einige Befriedigung darüber
empfinde», daß den Präsidentensessel nicht mehr el» „J»de»liberaler" verniiziert,
aber Dr. Kathrcin vertritt, obwohl er ein Mann deutscher Zunge ist, doch in erster
Linie das klerikale Interesse, und die beiden Vizepräsidenten, von denen der eine
ein Pole, der andre ein Tscheche ist, kann man beim beste» Wille» »icht für Deutsche
halte». Und nicht bloß südlich du»t ist dieses Abgeordnetenhaus mit seüier n»-
definirbaren Mehrheit, sondern anch von ganz südlichem Temperament. Unver¬
schämte Lüge, Mörder, frecher Schwindler, so hallte und schallte es in der Sitzung
am 7. April herüber und hinüber. „Aber ich bitte, Herr Abgeordneter, solche
Beschimpfungen —" mußte der Präsident einmal über das andre rufen, worauf
ihm zur Antwort wurde: „Ja, wir sind doch uicht hier, um einander Schmeiche¬
leien zu sagen," oder: „Setzen wir doch eine» galizischen Staatsanwalt ans de»
Präsidcntc»se»si!" Ma» in»ß die Sclbslbeherrschuiig des Grafen Badeni bewundern,
der es über sich brachte, die galizische Regierung und die Schlachtn in einer langen
Rede zu verteidigen. Seine Gcgenbcschuldignngen waren weniger gegen die pol¬
nische Bauernpartei und die Sozialdemokraten als gegen die Nutheuen gerichtet,


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[0109] Maßgebliches und Unmaßgebliches in der Erwartung, daß dieser durch einen Blitzstrahl seinen Leib zerschmettern und seine Seele in die Hülle stürzen werde. Nein, es ist gar nichts Religiöses dabei, sondern die Zuchthausstrafe soll den Erfolg sicher». Kann man denn aber die Zuchthausstrafe nicht in diesem Falle wie in vielen andern Fällen verhängen, ohne unsern Herrgott, Jesum Christum und das heilige Evangelium in alle diese Quatsch- geschichteu hineinzumengen, bei denen die Leute ihre vermeintlichen Wahrnehmungen über Haar- und Augenfarbe eines Menschen, über vcruommue Schimpfwörter und dergleichen ciuskrameu? Kann mau uicht bestimme»: Jeder wird bestraft, dem man nachweist, daß er vor Gericht falsch ausgesagt hat? Natürlich dürften nicht alle falschen Aussagen mit Zuchthaus bestraft werden, fondern nur solche, die sich auf wichtige Angelegenheiten beziehen, und die ans einer bösen Absicht entsprungen sind. Übrigens hat Christi Verbot einen tiefen Sinn und ist psychologisch vollkommen gerechtfertigt. Der wahrhaftige Mensch spricht selbstverständlich unter allen Um¬ standen die Wahrheit, des nnwahrhaftigen aber kann man sich durch keinerlei Künste und Zwangsmittel versichern. Wenn man einem, der vor Gericht etwas auszusagen hat, einen Eid auflegt, so erklärt man ihn damit entweder für eine» Lügner oder sür einen kindischen Menschen, der gedankenlos zu schwatzen pflegt, und dem man erst die Hölle heiß machen muß, wenn er einmal ausnahmsweise mit Überlegung spreche» soll; und zu einer dieser beiden Klassen soll nun jeder Deutsche gehören! Nun, es war, wie gesagt, uicht zu verlange», daß sich unser Reichstag zu einer Auffassung hätte aufschwingen sollen, die einen Bruch mit eingewurzelten Vorurteilen bedeutet. Mehr genialen Anstrich als unser trockner und hcmsbackncr Reichstag hat der österreichische; schon durch die interessanten Nationalitäten. Ja er bildet mit der Regierung zusammen ein staatsrechtliches Unikum. Buberl demissivnirt, weil er keine Mehrheit findet, oder nicht die Mehrheit, die er zu brauchen glaubt, und er¬ klärt hierdurch Österreich für einen Staat mit parlamentarischer Verfassung, und dieser selbe Badeui bleibt, nachdem ihm der Kaiser geschrieben hat, seine Minister hätten, unbekümmert um die Parteien, bloß mit Rücksicht auf das allgemeine Stnatsinteresse zu regieren. Damit ist aber nicht etwa der Konflikt gegeben, be¬ wahre! Den Kern der Reichstagsmehrhcit, die nicht Badenis Mehrheit ist, bilden ja seine intimsten Freunde, die polnischen Schlachzizen. So werde» der Minister nud die Mehrheit, die er uicht mag, i» bester Eintracht mit einander leben. Und was spielen die Deutschen, für die doch ursprünglich die interessanten Nationalitäten nur eine sah»iücke»de Verbrämung abgaben, im neuen Reichstage für eine Rolle? Vorläufig gar keine. Die Deutschnationalen mögen einige Befriedigung darüber empfinde», daß den Präsidentensessel nicht mehr el» „J»de»liberaler" verniiziert, aber Dr. Kathrcin vertritt, obwohl er ein Mann deutscher Zunge ist, doch in erster Linie das klerikale Interesse, und die beiden Vizepräsidenten, von denen der eine ein Pole, der andre ein Tscheche ist, kann man beim beste» Wille» »icht für Deutsche halte». Und nicht bloß südlich du»t ist dieses Abgeordnetenhaus mit seüier n»- definirbaren Mehrheit, sondern anch von ganz südlichem Temperament. Unver¬ schämte Lüge, Mörder, frecher Schwindler, so hallte und schallte es in der Sitzung am 7. April herüber und hinüber. „Aber ich bitte, Herr Abgeordneter, solche Beschimpfungen —" mußte der Präsident einmal über das andre rufen, worauf ihm zur Antwort wurde: „Ja, wir sind doch uicht hier, um einander Schmeiche¬ leien zu sagen," oder: „Setzen wir doch eine» galizischen Staatsanwalt ans de» Präsidcntc»se»si!" Ma» in»ß die Sclbslbeherrschuiig des Grafen Badeni bewundern, der es über sich brachte, die galizische Regierung und die Schlachtn in einer langen Rede zu verteidigen. Seine Gcgenbcschuldignngen waren weniger gegen die pol¬ nische Bauernpartei und die Sozialdemokraten als gegen die Nutheuen gerichtet,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341865_224927/109>, abgerufen am 23.07.2024.