Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Viertes Vierteljahr.Der deutsch-französische Litterarvertrag aus, als den deutschen Schulen die Benutzung der modernen französischen Schrift¬ Ich muß nun, um die Sache klarzustellen, einen kurzen Bericht geben Der allgemeine Grundsatz, auf dem sich der Litterarvertrcig aufbaut, ist Der deutsch-französische Litterarvertrag aus, als den deutschen Schulen die Benutzung der modernen französischen Schrift¬ Ich muß nun, um die Sache klarzustellen, einen kurzen Bericht geben Der allgemeine Grundsatz, auf dem sich der Litterarvertrcig aufbaut, ist <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0635" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/224219"/> <fw type="header" place="top"> Der deutsch-französische Litterarvertrag</fw><lb/> <p xml:id="ID_1859" prev="#ID_1858"> aus, als den deutschen Schulen die Benutzung der modernen französischen Schrift¬<lb/> steller unmöglich zu machen. Auf dem erwähnten Kongreß zu Paris haben<lb/> die Verleger beschlossen, darauf hinzuwirken, daß es hinfort nur erlaubt sein<lb/> soll, ganz kurze Sätze (alö trof oourts extrmts) und diese lediglich in Chresto¬<lb/> mathien zu veröffentlichen. Dieser Beschluß ist in Gegenwart der beiden Ver¬<lb/> treter des deutschen Verlagsbuchhnndels gefaßt worden, und es geht aus<lb/> dem mir vorliegenden Bericht (Börsenblatt für den deutschen Buchhandel vom<lb/> 27. Oktober 1896), den Herr Engelhorn erstattet hat, nicht hervor, daß diese<lb/> beiden Herren zu Gunsten des deutschen Buchhandels und damit der deutschen<lb/> Schule Protest eingelegt hätten, wozu sie berechtigt gewesen wären und was sie<lb/> auch in einem andern, viel weniger wichtigen Falle gethan haben. Ich kann mir<lb/> das nur so erklären, daß sie die Tragweite des Beschlusses nicht erkannt haben.</p><lb/> <p xml:id="ID_1860"> Ich muß nun, um die Sache klarzustellen, einen kurzen Bericht geben<lb/> über die Bestimmungen des deutsch-französischen Littercirvertrages von 1883,<lb/> ans Grund deren unsre zahlreichen Schulaufgaben überhaupt bestehen, und<lb/> besonders wird es unerläßlich sein, die Auslegung, die diese Bestimmungen in<lb/> Deutschland erfahren, darzustellen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1861" next="#ID_1862"> Der allgemeine Grundsatz, auf dem sich der Litterarvertrcig aufbaut, ist<lb/> der Fundamentalsatz, der alle neuern internationalen Litterarverträge beherrscht:<lb/> „Die Urheber von Werken der Litteratur und Kunst sollen, gleichviel, ob diese<lb/> Werke veröffentlicht sind oder nicht, in jedem der beiden Länder gegenseitig<lb/> sich der Vorteile zu erfreuen haben, welche daselbst zum Schutze von Werken<lb/> der Litteratur oder Kunst gesetzlich eingeräumt sind oder eingeräumt werden.<lb/> Sie sollen daselbst denselben Schutz und dieselbe Rechtshilfe gegen jede Be¬<lb/> einträchtigung ihrer Rechte genießen, als wenn diese Beeinträchtigung gegen<lb/> inländische Urheber begangen wäre. Diese Vorteile sollen ihnen jedoch gegen¬<lb/> seitig nur solange zustehen, als ihre Rechte in dem Ursprungslande in Kraft<lb/> sind, und sollen in dem andern Lande nicht über die Frist hinaus dauern,<lb/> welche daselbst den inländischen Urhebern gesetzlich eingeräumt ist." Man würde<lb/> nun aber das Wesen eines solchen Vertrages verkennen, wenn man annähme,<lb/> daß mit diesem allgemeinen Grundsatze, dessen Anwendung dann einfach nach<lb/> den laudesgesetzlicheu nähern Bestimmungen zu erfolgen hätte, alles gethan<lb/> wäre. Ein solcher Vertrag ist seiner Natur nach eine Art Handelsvertrag,<lb/> und die abschließenden Staaten haben die Pflicht, jeder nach seinem Interesse<lb/> einzelne Bestimmungen durchzusetzen, wodurch jedem besondre, in den heimischen<lb/> Bedürfnissen begründete Rechte gewährleistet werden. Das ist auch hier ge¬<lb/> schehen, und die meisten der weiten, Paragraphen sind nur der Ausdruck der<lb/> aus den lauge und eingehend geführten Verhandlungen erwachsenen Kom¬<lb/> promisse. Da die französische Litteratur für Deutschland eine ungleich größere<lb/> Bedeutung hat, als die deutsche für Frankreich, so kam es für unsre Unter¬<lb/> händler darauf an, gewisse Einschränkungen der obengenannten allgemeinen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0635]
Der deutsch-französische Litterarvertrag
aus, als den deutschen Schulen die Benutzung der modernen französischen Schrift¬
steller unmöglich zu machen. Auf dem erwähnten Kongreß zu Paris haben
die Verleger beschlossen, darauf hinzuwirken, daß es hinfort nur erlaubt sein
soll, ganz kurze Sätze (alö trof oourts extrmts) und diese lediglich in Chresto¬
mathien zu veröffentlichen. Dieser Beschluß ist in Gegenwart der beiden Ver¬
treter des deutschen Verlagsbuchhnndels gefaßt worden, und es geht aus
dem mir vorliegenden Bericht (Börsenblatt für den deutschen Buchhandel vom
27. Oktober 1896), den Herr Engelhorn erstattet hat, nicht hervor, daß diese
beiden Herren zu Gunsten des deutschen Buchhandels und damit der deutschen
Schule Protest eingelegt hätten, wozu sie berechtigt gewesen wären und was sie
auch in einem andern, viel weniger wichtigen Falle gethan haben. Ich kann mir
das nur so erklären, daß sie die Tragweite des Beschlusses nicht erkannt haben.
Ich muß nun, um die Sache klarzustellen, einen kurzen Bericht geben
über die Bestimmungen des deutsch-französischen Littercirvertrages von 1883,
ans Grund deren unsre zahlreichen Schulaufgaben überhaupt bestehen, und
besonders wird es unerläßlich sein, die Auslegung, die diese Bestimmungen in
Deutschland erfahren, darzustellen.
Der allgemeine Grundsatz, auf dem sich der Litterarvertrcig aufbaut, ist
der Fundamentalsatz, der alle neuern internationalen Litterarverträge beherrscht:
„Die Urheber von Werken der Litteratur und Kunst sollen, gleichviel, ob diese
Werke veröffentlicht sind oder nicht, in jedem der beiden Länder gegenseitig
sich der Vorteile zu erfreuen haben, welche daselbst zum Schutze von Werken
der Litteratur oder Kunst gesetzlich eingeräumt sind oder eingeräumt werden.
Sie sollen daselbst denselben Schutz und dieselbe Rechtshilfe gegen jede Be¬
einträchtigung ihrer Rechte genießen, als wenn diese Beeinträchtigung gegen
inländische Urheber begangen wäre. Diese Vorteile sollen ihnen jedoch gegen¬
seitig nur solange zustehen, als ihre Rechte in dem Ursprungslande in Kraft
sind, und sollen in dem andern Lande nicht über die Frist hinaus dauern,
welche daselbst den inländischen Urhebern gesetzlich eingeräumt ist." Man würde
nun aber das Wesen eines solchen Vertrages verkennen, wenn man annähme,
daß mit diesem allgemeinen Grundsatze, dessen Anwendung dann einfach nach
den laudesgesetzlicheu nähern Bestimmungen zu erfolgen hätte, alles gethan
wäre. Ein solcher Vertrag ist seiner Natur nach eine Art Handelsvertrag,
und die abschließenden Staaten haben die Pflicht, jeder nach seinem Interesse
einzelne Bestimmungen durchzusetzen, wodurch jedem besondre, in den heimischen
Bedürfnissen begründete Rechte gewährleistet werden. Das ist auch hier ge¬
schehen, und die meisten der weiten, Paragraphen sind nur der Ausdruck der
aus den lauge und eingehend geführten Verhandlungen erwachsenen Kom¬
promisse. Da die französische Litteratur für Deutschland eine ungleich größere
Bedeutung hat, als die deutsche für Frankreich, so kam es für unsre Unter¬
händler darauf an, gewisse Einschränkungen der obengenannten allgemeinen
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