Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Viertes Vierteljahr.von den Holländern für den Sklavenhandel gesperrt wurde, suchte sich dieser Um diesem Handel ein Ende zu machen, versuchte England auf den Be¬ Das Gebiet des ehemaligen Sultanats Sansibar steht hinsichtlich seiner von den Holländern für den Sklavenhandel gesperrt wurde, suchte sich dieser Um diesem Handel ein Ende zu machen, versuchte England auf den Be¬ Das Gebiet des ehemaligen Sultanats Sansibar steht hinsichtlich seiner <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0366" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/223950"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_1110" prev="#ID_1109"> von den Holländern für den Sklavenhandel gesperrt wurde, suchte sich dieser<lb/> mehr und mehr seinen Mittelpunkt in Sansibar. Zwar war die Küste vou<lb/> Mozambique das Hauptausfuhrland sür Sklaven, aber die Börse des Menschen¬<lb/> handels war und ist der Zentralhafen für ganz Ostafrika, Sansibar. Dahin<lb/> wurden alle Transporte von Sklaven gerichtet, um „abgesetzt" und nach allen<lb/> Weltgegenden verschickt zu werden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1111"> Um diesem Handel ein Ende zu machen, versuchte England auf den Be¬<lb/> herrscher der ganzen ostafrikanischen Küste, den Imam von Maskat und später<lb/> den Sultan von Sansibar, einen Druck auszuüben. Nun ist nach moham¬<lb/> medanischem Sittengesetz die Sklaverei und damit der Sklavenhandel durchaus<lb/> legitim. Die wirtschaftlichen Verhältnisse der Araber beruhen auf der Sklaverei,<lb/> mit ihrer Abschaffung ist der Ruin des Arabertums besiegelt. So gerieten<lb/> die Sultane von Sansibar, die Saids, in eine schlimme Lage, sie standen<lb/> gewissermaßen stets zwischen zwei Feuern. Auf der einen Seite drohten die<lb/> Kanonen der fremden Kriegsschiffe, die zur Unterdrückung des Sklavenhandels<lb/> entsandt waren, auf der andern Seite mußten sie den Haß ihres Volkes fürchten,<lb/> das sich durch die europäischen Humanitätsbestrebungeu vor den wirtschaftlichen<lb/> Ruin gestellt sah. So ist die Geschichte der Saids in diesem Jahrhundert ein<lb/> langes Trauerspiel, ein fortwährender Kampf, sich die Souveränität zu erhalten.<lb/> Der letzte Akt dieses Dramas spielte in den Tagen vom 25. bis zum 28. August:<lb/> ein thatkräftiges Mitglied des unglücklichen Hauses, Said Kaub, versuchte sich<lb/> des Thrones von Sansibar zu bemächtigen, auf den er begründeten Anspruch<lb/> hatte. Der Staatsstreich schlug seht infolge des schnellen Eingreifens der<lb/> Engländer. Es war wohl das letzte Aufflackern des Freiheitsgeistes, ein ohn¬<lb/> mächtiger Versuch, die goldnen Ketten, die die schwere Hand des Briten dem<lb/> Geschlecht der Saids auferlegt, abzuschütteln und das alte Streben dieses un¬<lb/> glücklichen Hauses nach einem festgegründeten Besitz zu erfüllen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1112" next="#ID_1113"> Das Gebiet des ehemaligen Sultanats Sansibar steht hinsichtlich seiner<lb/> Bedeutung für deu Weltverkehr noch auf einer sehr niedrigen Stufe, wenn<lb/> auch sein Name jetzt viel genannt ist. Die Bevölkerung steht in keinem Ver¬<lb/> hältnis zu der Ausdehnung der Lande, die größte Stadt ist Sansibar mit<lb/> 80000 bis 100000 Einwohnern, auf dem Festlande erreicht kaum eine eine höhere<lb/> Bevölkerung als 30000. Das war einst anders. Vor Zeiten waren dort Stätten<lb/> echt orientalischer Pracht, wie wir sie aus „Tausend und einer Nacht" kennen,<lb/> und die Geschichte ihrer Bewohner entbehrt nicht des Interesses, zeigt sie doch<lb/> Züge, die an die Thaten der Hanse oder der lombardischen Städte im fünf¬<lb/> zehnten Jahrhundert erinnern. Ein reiches, unternehmungslustiges und mann¬<lb/> haftes Volk, thatendurstige und hochstrebeude Adelsgeschlechter lebten einst dort.<lb/> Als Vasco de Gama auf seiner Suche nach dem Seewege nach Ostindien 1498<lb/> an diese Küste kam, fand er fabelhafte Reichtümer vor. Begeistert schildert er<lb/> die Pracht der Paläste, den Glanz der zahlreichen Moscheen. Kilwa allein</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0366]
von den Holländern für den Sklavenhandel gesperrt wurde, suchte sich dieser
mehr und mehr seinen Mittelpunkt in Sansibar. Zwar war die Küste vou
Mozambique das Hauptausfuhrland sür Sklaven, aber die Börse des Menschen¬
handels war und ist der Zentralhafen für ganz Ostafrika, Sansibar. Dahin
wurden alle Transporte von Sklaven gerichtet, um „abgesetzt" und nach allen
Weltgegenden verschickt zu werden.
Um diesem Handel ein Ende zu machen, versuchte England auf den Be¬
herrscher der ganzen ostafrikanischen Küste, den Imam von Maskat und später
den Sultan von Sansibar, einen Druck auszuüben. Nun ist nach moham¬
medanischem Sittengesetz die Sklaverei und damit der Sklavenhandel durchaus
legitim. Die wirtschaftlichen Verhältnisse der Araber beruhen auf der Sklaverei,
mit ihrer Abschaffung ist der Ruin des Arabertums besiegelt. So gerieten
die Sultane von Sansibar, die Saids, in eine schlimme Lage, sie standen
gewissermaßen stets zwischen zwei Feuern. Auf der einen Seite drohten die
Kanonen der fremden Kriegsschiffe, die zur Unterdrückung des Sklavenhandels
entsandt waren, auf der andern Seite mußten sie den Haß ihres Volkes fürchten,
das sich durch die europäischen Humanitätsbestrebungeu vor den wirtschaftlichen
Ruin gestellt sah. So ist die Geschichte der Saids in diesem Jahrhundert ein
langes Trauerspiel, ein fortwährender Kampf, sich die Souveränität zu erhalten.
Der letzte Akt dieses Dramas spielte in den Tagen vom 25. bis zum 28. August:
ein thatkräftiges Mitglied des unglücklichen Hauses, Said Kaub, versuchte sich
des Thrones von Sansibar zu bemächtigen, auf den er begründeten Anspruch
hatte. Der Staatsstreich schlug seht infolge des schnellen Eingreifens der
Engländer. Es war wohl das letzte Aufflackern des Freiheitsgeistes, ein ohn¬
mächtiger Versuch, die goldnen Ketten, die die schwere Hand des Briten dem
Geschlecht der Saids auferlegt, abzuschütteln und das alte Streben dieses un¬
glücklichen Hauses nach einem festgegründeten Besitz zu erfüllen.
Das Gebiet des ehemaligen Sultanats Sansibar steht hinsichtlich seiner
Bedeutung für deu Weltverkehr noch auf einer sehr niedrigen Stufe, wenn
auch sein Name jetzt viel genannt ist. Die Bevölkerung steht in keinem Ver¬
hältnis zu der Ausdehnung der Lande, die größte Stadt ist Sansibar mit
80000 bis 100000 Einwohnern, auf dem Festlande erreicht kaum eine eine höhere
Bevölkerung als 30000. Das war einst anders. Vor Zeiten waren dort Stätten
echt orientalischer Pracht, wie wir sie aus „Tausend und einer Nacht" kennen,
und die Geschichte ihrer Bewohner entbehrt nicht des Interesses, zeigt sie doch
Züge, die an die Thaten der Hanse oder der lombardischen Städte im fünf¬
zehnten Jahrhundert erinnern. Ein reiches, unternehmungslustiges und mann¬
haftes Volk, thatendurstige und hochstrebeude Adelsgeschlechter lebten einst dort.
Als Vasco de Gama auf seiner Suche nach dem Seewege nach Ostindien 1498
an diese Küste kam, fand er fabelhafte Reichtümer vor. Begeistert schildert er
die Pracht der Paläste, den Glanz der zahlreichen Moscheen. Kilwa allein
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