Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Viertes Vierteljahr.Litteratur Staate" entstanden sind. Da nun dieser Vortrag vor dem Litteraturverein der Die Deutschen haben über 136 000 Mann zu den Heeren gestellt, die der Litteratur Staate» entstanden sind. Da nun dieser Vortrag vor dem Litteraturverein der Die Deutschen haben über 136 000 Mann zu den Heeren gestellt, die der <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0301" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/223885"/> <fw type="header" place="top"> Litteratur</fw><lb/> <p xml:id="ID_933" prev="#ID_932"> Staate» entstanden sind. Da nun dieser Vortrag vor dem Litteraturverein der<lb/> Northwestern University in Evanston (Illinois) in sehr würdiger, sachlicher Weise<lb/> einen geschichtlichen Überblick der hervorragender» Leistungen deutscher Regimenter<lb/> in den Heeren der Nordstaaten giebt, so möchten wir, daß er in Deutschland Be¬<lb/> achtung fände. Soll nun die Hoffnung aufgeben, daß einer von unsern Militär-<lb/> schriftstelleru zu deu Feldzügen der nord- und südstaatlichen Armeen, zurückkehrte<lb/> und der hervorragenden Teilnahme unsrer Landsleute an ihnen »nparteisch gerecht<lb/> würde? 1364, 1866 und 1870/71 sind fast ausgeschöpft. Jene Feldzüge sind<lb/> aber schon wegen ihrer gewaltigen Rnumverhältnisse noch immer lehrreich, und<lb/> der nationale Gehalt, den sie für uns bergen, ist ein Schatz, der uicht ungehoben<lb/> liegen bleiben sollte.</p><lb/> <p xml:id="ID_934" next="#ID_935"> Die Deutschen haben über 136 000 Mann zu den Heeren gestellt, die der<lb/> Norden in den drei Jahren des Krieges aufbrachte. Nach ihrer damaligen Vvlks-<lb/> znhl hätten sie etwa um ein Drittel weniger zu stellen gehabt. Darin zeigt sich<lb/> die alte teutonische Kriegslust, die plötzlich wieder aufloderte. Aber noch etwas<lb/> höheres liegt darin. So durchglüht von Begeisterung für die Sache des Nordens ist<lb/> kein Teil der Bevölkerung, nußer den Neuengländern, in den Kampf gezogen. So wie<lb/> deutsche Peuusylvanier zu den ersten gehörten, die der Sklaverei in ihren Gebieten<lb/> entgegentraten — es war 1683 —, so hat Abraham Lincoln seine Präsidentschaft<lb/> nur durch die geschlossene Abstimmung der Deutschen gewonnen. Der Senator<lb/> Summer schrieb 1862, zwei Jahre nach der Wahl, die die Entscheidung gebracht<lb/> hatte: „Unsre deutschen Mitbürger sind in dem ganzen langen Kampfe mit der<lb/> Sklaverei nicht bloß ernst und wahr geblieben, sondern haben die große Frage auch<lb/> immer in ihrem wahren Wesen und ihrer Wichtigkeit erkannt. Ohne sie würde<lb/> unsre Sache in der letzten Präsidentenwahl uicht gesiegt haben." Und so sind sie<lb/> much um frühesten kriegsbereit gewesen. Dem Rufe Lincolns, nach der Eröffnung<lb/> des Bürgerkriegs mit dem N'eltgeschichtlichen Schuß auf Fort Sünder am 12. April<lb/> 1361, folgten in dem bedrohten Westen zuerst nur Deutsche. Ein deutsches<lb/> Regiment hob, noch ehe im Westen die Feindseligkeiten ausgebrochen waren, in<lb/> Missouri das Lager der Kvnföderirten bei Jackson ans und rettete damit den wichtigen<lb/> Schlüsselpunkt Se. Louis. Kein geringerer als General Grant hat diese That in<lb/> leinen Erinnerungen gefeiert, nicht allerdings ohne die bezeichnend amerikanische<lb/> Bemerkung, daß es für diese Amerikaner besonders schmerzlich gewesen sei, von<lb/> Deutschen gezwungen zu werden, den Platz aufzugeben. Als die Unionsarmee am<lb/> 21. Juni 1861 ihre erste Niederlage bei Bull Nun erlitt, deckte eine deutsche<lb/> Brigade nnter Blenker, die allein sich nicht in die schmähliche Flucht mit fortreißen<lb/> ließ, den Rückzug und hinderte die Verbündeten, geradeswegs ans Washington zu<lb/> warschireu. Einen der ersten Erfolge erzielte am 19. Jauunr 1362 General<lb/> Thomas durch den Bajonettangriff des rein deutschen 9. Ohioregiments unter dem<lb/> Befehl des Kölners Kämmerling. Es war die Schlacht bei Mill springs, wo der<lb/> lüdstiiatlichc General Zollikofer siel. Ein Regiment, das sich bei mehreren Gelegen¬<lb/> heiten mit Ruhm bedeckte, war das 32. Jndiauaregimeut uuter dem Hessen Willich,<lb/> dessen „verzweifelte Angriffe" in der Schlacht bei Shiloh (April 1862) der amtliche<lb/> Bericht besonders hervorhebt. Von der Panik von Chancellorsville (2. Mai 1863),<lb/> w die hauptsächlich die von Karl Schurtz befehligte deutsche Division hineingerissen<lb/> wurde, giebt Vöcke eine eingehende Darstellung, die den nach langem Streit sicher¬<lb/> gestellten Hauptpunkt bestätigt, daß die Schuld an der verhängnisvollen Umgehung<lb/> der Flanke, auf der Schurtz stand, dem Oberkoinmaudirenden der Bundestruppen<lb/> Howard zufällt, der die von Schnrtz erkannte und gemeldete Gefahr nicht sehen</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0301]
Litteratur
Staate» entstanden sind. Da nun dieser Vortrag vor dem Litteraturverein der
Northwestern University in Evanston (Illinois) in sehr würdiger, sachlicher Weise
einen geschichtlichen Überblick der hervorragender» Leistungen deutscher Regimenter
in den Heeren der Nordstaaten giebt, so möchten wir, daß er in Deutschland Be¬
achtung fände. Soll nun die Hoffnung aufgeben, daß einer von unsern Militär-
schriftstelleru zu deu Feldzügen der nord- und südstaatlichen Armeen, zurückkehrte
und der hervorragenden Teilnahme unsrer Landsleute an ihnen »nparteisch gerecht
würde? 1364, 1866 und 1870/71 sind fast ausgeschöpft. Jene Feldzüge sind
aber schon wegen ihrer gewaltigen Rnumverhältnisse noch immer lehrreich, und
der nationale Gehalt, den sie für uns bergen, ist ein Schatz, der uicht ungehoben
liegen bleiben sollte.
Die Deutschen haben über 136 000 Mann zu den Heeren gestellt, die der
Norden in den drei Jahren des Krieges aufbrachte. Nach ihrer damaligen Vvlks-
znhl hätten sie etwa um ein Drittel weniger zu stellen gehabt. Darin zeigt sich
die alte teutonische Kriegslust, die plötzlich wieder aufloderte. Aber noch etwas
höheres liegt darin. So durchglüht von Begeisterung für die Sache des Nordens ist
kein Teil der Bevölkerung, nußer den Neuengländern, in den Kampf gezogen. So wie
deutsche Peuusylvanier zu den ersten gehörten, die der Sklaverei in ihren Gebieten
entgegentraten — es war 1683 —, so hat Abraham Lincoln seine Präsidentschaft
nur durch die geschlossene Abstimmung der Deutschen gewonnen. Der Senator
Summer schrieb 1862, zwei Jahre nach der Wahl, die die Entscheidung gebracht
hatte: „Unsre deutschen Mitbürger sind in dem ganzen langen Kampfe mit der
Sklaverei nicht bloß ernst und wahr geblieben, sondern haben die große Frage auch
immer in ihrem wahren Wesen und ihrer Wichtigkeit erkannt. Ohne sie würde
unsre Sache in der letzten Präsidentenwahl uicht gesiegt haben." Und so sind sie
much um frühesten kriegsbereit gewesen. Dem Rufe Lincolns, nach der Eröffnung
des Bürgerkriegs mit dem N'eltgeschichtlichen Schuß auf Fort Sünder am 12. April
1361, folgten in dem bedrohten Westen zuerst nur Deutsche. Ein deutsches
Regiment hob, noch ehe im Westen die Feindseligkeiten ausgebrochen waren, in
Missouri das Lager der Kvnföderirten bei Jackson ans und rettete damit den wichtigen
Schlüsselpunkt Se. Louis. Kein geringerer als General Grant hat diese That in
leinen Erinnerungen gefeiert, nicht allerdings ohne die bezeichnend amerikanische
Bemerkung, daß es für diese Amerikaner besonders schmerzlich gewesen sei, von
Deutschen gezwungen zu werden, den Platz aufzugeben. Als die Unionsarmee am
21. Juni 1861 ihre erste Niederlage bei Bull Nun erlitt, deckte eine deutsche
Brigade nnter Blenker, die allein sich nicht in die schmähliche Flucht mit fortreißen
ließ, den Rückzug und hinderte die Verbündeten, geradeswegs ans Washington zu
warschireu. Einen der ersten Erfolge erzielte am 19. Jauunr 1362 General
Thomas durch den Bajonettangriff des rein deutschen 9. Ohioregiments unter dem
Befehl des Kölners Kämmerling. Es war die Schlacht bei Mill springs, wo der
lüdstiiatlichc General Zollikofer siel. Ein Regiment, das sich bei mehreren Gelegen¬
heiten mit Ruhm bedeckte, war das 32. Jndiauaregimeut uuter dem Hessen Willich,
dessen „verzweifelte Angriffe" in der Schlacht bei Shiloh (April 1862) der amtliche
Bericht besonders hervorhebt. Von der Panik von Chancellorsville (2. Mai 1863),
w die hauptsächlich die von Karl Schurtz befehligte deutsche Division hineingerissen
wurde, giebt Vöcke eine eingehende Darstellung, die den nach langem Streit sicher¬
gestellten Hauptpunkt bestätigt, daß die Schuld an der verhängnisvollen Umgehung
der Flanke, auf der Schurtz stand, dem Oberkoinmaudirenden der Bundestruppen
Howard zufällt, der die von Schnrtz erkannte und gemeldete Gefahr nicht sehen
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |