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Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Viertes Vierteljahr.

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Die Aonsumvcreine

Konkurrent, den sich ein Geschäftsmann wünschen kaun. Sein Anziehungs¬
mittel ist, daß er Dividende zurückgewährt auf das, was bei ihm entnommen
worden ist. Aber selbst das haben die Kaufleute durch Rabatt ausgeglichen.

Natürlich giebt ein Konsumverein mehr Dividende, als ein Kaufmann
Rabatt geben kann oder wird geben wollen, denn er will nicht bloß für seine
Kundschaft gearbeitet haben; aber sehr groß sind die Unterschiede zuweilen
nicht. Der Konsumverein giebt vielleicht acht bis zehn Prozent Dividende,
wo der Kaufmann nur fünf Prozent Rabatt giebt. Aber der Kaufmann ver¬
steht doch die Geschäfte, die der Konsumvereinsvorstand zu versehen hat, selbst
und behält dafür auch das, was der Vorstand als Gehalt bezieht, er und
seine Angehörigen übernehmen auch die Arbeiten, die im Verein besoldete
Lagerhalter besorgen, und so hätte er schon bei einem Rabatt, der der Dividende
der Vereine gleich wäre, jedenfalls keine Aussicht, Not zu leiden, vorausgesetzt,
daß er überhaupt entsprechenden Umsatz hat.

Vor dem Verein voraus hat der Kaufmann, daß er mit persönlichem
Entgegenkommen gegen die Kundschaft wie durch richtigen, im guten Sinne
spekulativen Einkauf den Kundenkreis trotz des Konsumvereins erweitern kann,
während der Konsumverein schwerfälliger einkauft.

Wie aber die Begründung von Konsumvereinen öfter wegen Ningbildungen
von Kaufleuten, Bäckern und Fleischern notwendig geworden und auf solche
zurückzuführen ist, so wacht er auch nicht nur darüber, daß seiue Mitglieder einem
solchen Ring nicht in die Hände fallen, fondern er ist der Wächter für ein
ganzes Gemeinwesen, und das wird ihm nirgends gedankt.

Wir haben gesehen, wie übertrieben oder falsch die Vorwürfe gegen die
Konsumvereine sind; es bleibt uns nur noch übrig zu zeigen, welche Vorzüge
sie haben, und wie sie nicht nur wirtschaftlich, sondern auch sittlich wirken und
wirken sollen.

Kauft man beim Kaufmann oder beim Handwerker auch uoch so billig,
so ist dadurch eine Bürgschaft für eine eigentliche Ersparnis nicht gegeben.
Der Betrag, den wir für einen gewissen Genuß, für eine gewisse Leistung
weniger auszugeben haben, wandert für einen andern Genuß hinaus, den wir
uns vielleicht versagt hätten und recht leicht versagen könnten. Anders ver¬
hält es sich bei dem Einkauf im Konsumverein. Hier wird der Gewinn, d. h.
die Ersparnis an den gekauften Lebensbedürfnissen, für uns aufgespart, alle
Vierteljahre berechnet und alle Jahre ausgezahlt. Vor allem aber, wenn ich
Mitglied eines Konsumvereins werde, muß ich ein kleines Eintrittsgeld und
einen Beitrag zur Bildung eines Geschäftsanteils zahlen, und diesem Anteil
wird auch mein Gewinnanteil zugeschrieben, bis der Geschäftsanteil voll ist-
So lernt der, der es noch nicht kann, unwillkürlich sparen, und wer das ge¬
lernt hat, weiß, daß dabei der Appetit mit dem Essen kommt. Wer erst einmal
hundert Mark gespart hat, der spart weiter, und so ist der Konsumverein eine


Die Aonsumvcreine

Konkurrent, den sich ein Geschäftsmann wünschen kaun. Sein Anziehungs¬
mittel ist, daß er Dividende zurückgewährt auf das, was bei ihm entnommen
worden ist. Aber selbst das haben die Kaufleute durch Rabatt ausgeglichen.

Natürlich giebt ein Konsumverein mehr Dividende, als ein Kaufmann
Rabatt geben kann oder wird geben wollen, denn er will nicht bloß für seine
Kundschaft gearbeitet haben; aber sehr groß sind die Unterschiede zuweilen
nicht. Der Konsumverein giebt vielleicht acht bis zehn Prozent Dividende,
wo der Kaufmann nur fünf Prozent Rabatt giebt. Aber der Kaufmann ver¬
steht doch die Geschäfte, die der Konsumvereinsvorstand zu versehen hat, selbst
und behält dafür auch das, was der Vorstand als Gehalt bezieht, er und
seine Angehörigen übernehmen auch die Arbeiten, die im Verein besoldete
Lagerhalter besorgen, und so hätte er schon bei einem Rabatt, der der Dividende
der Vereine gleich wäre, jedenfalls keine Aussicht, Not zu leiden, vorausgesetzt,
daß er überhaupt entsprechenden Umsatz hat.

Vor dem Verein voraus hat der Kaufmann, daß er mit persönlichem
Entgegenkommen gegen die Kundschaft wie durch richtigen, im guten Sinne
spekulativen Einkauf den Kundenkreis trotz des Konsumvereins erweitern kann,
während der Konsumverein schwerfälliger einkauft.

Wie aber die Begründung von Konsumvereinen öfter wegen Ningbildungen
von Kaufleuten, Bäckern und Fleischern notwendig geworden und auf solche
zurückzuführen ist, so wacht er auch nicht nur darüber, daß seiue Mitglieder einem
solchen Ring nicht in die Hände fallen, fondern er ist der Wächter für ein
ganzes Gemeinwesen, und das wird ihm nirgends gedankt.

Wir haben gesehen, wie übertrieben oder falsch die Vorwürfe gegen die
Konsumvereine sind; es bleibt uns nur noch übrig zu zeigen, welche Vorzüge
sie haben, und wie sie nicht nur wirtschaftlich, sondern auch sittlich wirken und
wirken sollen.

Kauft man beim Kaufmann oder beim Handwerker auch uoch so billig,
so ist dadurch eine Bürgschaft für eine eigentliche Ersparnis nicht gegeben.
Der Betrag, den wir für einen gewissen Genuß, für eine gewisse Leistung
weniger auszugeben haben, wandert für einen andern Genuß hinaus, den wir
uns vielleicht versagt hätten und recht leicht versagen könnten. Anders ver¬
hält es sich bei dem Einkauf im Konsumverein. Hier wird der Gewinn, d. h.
die Ersparnis an den gekauften Lebensbedürfnissen, für uns aufgespart, alle
Vierteljahre berechnet und alle Jahre ausgezahlt. Vor allem aber, wenn ich
Mitglied eines Konsumvereins werde, muß ich ein kleines Eintrittsgeld und
einen Beitrag zur Bildung eines Geschäftsanteils zahlen, und diesem Anteil
wird auch mein Gewinnanteil zugeschrieben, bis der Geschäftsanteil voll ist-
So lernt der, der es noch nicht kann, unwillkürlich sparen, und wer das ge¬
lernt hat, weiß, daß dabei der Appetit mit dem Essen kommt. Wer erst einmal
hundert Mark gespart hat, der spart weiter, und so ist der Konsumverein eine


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[0278] Die Aonsumvcreine Konkurrent, den sich ein Geschäftsmann wünschen kaun. Sein Anziehungs¬ mittel ist, daß er Dividende zurückgewährt auf das, was bei ihm entnommen worden ist. Aber selbst das haben die Kaufleute durch Rabatt ausgeglichen. Natürlich giebt ein Konsumverein mehr Dividende, als ein Kaufmann Rabatt geben kann oder wird geben wollen, denn er will nicht bloß für seine Kundschaft gearbeitet haben; aber sehr groß sind die Unterschiede zuweilen nicht. Der Konsumverein giebt vielleicht acht bis zehn Prozent Dividende, wo der Kaufmann nur fünf Prozent Rabatt giebt. Aber der Kaufmann ver¬ steht doch die Geschäfte, die der Konsumvereinsvorstand zu versehen hat, selbst und behält dafür auch das, was der Vorstand als Gehalt bezieht, er und seine Angehörigen übernehmen auch die Arbeiten, die im Verein besoldete Lagerhalter besorgen, und so hätte er schon bei einem Rabatt, der der Dividende der Vereine gleich wäre, jedenfalls keine Aussicht, Not zu leiden, vorausgesetzt, daß er überhaupt entsprechenden Umsatz hat. Vor dem Verein voraus hat der Kaufmann, daß er mit persönlichem Entgegenkommen gegen die Kundschaft wie durch richtigen, im guten Sinne spekulativen Einkauf den Kundenkreis trotz des Konsumvereins erweitern kann, während der Konsumverein schwerfälliger einkauft. Wie aber die Begründung von Konsumvereinen öfter wegen Ningbildungen von Kaufleuten, Bäckern und Fleischern notwendig geworden und auf solche zurückzuführen ist, so wacht er auch nicht nur darüber, daß seiue Mitglieder einem solchen Ring nicht in die Hände fallen, fondern er ist der Wächter für ein ganzes Gemeinwesen, und das wird ihm nirgends gedankt. Wir haben gesehen, wie übertrieben oder falsch die Vorwürfe gegen die Konsumvereine sind; es bleibt uns nur noch übrig zu zeigen, welche Vorzüge sie haben, und wie sie nicht nur wirtschaftlich, sondern auch sittlich wirken und wirken sollen. Kauft man beim Kaufmann oder beim Handwerker auch uoch so billig, so ist dadurch eine Bürgschaft für eine eigentliche Ersparnis nicht gegeben. Der Betrag, den wir für einen gewissen Genuß, für eine gewisse Leistung weniger auszugeben haben, wandert für einen andern Genuß hinaus, den wir uns vielleicht versagt hätten und recht leicht versagen könnten. Anders ver¬ hält es sich bei dem Einkauf im Konsumverein. Hier wird der Gewinn, d. h. die Ersparnis an den gekauften Lebensbedürfnissen, für uns aufgespart, alle Vierteljahre berechnet und alle Jahre ausgezahlt. Vor allem aber, wenn ich Mitglied eines Konsumvereins werde, muß ich ein kleines Eintrittsgeld und einen Beitrag zur Bildung eines Geschäftsanteils zahlen, und diesem Anteil wird auch mein Gewinnanteil zugeschrieben, bis der Geschäftsanteil voll ist- So lernt der, der es noch nicht kann, unwillkürlich sparen, und wer das ge¬ lernt hat, weiß, daß dabei der Appetit mit dem Essen kommt. Wer erst einmal hundert Mark gespart hat, der spart weiter, und so ist der Konsumverein eine

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341863_223583/278>, abgerufen am 06.01.2025.