Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Viertes Vierteljahr.vereine stifteten, anerkannte, auch nicht begreifen konnte, warum gerade diese Wo man die Bestimmung nicht mit aller Strenge handhabte, war das Ist es denn aber überhaupt wahr, was die Konsumvereinsgegner be¬ Zunächst wird der Nachteil, den ein Teil des Mittelstandes durch die Daß auch zuweilen ein Rentner und namentlich in einigen Residenzen Aber schon die Zahlen der Konsumvereine beweisen, daß die Klagen der vereine stifteten, anerkannte, auch nicht begreifen konnte, warum gerade diese Wo man die Bestimmung nicht mit aller Strenge handhabte, war das Ist es denn aber überhaupt wahr, was die Konsumvereinsgegner be¬ Zunächst wird der Nachteil, den ein Teil des Mittelstandes durch die Daß auch zuweilen ein Rentner und namentlich in einigen Residenzen Aber schon die Zahlen der Konsumvereine beweisen, daß die Klagen der <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0276" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/223860"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_871" prev="#ID_870"> vereine stifteten, anerkannte, auch nicht begreifen konnte, warum gerade diese<lb/> Konkurrenz von den Geschäftsleuten so angefeindet wurde, während sich die<lb/> Konkurrenz überhaupt doch täglich vergrößerte und verschlimmerte. Daher<lb/> war in dem Gesetzentwurf, der 1889 vom Reichstag beraten und verabschiedet<lb/> wurde, den Wünschen der Kousnmvereinsgegner nicht Rechnung getragen, und<lb/> es war wie eine Überrumpelung, als der damalige Abgeordnete Kulemann nach¬<lb/> träglich noch eine Bestimmung in das Genossenschaftsgesetz brachte, Konsum¬<lb/> vereine dürften nur an ihre Mitglieder verkaufen. Die neue Bestimmung war<lb/> aber ohne Androhung von Strafe in das Gesetz gekommen und erschien daher<lb/> wie ein Messer ohne Klinge. Jetzt hatte man neuen Stoff für die Agitation,<lb/> und dieser wurde nun gründlich ausgebeutet.</p><lb/> <p xml:id="ID_872"> Wo man die Bestimmung nicht mit aller Strenge handhabte, war das<lb/> die stete Klage der Händler; sie thaten so, als ob ihnen mit den winzigen<lb/> Verkäufen an NichtMitglieder das Brot entzogen würde. Wo man dagegen<lb/> aus eignem Antrieb oder wegen des lustigen Lärms der Händler streng darauf<lb/> hielt, nichts an NichtMitglieder zu verkaufen, da wurde die Folge den Händlern<lb/> verhängnisvoll, den Konsumvereinen ein Gewinn. Die bisher nur zuweilen<lb/> in ihren Läden verkehrenden Personen, die nichts mehr bekamen, wurden nnn<lb/> Mitglieder des Vereins und entnahmen bei ihm alles, was sie für ihren Haus¬<lb/> haltsbedarf haben konnten. Die neidischen Händler sahen das aber nicht sofort<lb/> ein und cigitirteu weiter, bis sie in der letzten Reichstagssession die Strcif-<lb/> bestimmungen zu dem Verbot durchsetzten. Die Folge ist bereits bemerkbar<lb/> und wird es noch weit mehr werden: die Konsumvereine gewinnen neue Mit¬<lb/> glieder, ihr Umsatz wird sich vermehren, statt sich zu vermindern.</p><lb/> <p xml:id="ID_873"> Ist es denn aber überhaupt wahr, was die Konsumvereinsgegner be¬<lb/> haupten, daß ein Teil des Mittelstandes, und gerade ein sehr wertvoller Teil,<lb/> durch die Konsumvereine wirtschaftlich ruinirt werde?</p><lb/> <p xml:id="ID_874"> Zunächst wird der Nachteil, den ein Teil des Mittelstandes durch die<lb/> Konsumvereine erleidet, aufgewogen durch den Vorteil, den Angehörige des¬<lb/> selben Mittelstandes, minderbemittelte Arbeiter und Beamte aller Art von ihrer<lb/> Zugehörigkeit zu Konsumvereinen haben.</p><lb/> <p xml:id="ID_875"> Daß auch zuweilen ein Rentner und namentlich in einigen Residenzen<lb/> eine Anzahl von höhern Beamten in den Konsumvereinen ist, wird zwar un¬<lb/> geheuer aufgebauscht und verallgemeinert, kommt aber im Verhältnis zu den<lb/> Gesamtzahlen gar nicht in Betracht. Es wird auch keine Regierung zugeben,<lb/> daß man Beamten die Teilnahme an Konsumvereineu verbieten könne, wenn<lb/> diese Beamten auch weder der Vorteile noch der Erziehung zur Barzahlung<lb/> und Sparsamkeit bedürfen, die der Konsumverein bietet.</p><lb/> <p xml:id="ID_876" next="#ID_877"> Aber schon die Zahlen der Konsumvereine beweisen, daß die Klagen der<lb/> Gegner sehr übertrieben sind. Im vorigen Jahre hat die Anwaltschaft der<lb/> Erwerbs- und Wirtschaftsgenosseuschaften im ganzen nur 1412 Konsumvereine</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0276]
vereine stifteten, anerkannte, auch nicht begreifen konnte, warum gerade diese
Konkurrenz von den Geschäftsleuten so angefeindet wurde, während sich die
Konkurrenz überhaupt doch täglich vergrößerte und verschlimmerte. Daher
war in dem Gesetzentwurf, der 1889 vom Reichstag beraten und verabschiedet
wurde, den Wünschen der Kousnmvereinsgegner nicht Rechnung getragen, und
es war wie eine Überrumpelung, als der damalige Abgeordnete Kulemann nach¬
träglich noch eine Bestimmung in das Genossenschaftsgesetz brachte, Konsum¬
vereine dürften nur an ihre Mitglieder verkaufen. Die neue Bestimmung war
aber ohne Androhung von Strafe in das Gesetz gekommen und erschien daher
wie ein Messer ohne Klinge. Jetzt hatte man neuen Stoff für die Agitation,
und dieser wurde nun gründlich ausgebeutet.
Wo man die Bestimmung nicht mit aller Strenge handhabte, war das
die stete Klage der Händler; sie thaten so, als ob ihnen mit den winzigen
Verkäufen an NichtMitglieder das Brot entzogen würde. Wo man dagegen
aus eignem Antrieb oder wegen des lustigen Lärms der Händler streng darauf
hielt, nichts an NichtMitglieder zu verkaufen, da wurde die Folge den Händlern
verhängnisvoll, den Konsumvereinen ein Gewinn. Die bisher nur zuweilen
in ihren Läden verkehrenden Personen, die nichts mehr bekamen, wurden nnn
Mitglieder des Vereins und entnahmen bei ihm alles, was sie für ihren Haus¬
haltsbedarf haben konnten. Die neidischen Händler sahen das aber nicht sofort
ein und cigitirteu weiter, bis sie in der letzten Reichstagssession die Strcif-
bestimmungen zu dem Verbot durchsetzten. Die Folge ist bereits bemerkbar
und wird es noch weit mehr werden: die Konsumvereine gewinnen neue Mit¬
glieder, ihr Umsatz wird sich vermehren, statt sich zu vermindern.
Ist es denn aber überhaupt wahr, was die Konsumvereinsgegner be¬
haupten, daß ein Teil des Mittelstandes, und gerade ein sehr wertvoller Teil,
durch die Konsumvereine wirtschaftlich ruinirt werde?
Zunächst wird der Nachteil, den ein Teil des Mittelstandes durch die
Konsumvereine erleidet, aufgewogen durch den Vorteil, den Angehörige des¬
selben Mittelstandes, minderbemittelte Arbeiter und Beamte aller Art von ihrer
Zugehörigkeit zu Konsumvereinen haben.
Daß auch zuweilen ein Rentner und namentlich in einigen Residenzen
eine Anzahl von höhern Beamten in den Konsumvereinen ist, wird zwar un¬
geheuer aufgebauscht und verallgemeinert, kommt aber im Verhältnis zu den
Gesamtzahlen gar nicht in Betracht. Es wird auch keine Regierung zugeben,
daß man Beamten die Teilnahme an Konsumvereineu verbieten könne, wenn
diese Beamten auch weder der Vorteile noch der Erziehung zur Barzahlung
und Sparsamkeit bedürfen, die der Konsumverein bietet.
Aber schon die Zahlen der Konsumvereine beweisen, daß die Klagen der
Gegner sehr übertrieben sind. Im vorigen Jahre hat die Anwaltschaft der
Erwerbs- und Wirtschaftsgenosseuschaften im ganzen nur 1412 Konsumvereine
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