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Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Viertes Vierteljahr.

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Die Begründung von Rentengütern in Preußen

ist nur da zulässig wo die Behörde berufen ist, die zwischen Beteiligten be¬
reits bestehenden rechtlichen Verhältnisse neu zu ordnen, nicht da, wo -- wie
bei der Begründung von Rentengütern -- solche Beziehungen erst herzustellen
sind. Denn wie der Verkauf von Rentengütern in das Belieben des Grund¬
besitzers gestellt ist, so ist auch niemand gezwungen, ein Rentengut zu er¬
werben. Auf die Gestaltung des Kaufabschlusses hat die Generalkommission
keinen unmittelbaren Einfluß; sie hat nur das eine Mittel, bei den ihren Ab¬
sichten nicht entsprechenden Rentengutsbegründungen ihre Mitwirkung zu ver¬
sagen. Aber in der Stärke dieses Mittels liegt auch seine Schwache. Es ist
leicht gesagt: die Generalkommission soll ihre Bedingungen vorschreiben, und
wenn die nicht erfüllt werden, ihre Vermittlung ablehnen. Aber was ist die
Folge? Lehnt der Verkäufer die Erfüllung ab, so müssen die Nentenguts-
erwerber, die ihre Stelle vielleicht schon in Besitz genommen, viele Arbeit darauf
verwendet, vielleicht sogar mit eignen Mitteln Gebäude darauf errichtet hatten,
die Stelle räumen, wenn sie sie nicht ohne Hilfe der Rentenbank erwerben
können. Wegen angemessener Entschädigung für die Aufwendungen und Nutzungen
entstehen dann leicht Prozesse zwischen den Parteien, die sogar den Untergang
des Bewerbers nach sich ziehen können. Läßt aber der Verkäufer, wenn auch
nur den einen oder andern ErWerber auf seiner Stelle als freihändigen Er-
werber, so wird für den vielleicht ohnehin schon außergewöhnlich hohen Kauf¬
preis meist eine hochverzinsliche Hypothek vereinbart, die das Fortkommen des
ErWerbers von Anfang an in Frage stellt. Für die Lebensfähigkeit solcher
ErWerber würde freilich die Generalkommission nicht geradezu die Verantwor¬
tung zu tragen haben, sodaß sie deshalb auf Erfüllung ihrer Anforderungen
streng bestehen könnte. Sehr störend wirkt dann aber da, wo gleichzeitig
mehrere Rentengüter begründet werden -- was jetzt wohl als der regelmäßige
Fall angesehen werden kann -- der Umstand, daß die Generalkommission solchen
Barkäufern gegenüber keine zuständige Behörde ist: sie stehen außerhalb des
Verfahrens; wegen Regelung gemeinschaftlicher Angelegenheiten, Anlage von
Wegen und deren Unterhaltung müssen sie also nach andern Vorschriften be¬
handelt werden, als die Nentengutserwerber. Und wenn sich unter diesen Er-
werbern eine noch so schlecht beleumundete oder noch so unsicher gestellte
Persönlichkeit findet, die Generalkommission hat kein Mittel sie zu entfernen, selbst
wenn die ganze Kolonie unter ihnen zu leiden hätte. Es ist auch oft nicht möglich,
die Vermittlung davon abhängig zu machen, daß für sämtliche Erwerber
die von der Generalkommission gestellten Bedingungen erfüllt werden; denn bei
Kolonien von fünfzig bis sechzig Stellen kann doch nicht die ganze Sache
daran scheitern, daß vielleicht bei einem der Ansiedler die Anforderungen nicht
erfüllt sind, die die Behörde stellen zu müssen glaubt! Ebenso kann man doch
dem Verkäufer nicht gut verwehren, einzelne Stellen gegen Barzahlung zu ver¬
kaufen, wenn er leistungsfähige Bewerber findet.


Die Begründung von Rentengütern in Preußen

ist nur da zulässig wo die Behörde berufen ist, die zwischen Beteiligten be¬
reits bestehenden rechtlichen Verhältnisse neu zu ordnen, nicht da, wo — wie
bei der Begründung von Rentengütern — solche Beziehungen erst herzustellen
sind. Denn wie der Verkauf von Rentengütern in das Belieben des Grund¬
besitzers gestellt ist, so ist auch niemand gezwungen, ein Rentengut zu er¬
werben. Auf die Gestaltung des Kaufabschlusses hat die Generalkommission
keinen unmittelbaren Einfluß; sie hat nur das eine Mittel, bei den ihren Ab¬
sichten nicht entsprechenden Rentengutsbegründungen ihre Mitwirkung zu ver¬
sagen. Aber in der Stärke dieses Mittels liegt auch seine Schwache. Es ist
leicht gesagt: die Generalkommission soll ihre Bedingungen vorschreiben, und
wenn die nicht erfüllt werden, ihre Vermittlung ablehnen. Aber was ist die
Folge? Lehnt der Verkäufer die Erfüllung ab, so müssen die Nentenguts-
erwerber, die ihre Stelle vielleicht schon in Besitz genommen, viele Arbeit darauf
verwendet, vielleicht sogar mit eignen Mitteln Gebäude darauf errichtet hatten,
die Stelle räumen, wenn sie sie nicht ohne Hilfe der Rentenbank erwerben
können. Wegen angemessener Entschädigung für die Aufwendungen und Nutzungen
entstehen dann leicht Prozesse zwischen den Parteien, die sogar den Untergang
des Bewerbers nach sich ziehen können. Läßt aber der Verkäufer, wenn auch
nur den einen oder andern ErWerber auf seiner Stelle als freihändigen Er-
werber, so wird für den vielleicht ohnehin schon außergewöhnlich hohen Kauf¬
preis meist eine hochverzinsliche Hypothek vereinbart, die das Fortkommen des
ErWerbers von Anfang an in Frage stellt. Für die Lebensfähigkeit solcher
ErWerber würde freilich die Generalkommission nicht geradezu die Verantwor¬
tung zu tragen haben, sodaß sie deshalb auf Erfüllung ihrer Anforderungen
streng bestehen könnte. Sehr störend wirkt dann aber da, wo gleichzeitig
mehrere Rentengüter begründet werden — was jetzt wohl als der regelmäßige
Fall angesehen werden kann — der Umstand, daß die Generalkommission solchen
Barkäufern gegenüber keine zuständige Behörde ist: sie stehen außerhalb des
Verfahrens; wegen Regelung gemeinschaftlicher Angelegenheiten, Anlage von
Wegen und deren Unterhaltung müssen sie also nach andern Vorschriften be¬
handelt werden, als die Nentengutserwerber. Und wenn sich unter diesen Er-
werbern eine noch so schlecht beleumundete oder noch so unsicher gestellte
Persönlichkeit findet, die Generalkommission hat kein Mittel sie zu entfernen, selbst
wenn die ganze Kolonie unter ihnen zu leiden hätte. Es ist auch oft nicht möglich,
die Vermittlung davon abhängig zu machen, daß für sämtliche Erwerber
die von der Generalkommission gestellten Bedingungen erfüllt werden; denn bei
Kolonien von fünfzig bis sechzig Stellen kann doch nicht die ganze Sache
daran scheitern, daß vielleicht bei einem der Ansiedler die Anforderungen nicht
erfüllt sind, die die Behörde stellen zu müssen glaubt! Ebenso kann man doch
dem Verkäufer nicht gut verwehren, einzelne Stellen gegen Barzahlung zu ver¬
kaufen, wenn er leistungsfähige Bewerber findet.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341863_223583/128>, abgerufen am 08.01.2025.