Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Drittes Vierteljahr.Zur Aonvertirungsfrage erworben ist. Ein niedriger Zinsfuß ist eher ein Anreiz zu größerer Kapitnl- Noch größer endlich erscheint der Nutzen eines niedrigen Zinsfußes in Das Angeführte würde allerdings ebenso sehr, wie für eine Konvcrtirung Zur Aonvertirungsfrage erworben ist. Ein niedriger Zinsfuß ist eher ein Anreiz zu größerer Kapitnl- Noch größer endlich erscheint der Nutzen eines niedrigen Zinsfußes in Das Angeführte würde allerdings ebenso sehr, wie für eine Konvcrtirung <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0261" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/223203"/> <fw type="header" place="top"> Zur Aonvertirungsfrage</fw><lb/> <p xml:id="ID_773" prev="#ID_772"> erworben ist. Ein niedriger Zinsfuß ist eher ein Anreiz zu größerer Kapitnl-<lb/> ansammlung, weil doch das Ziel jeder Ansammlung die Sicherstellung der Zu¬<lb/> kunft, der eignen wie der der Nachkommenschaft ist, und dieses Ziel bei<lb/> niedrigeren Zinsfuß nur durch eine größere Knpitalansammlung erreicht wird.</p><lb/> <p xml:id="ID_774"> Noch größer endlich erscheint der Nutzen eines niedrigen Zinsfußes in<lb/> sozialer Hinsicht. Wenn als Ziel der sozialen Arbeit die Hebung der Lage<lb/> der wirtschaftlich Schwachen hinzustellen ist, so ist als wesentliches Mittel zur<lb/> Erreichung dieses Zieles ein niedriger Zinsfuß zu betrachten. Da bei einem<lb/> gegebnen Stande der Technik unter Voraussetzung einer bestimmten angewandten<lb/> Kapitalmenge von einer bestimmten Menge Arbeit eine ganz bestimmte Menge<lb/> von Gütern produzirt wird, so kann die Lage der arbeitenden Klassen zu einer<lb/> bestimmten Zeit allein von der Art der Verteilung dieser Güter uuter die,<lb/> die an ihrer Produktion beteiligt sind, abhängen. Aber sowohl die Bodenrenke<lb/> wie der relative Unternehmergewinn steigt und füllt, wie eine eingehendere<lb/> Überlegung zeigt, mit dem Zinsfuße, wenn auch nicht in gleichem Verhältnis;<lb/> es muß also der Arbeitslohn, der noch übrigbleibende Teilnehmer an der<lb/> Produktion, steigen, wenn der Zinsfuß fällt, und fallen, wenn der Zinsfuß<lb/> steigt. Dabei ist es natürlich gleichgiltig, ob die Steigerung des Arbeitslohns<lb/> dem Arbeiter in Form einer Erhöhung des baren Lohns oder einer Verbillignng<lb/> der Lebensbedürfnisse zu gute kommt. Und wie viel man auch auf den ver¬<lb/> schiedensten Gebieten durch große oder kleine Mittel zu Gunsten der Arbeiter<lb/> versuchen mag, der Kern der Aufgabe kann immer nur der sein, den Anteil<lb/> der Arbeiter an dem Ertrage der Arbeit zu erhöhen.</p><lb/> <p xml:id="ID_775" next="#ID_776"> Das Angeführte würde allerdings ebenso sehr, wie für eine Konvcrtirung<lb/> der Anleihen, wenn sie durchführbar ist, gegen die öffentlichen Anleihen über¬<lb/> haupt sprechen. Nun, es ist Wohl nicht zu leugnen, daß die riesige Höhe, die<lb/> die öffentlichen Schulden in allen Kulturländern erreicht haben, für einen<lb/> großen Teil der heute herrschenden wirklichen und vermeintlichen Mißstände<lb/> verantwortlich zu machen ist. Durch die Sicherheit, die der Staat seineu<lb/> Gläubigern für die Verzinsung ihres Kapitals bietet, giebt er dem Kapital im<lb/> wirtschaftlichen Kampfe einen Halt, der ihm zu einer unberechtigten Übermacht<lb/> verhilft. Nicht die kapitalistische Produktionsweise als solche schädigt die<lb/> arbeitenden Klassen, sondern nur die Unterstützung, die dem Kapital in seinem<lb/> Kampfe mit den andern wirtschaftlichen Kräften geboten wird. Wie man aber<lb/> auch zu dieser Frage stehen mag, infolge des vielleicht etwas schnellen Über¬<lb/> ganges von der Natural- zur Geldwirtschaft sind die öffentlichen Schulden einmal<lb/> vorhanden, und der Staat und die Gemeinden haben sich zum Büttel gemacht,<lb/> der dem Kapitalisten seinen Zins und sein Kapital von den Schuldnern einzieht.<lb/> Das Unrecht, das hierin der großen Masse der Bürgerschaft gegenüber liegt,<lb/> kann aber einigermaßen gemildert werden, wenn der Staat seineu regulirenden<lb/> Einfluß, deu er durch seine großen Zinsvcrpslichtuugeu auf den Gang des</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0261]
Zur Aonvertirungsfrage
erworben ist. Ein niedriger Zinsfuß ist eher ein Anreiz zu größerer Kapitnl-
ansammlung, weil doch das Ziel jeder Ansammlung die Sicherstellung der Zu¬
kunft, der eignen wie der der Nachkommenschaft ist, und dieses Ziel bei
niedrigeren Zinsfuß nur durch eine größere Knpitalansammlung erreicht wird.
Noch größer endlich erscheint der Nutzen eines niedrigen Zinsfußes in
sozialer Hinsicht. Wenn als Ziel der sozialen Arbeit die Hebung der Lage
der wirtschaftlich Schwachen hinzustellen ist, so ist als wesentliches Mittel zur
Erreichung dieses Zieles ein niedriger Zinsfuß zu betrachten. Da bei einem
gegebnen Stande der Technik unter Voraussetzung einer bestimmten angewandten
Kapitalmenge von einer bestimmten Menge Arbeit eine ganz bestimmte Menge
von Gütern produzirt wird, so kann die Lage der arbeitenden Klassen zu einer
bestimmten Zeit allein von der Art der Verteilung dieser Güter uuter die,
die an ihrer Produktion beteiligt sind, abhängen. Aber sowohl die Bodenrenke
wie der relative Unternehmergewinn steigt und füllt, wie eine eingehendere
Überlegung zeigt, mit dem Zinsfuße, wenn auch nicht in gleichem Verhältnis;
es muß also der Arbeitslohn, der noch übrigbleibende Teilnehmer an der
Produktion, steigen, wenn der Zinsfuß fällt, und fallen, wenn der Zinsfuß
steigt. Dabei ist es natürlich gleichgiltig, ob die Steigerung des Arbeitslohns
dem Arbeiter in Form einer Erhöhung des baren Lohns oder einer Verbillignng
der Lebensbedürfnisse zu gute kommt. Und wie viel man auch auf den ver¬
schiedensten Gebieten durch große oder kleine Mittel zu Gunsten der Arbeiter
versuchen mag, der Kern der Aufgabe kann immer nur der sein, den Anteil
der Arbeiter an dem Ertrage der Arbeit zu erhöhen.
Das Angeführte würde allerdings ebenso sehr, wie für eine Konvcrtirung
der Anleihen, wenn sie durchführbar ist, gegen die öffentlichen Anleihen über¬
haupt sprechen. Nun, es ist Wohl nicht zu leugnen, daß die riesige Höhe, die
die öffentlichen Schulden in allen Kulturländern erreicht haben, für einen
großen Teil der heute herrschenden wirklichen und vermeintlichen Mißstände
verantwortlich zu machen ist. Durch die Sicherheit, die der Staat seineu
Gläubigern für die Verzinsung ihres Kapitals bietet, giebt er dem Kapital im
wirtschaftlichen Kampfe einen Halt, der ihm zu einer unberechtigten Übermacht
verhilft. Nicht die kapitalistische Produktionsweise als solche schädigt die
arbeitenden Klassen, sondern nur die Unterstützung, die dem Kapital in seinem
Kampfe mit den andern wirtschaftlichen Kräften geboten wird. Wie man aber
auch zu dieser Frage stehen mag, infolge des vielleicht etwas schnellen Über¬
ganges von der Natural- zur Geldwirtschaft sind die öffentlichen Schulden einmal
vorhanden, und der Staat und die Gemeinden haben sich zum Büttel gemacht,
der dem Kapitalisten seinen Zins und sein Kapital von den Schuldnern einzieht.
Das Unrecht, das hierin der großen Masse der Bürgerschaft gegenüber liegt,
kann aber einigermaßen gemildert werden, wenn der Staat seineu regulirenden
Einfluß, deu er durch seine großen Zinsvcrpslichtuugeu auf den Gang des
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |