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Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Drittes Vierteljahr.

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Die schlechte Wirtschaft in der Arbeiterversicherung

er österreichische Ministerpräsident als Leiter des Ministeriums
des Innern hat kürzlich den dem Neichsrate mitgeteilten Bericht
über die "Gebahrung und die Ergebnisse der Unfallstatistik der
Arbeiterunfallversicherungsanstalten im Jahre 1894" veröffentlicht.
Wir erhalten hier von amtlicher Stelle ein sehr ungünstiges
Bild. Der "Gebahrnngsnbgang," wie der österreichische Ausdruck lautet,
d, h. der durch die Eiuucchmcu ungedeckte Teil der Ausgaben, belief sich
im ganzen auf 72331 Gulden im Jahre 1892, auf 550552 Gulden im
Jahre 1893 und auf 972801 Guide" im Jahre 1894. Sieht man die einzelne"
Versicherungsanstalten an, so wird das Bild noch ungünstiger. Bei der Anstalt
in Wien ist 1894 der "unbedeckte Bilcuizabgcmg" gegen 1893 gestiegen
von 724353 auf 1232526 Gulden, bei der Anstalt in Salzburg von 63 268
auf 111124 Gulden, bei der Anstalt in Graz von 34771 auf 68727 Gulden,
und bei der Anstalt in Triest von 4108 auf 31652 Gulden. Bei der Anstalt
in Prag verblieb nach Aufzehrung ihrer "Spezialreserve" noch ein Bilanz¬
abgang von 166883, bei der in Lemberg von 93716 Gulden, und bei der
Anstalt in Brünn verminderte sich die Spezialreserve von 128 708 auf
85155 Gulden. Es vermochte also, wie der Bericht des Ministers selbst sagt,
keine der territorialen Versicherungsanstalten im Jahre 1894 durch ihre Ein¬
nahme den vollen Jahresbedarf aufzubringen, und am Schluß des Jahres
war bei allen Anstalten, mit Ausnahme der in Brünn, ein Teil des Deckungs-
kapitals ungedeckt. Diese Zahlen allein begründen ja noch nicht den Vorwurf
schlechter Wirtschaft, wohl aber erscheint ein solcher Vorwurf gerechtfertigt, wenn
man die Gründe erführe, auf die der Minister die ungünstige Lage der Ver¬
sicherungsanstalten zurückführt. Es ist das erstens die andauernde beträchtliche'


Grenzboten III 189^ !j1


Die schlechte Wirtschaft in der Arbeiterversicherung

er österreichische Ministerpräsident als Leiter des Ministeriums
des Innern hat kürzlich den dem Neichsrate mitgeteilten Bericht
über die „Gebahrung und die Ergebnisse der Unfallstatistik der
Arbeiterunfallversicherungsanstalten im Jahre 1894" veröffentlicht.
Wir erhalten hier von amtlicher Stelle ein sehr ungünstiges
Bild. Der „Gebahrnngsnbgang," wie der österreichische Ausdruck lautet,
d, h. der durch die Eiuucchmcu ungedeckte Teil der Ausgaben, belief sich
im ganzen auf 72331 Gulden im Jahre 1892, auf 550552 Gulden im
Jahre 1893 und auf 972801 Guide» im Jahre 1894. Sieht man die einzelne»
Versicherungsanstalten an, so wird das Bild noch ungünstiger. Bei der Anstalt
in Wien ist 1894 der „unbedeckte Bilcuizabgcmg" gegen 1893 gestiegen
von 724353 auf 1232526 Gulden, bei der Anstalt in Salzburg von 63 268
auf 111124 Gulden, bei der Anstalt in Graz von 34771 auf 68727 Gulden,
und bei der Anstalt in Triest von 4108 auf 31652 Gulden. Bei der Anstalt
in Prag verblieb nach Aufzehrung ihrer „Spezialreserve" noch ein Bilanz¬
abgang von 166883, bei der in Lemberg von 93716 Gulden, und bei der
Anstalt in Brünn verminderte sich die Spezialreserve von 128 708 auf
85155 Gulden. Es vermochte also, wie der Bericht des Ministers selbst sagt,
keine der territorialen Versicherungsanstalten im Jahre 1894 durch ihre Ein¬
nahme den vollen Jahresbedarf aufzubringen, und am Schluß des Jahres
war bei allen Anstalten, mit Ausnahme der in Brünn, ein Teil des Deckungs-
kapitals ungedeckt. Diese Zahlen allein begründen ja noch nicht den Vorwurf
schlechter Wirtschaft, wohl aber erscheint ein solcher Vorwurf gerechtfertigt, wenn
man die Gründe erführe, auf die der Minister die ungünstige Lage der Ver¬
sicherungsanstalten zurückführt. Es ist das erstens die andauernde beträchtliche'


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[0249] [Abbildung] Die schlechte Wirtschaft in der Arbeiterversicherung er österreichische Ministerpräsident als Leiter des Ministeriums des Innern hat kürzlich den dem Neichsrate mitgeteilten Bericht über die „Gebahrung und die Ergebnisse der Unfallstatistik der Arbeiterunfallversicherungsanstalten im Jahre 1894" veröffentlicht. Wir erhalten hier von amtlicher Stelle ein sehr ungünstiges Bild. Der „Gebahrnngsnbgang," wie der österreichische Ausdruck lautet, d, h. der durch die Eiuucchmcu ungedeckte Teil der Ausgaben, belief sich im ganzen auf 72331 Gulden im Jahre 1892, auf 550552 Gulden im Jahre 1893 und auf 972801 Guide» im Jahre 1894. Sieht man die einzelne» Versicherungsanstalten an, so wird das Bild noch ungünstiger. Bei der Anstalt in Wien ist 1894 der „unbedeckte Bilcuizabgcmg" gegen 1893 gestiegen von 724353 auf 1232526 Gulden, bei der Anstalt in Salzburg von 63 268 auf 111124 Gulden, bei der Anstalt in Graz von 34771 auf 68727 Gulden, und bei der Anstalt in Triest von 4108 auf 31652 Gulden. Bei der Anstalt in Prag verblieb nach Aufzehrung ihrer „Spezialreserve" noch ein Bilanz¬ abgang von 166883, bei der in Lemberg von 93716 Gulden, und bei der Anstalt in Brünn verminderte sich die Spezialreserve von 128 708 auf 85155 Gulden. Es vermochte also, wie der Bericht des Ministers selbst sagt, keine der territorialen Versicherungsanstalten im Jahre 1894 durch ihre Ein¬ nahme den vollen Jahresbedarf aufzubringen, und am Schluß des Jahres war bei allen Anstalten, mit Ausnahme der in Brünn, ein Teil des Deckungs- kapitals ungedeckt. Diese Zahlen allein begründen ja noch nicht den Vorwurf schlechter Wirtschaft, wohl aber erscheint ein solcher Vorwurf gerechtfertigt, wenn man die Gründe erführe, auf die der Minister die ungünstige Lage der Ver¬ sicherungsanstalten zurückführt. Es ist das erstens die andauernde beträchtliche' Grenzboten III 189^ !j1

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341863_222941/249>, abgerufen am 25.11.2024.