Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Drittes Vierteljahr.Deutschland auf der Pariser Weltausstellung in Paris das Kraut fett machen zu können. Alles kommt auf die Tüchtigkeit Doch mit der Aufwendung von Staats- und Reichsmitteln ist es nicht Dieser Mangel wird in dem nichtpreußischen Deutschland tief empfunden, Grenzboten III 1396 A>
Deutschland auf der Pariser Weltausstellung in Paris das Kraut fett machen zu können. Alles kommt auf die Tüchtigkeit Doch mit der Aufwendung von Staats- und Reichsmitteln ist es nicht Dieser Mangel wird in dem nichtpreußischen Deutschland tief empfunden, Grenzboten III 1396 A>
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0161" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/223103"/> <fw type="header" place="top"> Deutschland auf der Pariser Weltausstellung</fw><lb/> <p xml:id="ID_507" prev="#ID_506"> in Paris das Kraut fett machen zu können. Alles kommt auf die Tüchtigkeit<lb/> und auf den Geschmack der zur Schau gestellten gewerblichen Erzeugnisse an.<lb/> und um darin etwas zu leisten, muß das Reich sehr tief in seine Tasche<lb/> greifen und die Taschen der Aussteller schonen. Hat die preußisch-deutsche<lb/> Politik in Chicago zum erstenmale nicht durch Armseligkeit der aufgewendeten<lb/> Staatsmittel geglänzt, so ist in Paris, mag uns das Opfer noch so schwer<lb/> fallen, doch noch ein ganz andrer Maßstab anzulegen. Das ist schon jetzt<lb/> klar ins Auge zu fassen, damit Bundesrat und Reichstag durch die öffentliche<lb/> Meinung genötigt werden, in diesem Falle nicht zu sparen, d. h. nicht durch<lb/> unangebrachte Sparsamkeit Millionen zum Fenster hinauszuwerfen und oben¬<lb/> drein noch den Schaden zu haben.</p><lb/> <p xml:id="ID_508"> Doch mit der Aufwendung von Staats- und Reichsmitteln ist es nicht<lb/> gethan — leider! Wäre das der Fall, so könnte der deutsche Gewerbfleiß mit<lb/> Ruhe den Dingen entgegensehen. Die Hauptsorge liegt in dem Mangel jeder<lb/> erprobten Ausstellungspolitik und jeder amtlichen Ausstellungspraxis in Preußen<lb/> wie im Reiche.</p><lb/> <p xml:id="ID_509" next="#ID_510"> Dieser Mangel wird in dem nichtpreußischen Deutschland tief empfunden,<lb/> umsomehr, als sich in einzelnen deutschen Staaten — vor allem ist hier<lb/> Württemberg als Beispiel zu nennen — das gewerbliche Ausstellungswesen<lb/> seit längerer Zeit einer weitsichtigen, auf der Zusammenwirkung geschulter<lb/> Beamten mit praktischen Gewerbtreibenden beruhenden erfolgreichen Pflege<lb/> erfreut. Bei Ausstellungen außer Landes muß der Übergang der Leitung auf<lb/> die Preußisch-deutschen Reichsbehörden geradezu als ein Rückschritt erscheinen.<lb/> Es ist uns immer eine von den preußischen und von Preußen ins Reichsamt<lb/> des Innern übergegangnen Unbegreiflichkeiten gewesen, daß man nicht durch<lb/> d"s Studium der Geschichte der seit der Mitte des Jahrhunderts bestehenden<lb/> Landesausstellungskommission in Württemberg zur bessern Einsicht gelangt<lb/> ist- Dieser Behörde, die eine Abteilung der Zentralstelle für Handel und<lb/> Gewerbe bildet, lag die doppelte Verpflichtung ob, erstens die heimischen<lb/> Lokal-, Bezirks-, Kreis- und Landesindustrieausstellungen zu pflegen, und<lb/> zweitens für eine den Lcmdesinteresfen entsprechende Beteiligung Württem¬<lb/> bergs an den größern auswärtigen Ausstellungen, sowie für die richtige<lb/> Würdigung und den günstigen Erfolg dieser Beteiligung durch Preisgerichte,<lb/> öffentliches Urteil und kaufmännischen Gewinn Sorge zu tragen. Das vom<lb/> Regierungsrat L. Bischer unter Mitwirkung des verdienstvollen Förderers des<lb/> württembergischen Gewerbfleißes und Ausstellungswesens Dr. von Steinbeis<lb/> im Jahre 1875 herausgegebne Werk „Die industrielle Entwicklung im König¬<lb/> reich Württemberg und das Wirken seiner Zentralstelle für Gewerbe und<lb/> Handel in ihren ersten fünfundzwanzig Jahren" behandelt auch die Wirksam¬<lb/> st der Landesausstellungskommission ausführlich und wäre für die Herren<lb/> im preußischen Handelsministerium und im Neichscnnt des Innern ein vor-</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten III 1396 A></fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0161]
Deutschland auf der Pariser Weltausstellung
in Paris das Kraut fett machen zu können. Alles kommt auf die Tüchtigkeit
und auf den Geschmack der zur Schau gestellten gewerblichen Erzeugnisse an.
und um darin etwas zu leisten, muß das Reich sehr tief in seine Tasche
greifen und die Taschen der Aussteller schonen. Hat die preußisch-deutsche
Politik in Chicago zum erstenmale nicht durch Armseligkeit der aufgewendeten
Staatsmittel geglänzt, so ist in Paris, mag uns das Opfer noch so schwer
fallen, doch noch ein ganz andrer Maßstab anzulegen. Das ist schon jetzt
klar ins Auge zu fassen, damit Bundesrat und Reichstag durch die öffentliche
Meinung genötigt werden, in diesem Falle nicht zu sparen, d. h. nicht durch
unangebrachte Sparsamkeit Millionen zum Fenster hinauszuwerfen und oben¬
drein noch den Schaden zu haben.
Doch mit der Aufwendung von Staats- und Reichsmitteln ist es nicht
gethan — leider! Wäre das der Fall, so könnte der deutsche Gewerbfleiß mit
Ruhe den Dingen entgegensehen. Die Hauptsorge liegt in dem Mangel jeder
erprobten Ausstellungspolitik und jeder amtlichen Ausstellungspraxis in Preußen
wie im Reiche.
Dieser Mangel wird in dem nichtpreußischen Deutschland tief empfunden,
umsomehr, als sich in einzelnen deutschen Staaten — vor allem ist hier
Württemberg als Beispiel zu nennen — das gewerbliche Ausstellungswesen
seit längerer Zeit einer weitsichtigen, auf der Zusammenwirkung geschulter
Beamten mit praktischen Gewerbtreibenden beruhenden erfolgreichen Pflege
erfreut. Bei Ausstellungen außer Landes muß der Übergang der Leitung auf
die Preußisch-deutschen Reichsbehörden geradezu als ein Rückschritt erscheinen.
Es ist uns immer eine von den preußischen und von Preußen ins Reichsamt
des Innern übergegangnen Unbegreiflichkeiten gewesen, daß man nicht durch
d"s Studium der Geschichte der seit der Mitte des Jahrhunderts bestehenden
Landesausstellungskommission in Württemberg zur bessern Einsicht gelangt
ist- Dieser Behörde, die eine Abteilung der Zentralstelle für Handel und
Gewerbe bildet, lag die doppelte Verpflichtung ob, erstens die heimischen
Lokal-, Bezirks-, Kreis- und Landesindustrieausstellungen zu pflegen, und
zweitens für eine den Lcmdesinteresfen entsprechende Beteiligung Württem¬
bergs an den größern auswärtigen Ausstellungen, sowie für die richtige
Würdigung und den günstigen Erfolg dieser Beteiligung durch Preisgerichte,
öffentliches Urteil und kaufmännischen Gewinn Sorge zu tragen. Das vom
Regierungsrat L. Bischer unter Mitwirkung des verdienstvollen Förderers des
württembergischen Gewerbfleißes und Ausstellungswesens Dr. von Steinbeis
im Jahre 1875 herausgegebne Werk „Die industrielle Entwicklung im König¬
reich Württemberg und das Wirken seiner Zentralstelle für Gewerbe und
Handel in ihren ersten fünfundzwanzig Jahren" behandelt auch die Wirksam¬
st der Landesausstellungskommission ausführlich und wäre für die Herren
im preußischen Handelsministerium und im Neichscnnt des Innern ein vor-
Grenzboten III 1396 A>
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