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Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Drittes Vierteljahr.

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Das Vermögen der Frau

wie sie die, die ihre Rechte erweitern wollen, voraussetzen, so wird sich die
Sache nach der bestehenden Ordnung so gestalten. Die Frau muß wissen oder
doch zu wissen glauben, welchen Grad von Sicherheit das Geschäft des Mannes
ihrer Einlage gewährt. Sie wird darnach diese Art der Anlage oder eine der
beiden andern vorziehen. Bei Hypotheken ist es üblich, daß, wenn die Fran
Eigentümerin oder Miteigentümerin des verpfändeten Gegenstandes ist, sie neben
dem Manne unterzeichnet. Dasselbe ist möglich, wenn sie ihr Geld auf
Hypothek ausleiht. Papiere pflegen von verstündigen Besitzern in Depot ge¬
geben zu werden. Auf dem Depotschein kann die Zuständigkeit der Frau zur
Zurücknahme des Depots vermerkt werden. Soll das nicht geschehen, so müßte
die Frau, wenn sie zu ihrem Manne kein Vertrauen hat, das Vorhandensein der
Depotscheine kontrolliren. Es ist also in allen Fällen eines normalen Familien¬
lebens der Frau nach Einsicht die Möglichkeit gegeben, ihr Vermögen zu sichern.

Aber, wendet man ein, wenn der Mann ohne ihre Zustimmung und
gegen ihren Willen handelt, was er ja nach dem Gesetze kann? Darauf ist
zu erwidern, daß das niemals geschehen wird, solange die Frau (immer die
nötige Einsicht in die Sache vorausgesetzt) das moralische Gewicht zu behaupten
weiß, das ihr in jeder richtigen Ehe innewohnt. Und auf die Herstellung
dieses Gewichts, wozu es keiner neuen Gesetze bedarf, und auf die richtige Er¬
ziehung der Frauen zu dieser Eigenschaft der Bildung und des Charakters
sollten die Agitatoren und die Vereine für Frauenemanzipntion ihre Gedanken
richten, anstatt immer von den Rechten zu schwatzen, die vielleicht die meisten
Frauen gar nicht zu gebrauchen verstehen. Fehlen der Fran diese Eigen¬
schaften, so nützt ihr eine andre Rechtsordnung nichts. Ist sie aber unachtsam
und sorglos, so ist sie selbst schuld an dem Schaden.

Wenn es nun aber unter weniger normalen Verhältnissen zu Zusammen¬
stößen käme, bei ernstlichem bösem Willen des Mannes? Dagegen ist Rat
zu schassen auch bei der gegenwärtigen Rechtsordnung, so gut wie in andern
Fällen, wo ein vielleicht noch wichtigerer Gegenstand als Geld zu einem Zer¬
würfnis führen könnte. Man wird fast immer, wenn das Geld der Frau
verloren gegangen ist, ihr einen Anteil an der Schuld beizumessen haben, bei
verschwenderischen Haushalt immer, aber auch bei persönlichen Ausschreitungen
des Mannes, Spiel oder dergleichen. So etwas kommt nie auf einmal.
Oisons inoilltg-ö! Die Frau hat, wenn sie will, viel mehr Einfluß auf das
Leben der Männer und auf die Führung des Hauses, als ihr irgend eine
Gesetzgebung geben könnte. Das Unglück aber in der ganzen Frciuensrage und
so auch bei diesem einzelnen Teile des Themas ist, daß man alles mit neuen,
verbrieften Rechten und mit amtlichen Formen und solchen Äußerlichkeiten
machen will, in die die Frauen, ohne sich zu ändern, gar nicht hineinwachsen
könnten. Eine solche Form, richtiger ein Phantom, wäre auch das geforderte
Recht der selbständigen Vermögensverwaltung gewesen,


Das Vermögen der Frau

wie sie die, die ihre Rechte erweitern wollen, voraussetzen, so wird sich die
Sache nach der bestehenden Ordnung so gestalten. Die Frau muß wissen oder
doch zu wissen glauben, welchen Grad von Sicherheit das Geschäft des Mannes
ihrer Einlage gewährt. Sie wird darnach diese Art der Anlage oder eine der
beiden andern vorziehen. Bei Hypotheken ist es üblich, daß, wenn die Fran
Eigentümerin oder Miteigentümerin des verpfändeten Gegenstandes ist, sie neben
dem Manne unterzeichnet. Dasselbe ist möglich, wenn sie ihr Geld auf
Hypothek ausleiht. Papiere pflegen von verstündigen Besitzern in Depot ge¬
geben zu werden. Auf dem Depotschein kann die Zuständigkeit der Frau zur
Zurücknahme des Depots vermerkt werden. Soll das nicht geschehen, so müßte
die Frau, wenn sie zu ihrem Manne kein Vertrauen hat, das Vorhandensein der
Depotscheine kontrolliren. Es ist also in allen Fällen eines normalen Familien¬
lebens der Frau nach Einsicht die Möglichkeit gegeben, ihr Vermögen zu sichern.

Aber, wendet man ein, wenn der Mann ohne ihre Zustimmung und
gegen ihren Willen handelt, was er ja nach dem Gesetze kann? Darauf ist
zu erwidern, daß das niemals geschehen wird, solange die Frau (immer die
nötige Einsicht in die Sache vorausgesetzt) das moralische Gewicht zu behaupten
weiß, das ihr in jeder richtigen Ehe innewohnt. Und auf die Herstellung
dieses Gewichts, wozu es keiner neuen Gesetze bedarf, und auf die richtige Er¬
ziehung der Frauen zu dieser Eigenschaft der Bildung und des Charakters
sollten die Agitatoren und die Vereine für Frauenemanzipntion ihre Gedanken
richten, anstatt immer von den Rechten zu schwatzen, die vielleicht die meisten
Frauen gar nicht zu gebrauchen verstehen. Fehlen der Fran diese Eigen¬
schaften, so nützt ihr eine andre Rechtsordnung nichts. Ist sie aber unachtsam
und sorglos, so ist sie selbst schuld an dem Schaden.

Wenn es nun aber unter weniger normalen Verhältnissen zu Zusammen¬
stößen käme, bei ernstlichem bösem Willen des Mannes? Dagegen ist Rat
zu schassen auch bei der gegenwärtigen Rechtsordnung, so gut wie in andern
Fällen, wo ein vielleicht noch wichtigerer Gegenstand als Geld zu einem Zer¬
würfnis führen könnte. Man wird fast immer, wenn das Geld der Frau
verloren gegangen ist, ihr einen Anteil an der Schuld beizumessen haben, bei
verschwenderischen Haushalt immer, aber auch bei persönlichen Ausschreitungen
des Mannes, Spiel oder dergleichen. So etwas kommt nie auf einmal.
Oisons inoilltg-ö! Die Frau hat, wenn sie will, viel mehr Einfluß auf das
Leben der Männer und auf die Führung des Hauses, als ihr irgend eine
Gesetzgebung geben könnte. Das Unglück aber in der ganzen Frciuensrage und
so auch bei diesem einzelnen Teile des Themas ist, daß man alles mit neuen,
verbrieften Rechten und mit amtlichen Formen und solchen Äußerlichkeiten
machen will, in die die Frauen, ohne sich zu ändern, gar nicht hineinwachsen
könnten. Eine solche Form, richtiger ein Phantom, wäre auch das geforderte
Recht der selbständigen Vermögensverwaltung gewesen,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341863_222941/120>, abgerufen am 01.09.2024.