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Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Drittes Vierteljahr.

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Die Aufgabe des preußischen Handelsministers

er neue preußische Handelsminister ist ein neuer Mann. Alle
Vermutungen der Parteiprcsfe darüber, wem er es recht zu
machen suchen werde, sind leer und wertlos; wir wollen uns auch
hier mit ihnen gar nicht befassen. Der Himmel gebe nur, daß
er seine Sache recht machen wolle, wirklich ernsthaft wolle, ohne
Rücksicht auf schnell zu erntenden Beifall, ja ohne Rücksicht auf die Dauer
seiner Stellung.

In einer Beziehung geht dem neuen Minister ein wertvoller guter Ruf
voraus: es wird an ihm ein hervorragendes Organisationstalent gerühmt, das
^ in der große" Aufgabe der Neuordnung des preußischen Staatscisenbahu-
wesens in besondern: Maße zu bethätigen Gelegenheit gefunden und auch be¬
thätigt habe. Eine organisatorische Aufgabe aber ist es auch, die er in seinem
neuen Amte vor allein zu lösen hat, denn der Apparat dieses Amtes steht
'naht mehr auf der nötigen Höhe, und mit einer schlechten Maschine kann auch
^er tüchtigste Zugführer, mag er auf ein richtiges oder ein verkehrtes Ziel los¬
steuern, niemand zu Danke fahren.

Unbrauchbar ist zunächst das Verhältnis nach oben. Der preußische
Minister für Handel und Gewerbe hat mit der Gesetzgebung für Handel und
Gewerbe und überhaupt mit der eigentlichen Handels- und Gewerbepolitik un¬
mittelbar gar nichts zu thun. Dazu ist das Reichsamt des Innern da, so¬
weit nicht die handelspolitische Abteilung des Auswärtigen Amtes die Hand
darauf legt. Ebenso steht es mit der sogenannten Sozialpolitik. Freilich
verlangt man thatsächlich von dem preußischen Minister für Handel und Ge¬
werbe auch auf diesen Gebieten viel mehr als von allen seinen Kollegen in
^" übrigen deutschen Staaten zusammengenommen, und man muß das von
verlangen. Bekanntlich haben denn auch die Reibungen zwischen dem


Grenzboten III 1396 i<?


Die Aufgabe des preußischen Handelsministers

er neue preußische Handelsminister ist ein neuer Mann. Alle
Vermutungen der Parteiprcsfe darüber, wem er es recht zu
machen suchen werde, sind leer und wertlos; wir wollen uns auch
hier mit ihnen gar nicht befassen. Der Himmel gebe nur, daß
er seine Sache recht machen wolle, wirklich ernsthaft wolle, ohne
Rücksicht auf schnell zu erntenden Beifall, ja ohne Rücksicht auf die Dauer
seiner Stellung.

In einer Beziehung geht dem neuen Minister ein wertvoller guter Ruf
voraus: es wird an ihm ein hervorragendes Organisationstalent gerühmt, das
^ in der große» Aufgabe der Neuordnung des preußischen Staatscisenbahu-
wesens in besondern: Maße zu bethätigen Gelegenheit gefunden und auch be¬
thätigt habe. Eine organisatorische Aufgabe aber ist es auch, die er in seinem
neuen Amte vor allein zu lösen hat, denn der Apparat dieses Amtes steht
'naht mehr auf der nötigen Höhe, und mit einer schlechten Maschine kann auch
^er tüchtigste Zugführer, mag er auf ein richtiges oder ein verkehrtes Ziel los¬
steuern, niemand zu Danke fahren.

Unbrauchbar ist zunächst das Verhältnis nach oben. Der preußische
Minister für Handel und Gewerbe hat mit der Gesetzgebung für Handel und
Gewerbe und überhaupt mit der eigentlichen Handels- und Gewerbepolitik un¬
mittelbar gar nichts zu thun. Dazu ist das Reichsamt des Innern da, so¬
weit nicht die handelspolitische Abteilung des Auswärtigen Amtes die Hand
darauf legt. Ebenso steht es mit der sogenannten Sozialpolitik. Freilich
verlangt man thatsächlich von dem preußischen Minister für Handel und Ge¬
werbe auch auf diesen Gebieten viel mehr als von allen seinen Kollegen in
^" übrigen deutschen Staaten zusammengenommen, und man muß das von
verlangen. Bekanntlich haben denn auch die Reibungen zwischen dem


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341863_222941/105>, abgerufen am 01.09.2024.