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Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Erstes Vierteljahr.

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Kräften heimzuzahlen. Dnß diese Absicht manchem vielleicht unbewußt ist, ist
ebenso selbstverständlich, wie daß sie nie ausgesprochen wird, aber vorhanden
ist sie, und ans dieser latenten Feindschaft erklärt sich manches unliebsame Vor¬
kommnis.

Aber auch das würde sich zu einer wirklichen Schädigung unsers Rechts-
lebens nicht ausbilden können, solange nicht ein uuverhältnismäßiges Über¬
wiegen des jüdischen Teils der Rechtsanwaltschaft eintritt. Leichthin wird ja
auch behauptet, daß ein solches uuverhältnismäßiges Überhandnehmen schon
jetzt eingetreten sei; aber eine genauere Prüfung führt zu dem Ergebnis, daß
das eigentlich uur in Berlin, dort allerdings in auffälliger Weise, geschehen ist.
Den Kammergerichtsbezirk zunächst außer Acht gelassen, ergiebt folgende Tabelle
die Gesamtzahl der Ende 1895 in den einzelnen Oberlandesgerichtsbezirken zu¬
gelassenen Rechtsanwälte, einschließlich der bei den Oberlandesgerichten selbst,
und die Anzahl der Juden unter ihnen:



Bei dem fortwährenden Wechsel in den Personen mögen sich die einzelnen
Zahlen verändert haben, die Prozentsätze find jedenfalls annähernd dieselben
geblieben und ergeben im allgemeinen kein Überwuchern des jüdischen Teils der
Anwaltschaft. Freilich ist dabei zu berücksichtigen, daß sich die jüdischen Anwälte
hauptsächlich an den Sitzen der Landgerichte niederlassen, und an solchen zum
Teil mehr jüdische als christliche Anwälte vorhanden sind, z, B. in Thorn
und Posen.

An den Landgerichten des Kammergerichtsbezirks sind Rechtsanwälte zu¬
gelassen nach folgender Zusammenstellung:


Kräften heimzuzahlen. Dnß diese Absicht manchem vielleicht unbewußt ist, ist
ebenso selbstverständlich, wie daß sie nie ausgesprochen wird, aber vorhanden
ist sie, und ans dieser latenten Feindschaft erklärt sich manches unliebsame Vor¬
kommnis.

Aber auch das würde sich zu einer wirklichen Schädigung unsers Rechts-
lebens nicht ausbilden können, solange nicht ein uuverhältnismäßiges Über¬
wiegen des jüdischen Teils der Rechtsanwaltschaft eintritt. Leichthin wird ja
auch behauptet, daß ein solches uuverhältnismäßiges Überhandnehmen schon
jetzt eingetreten sei; aber eine genauere Prüfung führt zu dem Ergebnis, daß
das eigentlich uur in Berlin, dort allerdings in auffälliger Weise, geschehen ist.
Den Kammergerichtsbezirk zunächst außer Acht gelassen, ergiebt folgende Tabelle
die Gesamtzahl der Ende 1895 in den einzelnen Oberlandesgerichtsbezirken zu¬
gelassenen Rechtsanwälte, einschließlich der bei den Oberlandesgerichten selbst,
und die Anzahl der Juden unter ihnen:



Bei dem fortwährenden Wechsel in den Personen mögen sich die einzelnen
Zahlen verändert haben, die Prozentsätze find jedenfalls annähernd dieselben
geblieben und ergeben im allgemeinen kein Überwuchern des jüdischen Teils der
Anwaltschaft. Freilich ist dabei zu berücksichtigen, daß sich die jüdischen Anwälte
hauptsächlich an den Sitzen der Landgerichte niederlassen, und an solchen zum
Teil mehr jüdische als christliche Anwälte vorhanden sind, z, B. in Thorn
und Posen.

An den Landgerichten des Kammergerichtsbezirks sind Rechtsanwälte zu¬
gelassen nach folgender Zusammenstellung:


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[0525] Kräften heimzuzahlen. Dnß diese Absicht manchem vielleicht unbewußt ist, ist ebenso selbstverständlich, wie daß sie nie ausgesprochen wird, aber vorhanden ist sie, und ans dieser latenten Feindschaft erklärt sich manches unliebsame Vor¬ kommnis. Aber auch das würde sich zu einer wirklichen Schädigung unsers Rechts- lebens nicht ausbilden können, solange nicht ein uuverhältnismäßiges Über¬ wiegen des jüdischen Teils der Rechtsanwaltschaft eintritt. Leichthin wird ja auch behauptet, daß ein solches uuverhältnismäßiges Überhandnehmen schon jetzt eingetreten sei; aber eine genauere Prüfung führt zu dem Ergebnis, daß das eigentlich uur in Berlin, dort allerdings in auffälliger Weise, geschehen ist. Den Kammergerichtsbezirk zunächst außer Acht gelassen, ergiebt folgende Tabelle die Gesamtzahl der Ende 1895 in den einzelnen Oberlandesgerichtsbezirken zu¬ gelassenen Rechtsanwälte, einschließlich der bei den Oberlandesgerichten selbst, und die Anzahl der Juden unter ihnen: Prozent Zahl der Anwälte Oberlandes¬ der gerichtsbezirk jüdischen insgesamt jüdischAnwälte 382 3 137 3 Cassel..... 78 12 15 Celle...... 252 89 15 Köln...... 586 42 7 Frankfurt ni. AI. . . 201 54 27 298 17 6 Kiel...... 1g0 1K 12 Königsberg.... 177 23 13 135 Marienwerder. . . 27 20 279 22 Naumburg .... 8 43 172 Posen..... 25 154 18 11 450 2844 16 Bei dem fortwährenden Wechsel in den Personen mögen sich die einzelnen Zahlen verändert haben, die Prozentsätze find jedenfalls annähernd dieselben geblieben und ergeben im allgemeinen kein Überwuchern des jüdischen Teils der Anwaltschaft. Freilich ist dabei zu berücksichtigen, daß sich die jüdischen Anwälte hauptsächlich an den Sitzen der Landgerichte niederlassen, und an solchen zum Teil mehr jüdische als christliche Anwälte vorhanden sind, z, B. in Thorn und Posen. An den Landgerichten des Kammergerichtsbezirks sind Rechtsanwälte zu¬ gelassen nach folgender Zusammenstellung:

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341863_221645/525>, abgerufen am 01.09.2024.