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Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Erstes Vierteljahr.

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Die Verwirrung in der Schreibung unsrer Straßennamen

schrift des Sprachvereins Spalte 35 (1895) aufgestellten Grundsätzen,*) sowie den
Spalte 114--119 (1894) dargelegten**) entsprochen werde, wenn neue Straßen
benannt werden." Das sind wichtige und beherzigenswerte Vorschläge.

Etwas andres regt Professor Stier in Neu-Ruppin an; er schreibt: "Ich
halte gut gewählte Straßen- und Flurbezeichnungen für ein vorzügliches Mittel,
vaterländische Gesinnung zu pflegeu und Anknüpfungspunkte für den Unterricht
in der Heimatkunde zu bieten. Man könnte zwar streiten, ob ein geschicht¬
licher oder der Sprachverein Borschläge dazu zu liefern habe. Aber wenn
der Allgemeine Deutsche Sprachverein als Verdeutschungsbnch Ur. 4 ein
"Deutsches Namenbüchleiu" sür Personen bietet, so liegt dieselbe Ver¬
anlassung vor, ein solches sür Ortsnamen zu bieten; jn ich glaube, daß das
wichtiger ist und auch leichter Eingang finden würde. Ein Magistrat, der
(wie neulich der mistige) in einer Sitzung elf neue Straßen zu benennen hat,
wird sicherlich geneigter sein, die Vorschläge eines ihm vorgelegten Büchleins
zu berücksichtigen, als ein Vater, der seinem Kinde einen Namen sucht." Gewiß
auch ein Vorschlag, der der Beachtung des Gesamtvvrstandes des Sprach¬
verein" wert ist.

Endlich noch die Frage: Was ist schon erreicht? Czernowitz schreibt: "Gegen
die (falsche) Schreibung des eben zum erstenmale erschienenen Adreßbuches wird
der Zweigverein am nächsten Vereiusabend Stellung nehmen." Aus einem Be¬
richt in der Zeitschrift des Sprachvereins (X, 150) geht denn hervor, daß "der
Herausgeber sich bereit erklärte, in der nächsten Ausgabe die wenigen Fehler,
die ihm vorgeworfen worden sind, zu verbessern." Von Reichenberg heißt es
bei Frage 10: "Der Zweigverein Reichenberg hat gelegentlich der Herausgabe
eines neuen Adreßbuches unter Zugrundelegung nebenstehender Veröffent¬
lichungen betreffs sprachrichtigen Druckes der Straßennamen erfolgreich Ein¬
fluß genommen." Am eingehendsten hat sich der Stuttgarter Sprachverein
mit der Angelegenheit beschäftigt; er hat an den Gemeinderat im September
vorigen Jahres eine ausführliche Eingabe gemacht, in der die Erhaltung alter
Namen, die Verminderung unnötiger Fremdwörter und ungelenker Zusammen¬
setzungen (Kaiser-Wilhelms-Platz^) und die richtige Schreibung der Straßen¬
namen gefordert werden; für diese letzte sind Regeln beigefügt, die sich mit den
meinigen decken. Der Gemeinderat hat darauf in Aussicht gestellt, daß er von
den Anregungen des Vereins Gebrauch machen werde.





*) Borschläge von Professur Stier zur Verdeutschung vou Chaussee, Promenade,
Mee u.a.
Jetzt?rgänzt durch den vorliegenden Aufsatz.
^'') Mit der trefflichen Bemerkung: "So wenig man verlangt, daß ein Gattungsname
°>e vollständige Begriffsbestimmung oder Beschreibung des benannten Dinges gebe, so wenig
braucht ein Ortsname den ganzen Stamm und Titel der Person, an die er erinnern soll, zu
enthalten; beidemal" genügt eine Andeutung."
Die Verwirrung in der Schreibung unsrer Straßennamen

schrift des Sprachvereins Spalte 35 (1895) aufgestellten Grundsätzen,*) sowie den
Spalte 114—119 (1894) dargelegten**) entsprochen werde, wenn neue Straßen
benannt werden." Das sind wichtige und beherzigenswerte Vorschläge.

Etwas andres regt Professor Stier in Neu-Ruppin an; er schreibt: „Ich
halte gut gewählte Straßen- und Flurbezeichnungen für ein vorzügliches Mittel,
vaterländische Gesinnung zu pflegeu und Anknüpfungspunkte für den Unterricht
in der Heimatkunde zu bieten. Man könnte zwar streiten, ob ein geschicht¬
licher oder der Sprachverein Borschläge dazu zu liefern habe. Aber wenn
der Allgemeine Deutsche Sprachverein als Verdeutschungsbnch Ur. 4 ein
„Deutsches Namenbüchleiu" sür Personen bietet, so liegt dieselbe Ver¬
anlassung vor, ein solches sür Ortsnamen zu bieten; jn ich glaube, daß das
wichtiger ist und auch leichter Eingang finden würde. Ein Magistrat, der
(wie neulich der mistige) in einer Sitzung elf neue Straßen zu benennen hat,
wird sicherlich geneigter sein, die Vorschläge eines ihm vorgelegten Büchleins
zu berücksichtigen, als ein Vater, der seinem Kinde einen Namen sucht." Gewiß
auch ein Vorschlag, der der Beachtung des Gesamtvvrstandes des Sprach¬
verein« wert ist.

Endlich noch die Frage: Was ist schon erreicht? Czernowitz schreibt: „Gegen
die (falsche) Schreibung des eben zum erstenmale erschienenen Adreßbuches wird
der Zweigverein am nächsten Vereiusabend Stellung nehmen." Aus einem Be¬
richt in der Zeitschrift des Sprachvereins (X, 150) geht denn hervor, daß „der
Herausgeber sich bereit erklärte, in der nächsten Ausgabe die wenigen Fehler,
die ihm vorgeworfen worden sind, zu verbessern." Von Reichenberg heißt es
bei Frage 10: „Der Zweigverein Reichenberg hat gelegentlich der Herausgabe
eines neuen Adreßbuches unter Zugrundelegung nebenstehender Veröffent¬
lichungen betreffs sprachrichtigen Druckes der Straßennamen erfolgreich Ein¬
fluß genommen." Am eingehendsten hat sich der Stuttgarter Sprachverein
mit der Angelegenheit beschäftigt; er hat an den Gemeinderat im September
vorigen Jahres eine ausführliche Eingabe gemacht, in der die Erhaltung alter
Namen, die Verminderung unnötiger Fremdwörter und ungelenker Zusammen¬
setzungen (Kaiser-Wilhelms-Platz^) und die richtige Schreibung der Straßen¬
namen gefordert werden; für diese letzte sind Regeln beigefügt, die sich mit den
meinigen decken. Der Gemeinderat hat darauf in Aussicht gestellt, daß er von
den Anregungen des Vereins Gebrauch machen werde.





*) Borschläge von Professur Stier zur Verdeutschung vou Chaussee, Promenade,
Mee u.a.
Jetzt?rgänzt durch den vorliegenden Aufsatz.
^'') Mit der trefflichen Bemerkung: „So wenig man verlangt, daß ein Gattungsname
°>e vollständige Begriffsbestimmung oder Beschreibung des benannten Dinges gebe, so wenig
braucht ein Ortsname den ganzen Stamm und Titel der Person, an die er erinnern soll, zu
enthalten; beidemal« genügt eine Andeutung."
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341863_221645/429>, abgerufen am 01.09.2024.