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Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Erstes Vierteljahr.

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Der Gesetzentwurf gegen unlauter" Wettbewerb

wechsluug herbeiführt, sei es, daß man sich unbefugt fremder Fabrik- und
Geschäftsgeheimnisse bemächtigt. Eine unlautre, die Erwerbsthätigkeit des
Mitbewerbers hindernde Thätigkeit ist insbesondre die Herabsetzung seiner
Person oder seiner gewerblichen Leistungen.

Dieser Einteilung entspricht in der Hauptsache der Gesetzentwurf. In § 1
verbietet er die unlautre Reklame. Reklame im weitern Sinne ist die über
das bloße Anzeigen und Feilbieten gewerblicher Leistungen hinausgehende An¬
preisung in Verbindung mit einer mehr oder minder aufdringlichen Auffor¬
derung an das Publikum, die gewerblichen Leistungen abzunehmen. Sie ist
ein Werben um Kundschaft und, da auf Kundschaftswerbung alle Erwerbs¬
thätigkeit hinausläuft, notwendig erlaubt, auch wenn sie noch so marktschreierisch
ist. Der Gewerbtreibende muß, um seine Ware abzusetzen, die Kauflust erregen
und deshalb sein Angebot als günstig darstellen. Mit der Erregung der
Kauflust allein ist ihm aber noch wenig geholfen. Er muß weiter die Kauflust
auch in der Richtung zu beeinflussen suchen, daß sie ihre Befriedigung bei ihm
nimmt und ihn seinen Mitbewerbern vorzieht. Zu diesem Zweck muß er also
sein Angebot als besonders günstig darstellen, günstiger als das seiner Mit¬
bewerber. Auch hierin liegt an sich noch nichts unlauteres; der Kampf ums
Dasein erfordert es. Das Werben um Kundschaft und Anpreisen der Ware
wird aber sofort unlauter, wenn der Anschein eines besonders günstigen An¬
gebots durch Irreführung der Abnehmer erreicht wird. Denn dann sind diese
eben nicht eigentlich mehr Kunden, freiwillige Käufer, es liegt deshalb auch
keine eigentliche Erwerbsthätigkeit mehr vor, wie sie allein im Wettknmpf zur
Vergleichung steht. Mit Recht verbietet deshalb der Entwurf, den Schein eines
besonders günstigen Angebots durch unrichtige Angaben thatsächlicher Art
hervorzurufen. Überflüssigerweise führt er aber außerdem noch einzelne That¬
sachen an, worüber unrichtige Angaben gemacht werden können, wie die Be¬
schaffenheit, die Bezugsquelle, die Preisbemessung, den Besitz von Auszeich¬
nungen und andres. Wenn sie auch treffend gewählt sind, so liegt doch zur
Beschränkung auf diese einzelnen Thatsachen keine Nötigung vor, und es dürfte
besser sein, sie nur in der Form von Beispielen zu erwähnen. Unberechtigt
ist bei der Täuschung über die Bezugsquelle die Beschränkung auf Waren,
während sonst überall von Waren und gewerblichen Leistungen gesprochen wird.
Ebenso ist die Öffentlichkeit für die täuschende Anpreisung zwar für die Be¬
strafung, nicht aber für zivile Schadenforderung eine angemessene Voraus¬
setzung. Auch den einzelnen Käufer etwa über die Preisbemessung und die
Art des Bezugs einer Ware zu täuschen, ist unlauterer, den Mitbewerber
nicht mit rechtlichen Mitteln bekämpfender, also ihn schädigender Wettbewerb.

In § 8 und Z 9 wendet sich der Entwurf dagegen, die Arbeitskraft des
Mitbewerbers unbefugt zu benutzen, um durch sie für sich selbst Kundschaft
zu gewinnen. Das häufigste Mittel, die Arbeitskraft des gefürchteten Mit-


Der Gesetzentwurf gegen unlauter» Wettbewerb

wechsluug herbeiführt, sei es, daß man sich unbefugt fremder Fabrik- und
Geschäftsgeheimnisse bemächtigt. Eine unlautre, die Erwerbsthätigkeit des
Mitbewerbers hindernde Thätigkeit ist insbesondre die Herabsetzung seiner
Person oder seiner gewerblichen Leistungen.

Dieser Einteilung entspricht in der Hauptsache der Gesetzentwurf. In § 1
verbietet er die unlautre Reklame. Reklame im weitern Sinne ist die über
das bloße Anzeigen und Feilbieten gewerblicher Leistungen hinausgehende An¬
preisung in Verbindung mit einer mehr oder minder aufdringlichen Auffor¬
derung an das Publikum, die gewerblichen Leistungen abzunehmen. Sie ist
ein Werben um Kundschaft und, da auf Kundschaftswerbung alle Erwerbs¬
thätigkeit hinausläuft, notwendig erlaubt, auch wenn sie noch so marktschreierisch
ist. Der Gewerbtreibende muß, um seine Ware abzusetzen, die Kauflust erregen
und deshalb sein Angebot als günstig darstellen. Mit der Erregung der
Kauflust allein ist ihm aber noch wenig geholfen. Er muß weiter die Kauflust
auch in der Richtung zu beeinflussen suchen, daß sie ihre Befriedigung bei ihm
nimmt und ihn seinen Mitbewerbern vorzieht. Zu diesem Zweck muß er also
sein Angebot als besonders günstig darstellen, günstiger als das seiner Mit¬
bewerber. Auch hierin liegt an sich noch nichts unlauteres; der Kampf ums
Dasein erfordert es. Das Werben um Kundschaft und Anpreisen der Ware
wird aber sofort unlauter, wenn der Anschein eines besonders günstigen An¬
gebots durch Irreführung der Abnehmer erreicht wird. Denn dann sind diese
eben nicht eigentlich mehr Kunden, freiwillige Käufer, es liegt deshalb auch
keine eigentliche Erwerbsthätigkeit mehr vor, wie sie allein im Wettknmpf zur
Vergleichung steht. Mit Recht verbietet deshalb der Entwurf, den Schein eines
besonders günstigen Angebots durch unrichtige Angaben thatsächlicher Art
hervorzurufen. Überflüssigerweise führt er aber außerdem noch einzelne That¬
sachen an, worüber unrichtige Angaben gemacht werden können, wie die Be¬
schaffenheit, die Bezugsquelle, die Preisbemessung, den Besitz von Auszeich¬
nungen und andres. Wenn sie auch treffend gewählt sind, so liegt doch zur
Beschränkung auf diese einzelnen Thatsachen keine Nötigung vor, und es dürfte
besser sein, sie nur in der Form von Beispielen zu erwähnen. Unberechtigt
ist bei der Täuschung über die Bezugsquelle die Beschränkung auf Waren,
während sonst überall von Waren und gewerblichen Leistungen gesprochen wird.
Ebenso ist die Öffentlichkeit für die täuschende Anpreisung zwar für die Be¬
strafung, nicht aber für zivile Schadenforderung eine angemessene Voraus¬
setzung. Auch den einzelnen Käufer etwa über die Preisbemessung und die
Art des Bezugs einer Ware zu täuschen, ist unlauterer, den Mitbewerber
nicht mit rechtlichen Mitteln bekämpfender, also ihn schädigender Wettbewerb.

In § 8 und Z 9 wendet sich der Entwurf dagegen, die Arbeitskraft des
Mitbewerbers unbefugt zu benutzen, um durch sie für sich selbst Kundschaft
zu gewinnen. Das häufigste Mittel, die Arbeitskraft des gefürchteten Mit-


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[0172] Der Gesetzentwurf gegen unlauter» Wettbewerb wechsluug herbeiführt, sei es, daß man sich unbefugt fremder Fabrik- und Geschäftsgeheimnisse bemächtigt. Eine unlautre, die Erwerbsthätigkeit des Mitbewerbers hindernde Thätigkeit ist insbesondre die Herabsetzung seiner Person oder seiner gewerblichen Leistungen. Dieser Einteilung entspricht in der Hauptsache der Gesetzentwurf. In § 1 verbietet er die unlautre Reklame. Reklame im weitern Sinne ist die über das bloße Anzeigen und Feilbieten gewerblicher Leistungen hinausgehende An¬ preisung in Verbindung mit einer mehr oder minder aufdringlichen Auffor¬ derung an das Publikum, die gewerblichen Leistungen abzunehmen. Sie ist ein Werben um Kundschaft und, da auf Kundschaftswerbung alle Erwerbs¬ thätigkeit hinausläuft, notwendig erlaubt, auch wenn sie noch so marktschreierisch ist. Der Gewerbtreibende muß, um seine Ware abzusetzen, die Kauflust erregen und deshalb sein Angebot als günstig darstellen. Mit der Erregung der Kauflust allein ist ihm aber noch wenig geholfen. Er muß weiter die Kauflust auch in der Richtung zu beeinflussen suchen, daß sie ihre Befriedigung bei ihm nimmt und ihn seinen Mitbewerbern vorzieht. Zu diesem Zweck muß er also sein Angebot als besonders günstig darstellen, günstiger als das seiner Mit¬ bewerber. Auch hierin liegt an sich noch nichts unlauteres; der Kampf ums Dasein erfordert es. Das Werben um Kundschaft und Anpreisen der Ware wird aber sofort unlauter, wenn der Anschein eines besonders günstigen An¬ gebots durch Irreführung der Abnehmer erreicht wird. Denn dann sind diese eben nicht eigentlich mehr Kunden, freiwillige Käufer, es liegt deshalb auch keine eigentliche Erwerbsthätigkeit mehr vor, wie sie allein im Wettknmpf zur Vergleichung steht. Mit Recht verbietet deshalb der Entwurf, den Schein eines besonders günstigen Angebots durch unrichtige Angaben thatsächlicher Art hervorzurufen. Überflüssigerweise führt er aber außerdem noch einzelne That¬ sachen an, worüber unrichtige Angaben gemacht werden können, wie die Be¬ schaffenheit, die Bezugsquelle, die Preisbemessung, den Besitz von Auszeich¬ nungen und andres. Wenn sie auch treffend gewählt sind, so liegt doch zur Beschränkung auf diese einzelnen Thatsachen keine Nötigung vor, und es dürfte besser sein, sie nur in der Form von Beispielen zu erwähnen. Unberechtigt ist bei der Täuschung über die Bezugsquelle die Beschränkung auf Waren, während sonst überall von Waren und gewerblichen Leistungen gesprochen wird. Ebenso ist die Öffentlichkeit für die täuschende Anpreisung zwar für die Be¬ strafung, nicht aber für zivile Schadenforderung eine angemessene Voraus¬ setzung. Auch den einzelnen Käufer etwa über die Preisbemessung und die Art des Bezugs einer Ware zu täuschen, ist unlauterer, den Mitbewerber nicht mit rechtlichen Mitteln bekämpfender, also ihn schädigender Wettbewerb. In § 8 und Z 9 wendet sich der Entwurf dagegen, die Arbeitskraft des Mitbewerbers unbefugt zu benutzen, um durch sie für sich selbst Kundschaft zu gewinnen. Das häufigste Mittel, die Arbeitskraft des gefürchteten Mit-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341863_221645/172>, abgerufen am 01.09.2024.