Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Erstes Vierteljahr.Zum ^8. Januar M^H-^F Grenzboten I 1LS6 14
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[Abbildung]
Zum ^8. Januar
M^H-^F
WZNMV?'iinfundzwanzig Jahre sind verflossen seit jenem unvergeßlichen
Tage, wo König Wilhelm von Preußen in dem prunkvollen Schlosse
des Sonnenkönigs, umgeben von den Vertretern der deutschen
Fürstengeschlechter und inmitten der Fahnen seines siegreichen
Heeres, zum deutschen Kaiser ausgerufen wurde. Wer damals
den Gang der deutschen Geschichte überblickte, dem konnte das als eine ganz
selbstverständliche, gewissermaßen unvermeidliche Folge der Ereignisse, als die
reife Frucht einer langen Entwicklungsreihe erscheinen, ungefähr wie es unsern
Vätern Z849 als eine solche erschienen wäre, wenn Friedrich Wilhelm IV. von
Preußen als erwählter „Kaiser der Deutschen" seinen Einzug in der alten
Krönungsstadt Frankfurt gehalten hätte. Und doch lehrt gerade der Vergleich
zwischen dem Schicksal dieser beiden Brüder mit erschütternder Klarheit, daß
sich auch die scheinbar selbstverständlichsten Dinge nicht von selber vollziehen,
daß sie das Ergebnis persönlicher Willensakte sind, denn nicht Ideen und
dunkle Triebe, sondern Männer machen die Geschichte. Während jener Sturm¬
jahre 1848/49 gab es mehrere Zeitpunkte, wo es nur des rechten Mannes an
der rechten Stelle bedurft hätte, um das klar erkannte Ziel der Besten unsrer
Nation zu erreichen. Aber der einzige Mann, dessen Wille der Bewegung die
rechten Bahnen anweisen konnte, Friedrich Wilhelm IV.. versagte sich ihr, weil
sich sein ganzes Wesen dagegen aufbäumte, und nur deshalb scheiterte sie.
Wer hätte dagegen gemeint, daß aus der Verbitterung des preußischen „Konflikts."
aus dem verblendeten Preußenhaß im deutschen Süden, allen liberalen Theorien
und Erwartungen und einer scheinbar übermächtigen Strömung zum Trotz,
der stolze Staatsbäu hervorgehen würde, der sich vier Jahre später zum deut¬
schen Reiche erweiterte! Aber Männer, ganze Männer waren an der Arbeit
und standen an der richtigen Stelle. Ein greiser König von schlichtem, klarem Ver-
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