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Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Viertes Vierteljahr.

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Die Publikationen der Vereinigung der Kunstfreunde

Verfahren, wie der Radirung, mich mit einer gewissen malerischen Wirkung,
aber ans das, was den größten Reiz des Bildes ausmacht, auf die Farbe,
mußte er verzichten. Und doch liegt bei vielen Bildern die Wirkung so aus¬
schließlich in der Farbe, daß eine einfarbige Wiedergabe überhaupt nichts
wiedergiebt.

Da scheint es uns nun ein großes Ereignis zu sein, daß die Technik
Mittel und Wege gefunden hat, nicht nur absolute Sicherheit in der Wieder¬
gabe der Zeichnung zu erreiche", sondern dazu auch die Farbenwirkung des
Originals wiederzugeben, durch Lichtdruck farbige Bilder herzustellen, und zwar
in fast unbegrenzter Zahl und zu billigem Preise. Wir haben schon hin und
wieder auf Erscheinungen aufmerksam gemacht, die diesem Ziele zustrebten; in
diesen Veröffentlichungen der Nationalgalerie aber wird nun wirklich geboten,
und zwar in größerm Umfange, was man verlangen kann und darf. Es sei
gleich darauf hingewiesen, daß man natürlich nie das Werk selbst durch eine
solche Wiedergabe verdoppeln oder vervielfältigen kann. Wenn sie auch so treu
ist, daß sie manchmal sogar den Pinselstrich des Malers erkennen laßt, so
liegt es doch schon in dem Umstände, daß in den meisten Fällen das Format
in der Wiedergabe bedeutend verkleinert werden muß, und überhaupt in der
mechanischen Herstellung begründet, daß nicht jede Farbenwirkung des Originals
erreicht werden kann; wie das Bild verkleinert wird, so muß auch die Farben-
Wirkung entsprechend reduzirt werden. Außerdem wird selbstverständlich nie¬
mals die Feinheit und Zierlichkeit der Pinselführung und die Leuchtkraft z. B.
eines Simmschen oder Fagerliuschen Kleingemäldes durch ein Verfahren erreicht
werden können, das die Farben, und zwar eine beschränkte Farbenskala mechanisch
durch Druckplatten auseinanderlegt. Aber so etwas wird anch kein Vernünftiger
verlangen. Es kann nie darauf ankommen, das Bild selbst in der Wiederholung
haben zu wollen, sondern nur ein Bild des Bildes, den ungefähren Eindruck.
Und den geben diese durch das Trvitzschische Verfahren und seine Anstalt her¬
gestellten Drucke in einem Maße, wie man es nur wünschen kann. Besonders
Bilder von zarter Färbung, wie z. V. das von Raupp: Mutter und Kind im
Boote ("Friede"), gelingen geradezu entzückend, ebenso schön aber auch z. B. die
tiefe und satte Farbenstimmung eines Bildes wie das Kinderfest von Kraus.
Solche Blätter zu besitzen, ist eine große Freude, und man kann sie sich für
verhältnismäßig wenig Geld bereiten. Nur eins wäre noch als wünschenswert
zu bezeichnen: daß noch etwas mehr Abwechslung in die Schattentöne käme.
Hat man eine größere Anzahl Blätter nebeneinanderliegen, so drängt sich die
Beobachtung auf, daß gewisse Farben und Töne durch alle Blätter durch¬
gehen. Das liegt ja an der mechanischen Reproduktion und insbesondre daran,
daß man, wie es scheint, eine ganz schwarze Platte für die Zeichnung noch
nicht entbehren kann. Vielleicht wird man Mittel finden, auch das noch zu
umgehen. Bei dem einzelnen Blatt ist es übrigens selten auffällig.


Die Publikationen der Vereinigung der Kunstfreunde

Verfahren, wie der Radirung, mich mit einer gewissen malerischen Wirkung,
aber ans das, was den größten Reiz des Bildes ausmacht, auf die Farbe,
mußte er verzichten. Und doch liegt bei vielen Bildern die Wirkung so aus¬
schließlich in der Farbe, daß eine einfarbige Wiedergabe überhaupt nichts
wiedergiebt.

Da scheint es uns nun ein großes Ereignis zu sein, daß die Technik
Mittel und Wege gefunden hat, nicht nur absolute Sicherheit in der Wieder¬
gabe der Zeichnung zu erreiche», sondern dazu auch die Farbenwirkung des
Originals wiederzugeben, durch Lichtdruck farbige Bilder herzustellen, und zwar
in fast unbegrenzter Zahl und zu billigem Preise. Wir haben schon hin und
wieder auf Erscheinungen aufmerksam gemacht, die diesem Ziele zustrebten; in
diesen Veröffentlichungen der Nationalgalerie aber wird nun wirklich geboten,
und zwar in größerm Umfange, was man verlangen kann und darf. Es sei
gleich darauf hingewiesen, daß man natürlich nie das Werk selbst durch eine
solche Wiedergabe verdoppeln oder vervielfältigen kann. Wenn sie auch so treu
ist, daß sie manchmal sogar den Pinselstrich des Malers erkennen laßt, so
liegt es doch schon in dem Umstände, daß in den meisten Fällen das Format
in der Wiedergabe bedeutend verkleinert werden muß, und überhaupt in der
mechanischen Herstellung begründet, daß nicht jede Farbenwirkung des Originals
erreicht werden kann; wie das Bild verkleinert wird, so muß auch die Farben-
Wirkung entsprechend reduzirt werden. Außerdem wird selbstverständlich nie¬
mals die Feinheit und Zierlichkeit der Pinselführung und die Leuchtkraft z. B.
eines Simmschen oder Fagerliuschen Kleingemäldes durch ein Verfahren erreicht
werden können, das die Farben, und zwar eine beschränkte Farbenskala mechanisch
durch Druckplatten auseinanderlegt. Aber so etwas wird anch kein Vernünftiger
verlangen. Es kann nie darauf ankommen, das Bild selbst in der Wiederholung
haben zu wollen, sondern nur ein Bild des Bildes, den ungefähren Eindruck.
Und den geben diese durch das Trvitzschische Verfahren und seine Anstalt her¬
gestellten Drucke in einem Maße, wie man es nur wünschen kann. Besonders
Bilder von zarter Färbung, wie z. V. das von Raupp: Mutter und Kind im
Boote („Friede"), gelingen geradezu entzückend, ebenso schön aber auch z. B. die
tiefe und satte Farbenstimmung eines Bildes wie das Kinderfest von Kraus.
Solche Blätter zu besitzen, ist eine große Freude, und man kann sie sich für
verhältnismäßig wenig Geld bereiten. Nur eins wäre noch als wünschenswert
zu bezeichnen: daß noch etwas mehr Abwechslung in die Schattentöne käme.
Hat man eine größere Anzahl Blätter nebeneinanderliegen, so drängt sich die
Beobachtung auf, daß gewisse Farben und Töne durch alle Blätter durch¬
gehen. Das liegt ja an der mechanischen Reproduktion und insbesondre daran,
daß man, wie es scheint, eine ganz schwarze Platte für die Zeichnung noch
nicht entbehren kann. Vielleicht wird man Mittel finden, auch das noch zu
umgehen. Bei dem einzelnen Blatt ist es übrigens selten auffällig.


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[0336] Die Publikationen der Vereinigung der Kunstfreunde Verfahren, wie der Radirung, mich mit einer gewissen malerischen Wirkung, aber ans das, was den größten Reiz des Bildes ausmacht, auf die Farbe, mußte er verzichten. Und doch liegt bei vielen Bildern die Wirkung so aus¬ schließlich in der Farbe, daß eine einfarbige Wiedergabe überhaupt nichts wiedergiebt. Da scheint es uns nun ein großes Ereignis zu sein, daß die Technik Mittel und Wege gefunden hat, nicht nur absolute Sicherheit in der Wieder¬ gabe der Zeichnung zu erreiche», sondern dazu auch die Farbenwirkung des Originals wiederzugeben, durch Lichtdruck farbige Bilder herzustellen, und zwar in fast unbegrenzter Zahl und zu billigem Preise. Wir haben schon hin und wieder auf Erscheinungen aufmerksam gemacht, die diesem Ziele zustrebten; in diesen Veröffentlichungen der Nationalgalerie aber wird nun wirklich geboten, und zwar in größerm Umfange, was man verlangen kann und darf. Es sei gleich darauf hingewiesen, daß man natürlich nie das Werk selbst durch eine solche Wiedergabe verdoppeln oder vervielfältigen kann. Wenn sie auch so treu ist, daß sie manchmal sogar den Pinselstrich des Malers erkennen laßt, so liegt es doch schon in dem Umstände, daß in den meisten Fällen das Format in der Wiedergabe bedeutend verkleinert werden muß, und überhaupt in der mechanischen Herstellung begründet, daß nicht jede Farbenwirkung des Originals erreicht werden kann; wie das Bild verkleinert wird, so muß auch die Farben- Wirkung entsprechend reduzirt werden. Außerdem wird selbstverständlich nie¬ mals die Feinheit und Zierlichkeit der Pinselführung und die Leuchtkraft z. B. eines Simmschen oder Fagerliuschen Kleingemäldes durch ein Verfahren erreicht werden können, das die Farben, und zwar eine beschränkte Farbenskala mechanisch durch Druckplatten auseinanderlegt. Aber so etwas wird anch kein Vernünftiger verlangen. Es kann nie darauf ankommen, das Bild selbst in der Wiederholung haben zu wollen, sondern nur ein Bild des Bildes, den ungefähren Eindruck. Und den geben diese durch das Trvitzschische Verfahren und seine Anstalt her¬ gestellten Drucke in einem Maße, wie man es nur wünschen kann. Besonders Bilder von zarter Färbung, wie z. V. das von Raupp: Mutter und Kind im Boote („Friede"), gelingen geradezu entzückend, ebenso schön aber auch z. B. die tiefe und satte Farbenstimmung eines Bildes wie das Kinderfest von Kraus. Solche Blätter zu besitzen, ist eine große Freude, und man kann sie sich für verhältnismäßig wenig Geld bereiten. Nur eins wäre noch als wünschenswert zu bezeichnen: daß noch etwas mehr Abwechslung in die Schattentöne käme. Hat man eine größere Anzahl Blätter nebeneinanderliegen, so drängt sich die Beobachtung auf, daß gewisse Farben und Töne durch alle Blätter durch¬ gehen. Das liegt ja an der mechanischen Reproduktion und insbesondre daran, daß man, wie es scheint, eine ganz schwarze Platte für die Zeichnung noch nicht entbehren kann. Vielleicht wird man Mittel finden, auch das noch zu umgehen. Bei dem einzelnen Blatt ist es übrigens selten auffällig.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341861_220975/336>, abgerufen am 29.06.2024.