Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Viertes Vierteljahr.Lukas Lranachs Holzschnitte und Rnpferstiche undatirten Blätter stammen unzweifelhaft alle aus dieser Zeit; der Herausgeber Die Blätter sind aber nicht nur sämtlich aus der besten Zeit Cranachs, Von allen diesen Arten mit ihren mannichfaltigen Zwischenarten sind uns Lukas Lranachs Holzschnitte und Rnpferstiche undatirten Blätter stammen unzweifelhaft alle aus dieser Zeit; der Herausgeber Die Blätter sind aber nicht nur sämtlich aus der besten Zeit Cranachs, Von allen diesen Arten mit ihren mannichfaltigen Zwischenarten sind uns <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0295" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/221271"/> <fw type="header" place="top"> Lukas Lranachs Holzschnitte und Rnpferstiche</fw><lb/> <p xml:id="ID_925" prev="#ID_924"> undatirten Blätter stammen unzweifelhaft alle aus dieser Zeit; der Herausgeber<lb/> wird sie wohl im wesentlichen richtig zwischen die datirten verteilt haben.</p><lb/> <p xml:id="ID_926"> Die Blätter sind aber nicht nur sämtlich aus der besten Zeit Cranachs,<lb/> die Holzschnitte sind auch sicher größtenteils von ihm selbst geschnitten. Es<lb/> ist ja lange eine Streitsrage gewesen, ob die alten deutschen Meister ihre Zeich¬<lb/> nungen selbst in Holz geschnitten haben; manche haben das lebhaft bestritten.<lb/> Gegenwärtig ist man wohl allgemein zu der Überzeugung gekommen, daß wir<lb/> unter den alten Holzschnitten, was den Anteil des erfindenden Künstlers be¬<lb/> trifft, verschiedne Arten zu unterscheiden haben, und zwar folgende: 1. der<lb/> Künstler hat sein Bild selbst auf den Holzstock gezeichnet und auch geschnitten;<lb/> 2. der Künstler hat sein Bild selbst auf den Holzstock gezeichnet, aber das<lb/> Schneiden einem gewerbsmäßigen Formschneider überlassen; 3. der Künstler<lb/> hat sein Bild nur auf Papier gezeichnet und dem Formschneider nicht bloß<lb/> das Schneiden, sondern auch die Umzeichnung auf den Holzstock überlassen.<lb/> Im ersten Falle haben wir, wie bei dem Malerkupferstich oder der Maler-<lb/> rndirung, eine vollständige Originalarbeit des Künstlers vor uns, es müßte<lb/> denn sein, daß der Künstler im Holzschneiden nicht geübt gewesen wäre und<lb/> seine Zeichnung selbst verdorben hätte. Auch im zweiten Falle können wir noch<lb/> eine vollständige Originalarbeit des Künstlers vor uns haben, vorausgesetzt,<lb/> daß der Formschneider geübt war, daß er dem Zeichner nachzufühlen ver¬<lb/> standen, und daß er gewissenhaft gearbeitet hat; es kann aber auch schon manches<lb/> von dem Original verloren gegangen sein. Im dritten Falle wird diese Gefahr<lb/> noch größer, am größten, wenn der erfindende Künstler nicht verstanden hat<lb/> oder keine Lust gehabt hat, für die Technik des Holzschnitts zu zeichnen, der<lb/> Formschneider also beim Umzeichnen das Bild zugleich in die Technik des<lb/> Holzschnitts hat übersetzen müssen, oder gar wenn der Künstler nur eine Skizze<lb/> geliefert und die Ausführung dem Formschneider überlassen hat; in solchen<lb/> Fälle» braucht von dem Original nicht mehr viel übrig geblieben zu sein.</p><lb/> <p xml:id="ID_927" next="#ID_928"> Von allen diesen Arten mit ihren mannichfaltigen Zwischenarten sind uns<lb/> unter den Holzschnitten des fünfzehnten und sechzehnten Jahrhunderts gewiß<lb/> zahlreiche Proben erhalten, auch von der ersten Art. Daß Künstler wie Dürer<lb/> und Cranach imstande gewesen sind, ihre Bilder selbst zu schneiden, kann gar<lb/> nicht bezweifelt werden. Ebenso wenig, daß ihnen alles daran gelegen sein mußte,<lb/> Bilder, die als Einzelblätter, also als selbständige Kunstwerke in den Handel<lb/> kamen, nicht durch fremde Hände verderben zu lassen. Wir dürfen nicht glauben,<lb/> daß den alten Meistern das Schneiden als Nebensache, als etwas handwerks¬<lb/> mäßiges erschienen sei; das eigenhändige Schneiden in Holz stand ihnen so<lb/> hoch und war ihnen so wichtig wie das eigenhändige Stechen. Erst als der<lb/> Massenbedarf an illustrirten Büchern entstand, mußten die'Zeichner das Schneiden<lb/> wehr und mehr aufgeben und den gewerbsmäßigen Formschneidern überlassen.<lb/> Urkundliche Zeugnisse haben wir freilich weder dafür, daß Cranach einmal</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0295]
Lukas Lranachs Holzschnitte und Rnpferstiche
undatirten Blätter stammen unzweifelhaft alle aus dieser Zeit; der Herausgeber
wird sie wohl im wesentlichen richtig zwischen die datirten verteilt haben.
Die Blätter sind aber nicht nur sämtlich aus der besten Zeit Cranachs,
die Holzschnitte sind auch sicher größtenteils von ihm selbst geschnitten. Es
ist ja lange eine Streitsrage gewesen, ob die alten deutschen Meister ihre Zeich¬
nungen selbst in Holz geschnitten haben; manche haben das lebhaft bestritten.
Gegenwärtig ist man wohl allgemein zu der Überzeugung gekommen, daß wir
unter den alten Holzschnitten, was den Anteil des erfindenden Künstlers be¬
trifft, verschiedne Arten zu unterscheiden haben, und zwar folgende: 1. der
Künstler hat sein Bild selbst auf den Holzstock gezeichnet und auch geschnitten;
2. der Künstler hat sein Bild selbst auf den Holzstock gezeichnet, aber das
Schneiden einem gewerbsmäßigen Formschneider überlassen; 3. der Künstler
hat sein Bild nur auf Papier gezeichnet und dem Formschneider nicht bloß
das Schneiden, sondern auch die Umzeichnung auf den Holzstock überlassen.
Im ersten Falle haben wir, wie bei dem Malerkupferstich oder der Maler-
rndirung, eine vollständige Originalarbeit des Künstlers vor uns, es müßte
denn sein, daß der Künstler im Holzschneiden nicht geübt gewesen wäre und
seine Zeichnung selbst verdorben hätte. Auch im zweiten Falle können wir noch
eine vollständige Originalarbeit des Künstlers vor uns haben, vorausgesetzt,
daß der Formschneider geübt war, daß er dem Zeichner nachzufühlen ver¬
standen, und daß er gewissenhaft gearbeitet hat; es kann aber auch schon manches
von dem Original verloren gegangen sein. Im dritten Falle wird diese Gefahr
noch größer, am größten, wenn der erfindende Künstler nicht verstanden hat
oder keine Lust gehabt hat, für die Technik des Holzschnitts zu zeichnen, der
Formschneider also beim Umzeichnen das Bild zugleich in die Technik des
Holzschnitts hat übersetzen müssen, oder gar wenn der Künstler nur eine Skizze
geliefert und die Ausführung dem Formschneider überlassen hat; in solchen
Fälle» braucht von dem Original nicht mehr viel übrig geblieben zu sein.
Von allen diesen Arten mit ihren mannichfaltigen Zwischenarten sind uns
unter den Holzschnitten des fünfzehnten und sechzehnten Jahrhunderts gewiß
zahlreiche Proben erhalten, auch von der ersten Art. Daß Künstler wie Dürer
und Cranach imstande gewesen sind, ihre Bilder selbst zu schneiden, kann gar
nicht bezweifelt werden. Ebenso wenig, daß ihnen alles daran gelegen sein mußte,
Bilder, die als Einzelblätter, also als selbständige Kunstwerke in den Handel
kamen, nicht durch fremde Hände verderben zu lassen. Wir dürfen nicht glauben,
daß den alten Meistern das Schneiden als Nebensache, als etwas handwerks¬
mäßiges erschienen sei; das eigenhändige Schneiden in Holz stand ihnen so
hoch und war ihnen so wichtig wie das eigenhändige Stechen. Erst als der
Massenbedarf an illustrirten Büchern entstand, mußten die'Zeichner das Schneiden
wehr und mehr aufgeben und den gewerbsmäßigen Formschneidern überlassen.
Urkundliche Zeugnisse haben wir freilich weder dafür, daß Cranach einmal
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |