Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Drittes Vierteljahr.Zur Kenntnis der englischen Weltpolitik so tief gefallen, die Löhne aber nicht entsprechend gestiegen waren. Der Steuer¬ Ein ganz wunder Punkt der indischen Finanzen ist die Opiumsteuer. Neben Zur Kenntnis der englischen Weltpolitik so tief gefallen, die Löhne aber nicht entsprechend gestiegen waren. Der Steuer¬ Ein ganz wunder Punkt der indischen Finanzen ist die Opiumsteuer. Neben <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0510" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/220836"/> <fw type="header" place="top"> Zur Kenntnis der englischen Weltpolitik</fw><lb/> <p xml:id="ID_1994" prev="#ID_1993"> so tief gefallen, die Löhne aber nicht entsprechend gestiegen waren. Der Steuer¬<lb/> zahler empfand auch im Anfang nichts von den Schwierigkeiten, mit denen die<lb/> Negierung kämpfte, die ihre Schulden in England nach Goldwert mit dem ge-<lb/> sunknen Silber zahlte. Aber bald brauchte diese immer mehr Silber. Die<lb/> günstige Gelegenheit, für Gold mehr als anderthalbmal soviel indische Arbeit<lb/> zu kaufen als früher, kann nicht vollständig ausgenützt werden, weil die Zinsen<lb/> jedes Gvldcmleihens doch wieder in Silber nach England fließen. Dies ist<lb/> die Hauptursache des Stillstands der öffentlichen Arbeiten in Indien, wo doch<lb/> die gewaltige Ungleichheit in der Verteilung der Verkehrswege zu baldiger<lb/> Ausfüllung der Lücken führen sollte. Militärische, politische und Notstands¬<lb/> rücksichten zusammen haben es fertig gebracht, daß in dem fruchtbaren, fleißigen<lb/> Bengalen eine englische Meile Eisenbahn aus 29000, in dem wirtschaftlich sehr<lb/> viel unbedeutendem Pendschab eine auf 11000 Menschen kommt. Nur das ge-<lb/> werb- und weizenreiche Bombay hat den entsprechenden Anteil von 1 auf<lb/> 7000 Einwohner. Die Schwierigkeiten der Finanzlage haben Indiens Ver¬<lb/> kehrswesen in den letzten Jahren nur langsame Fortschritte machen lassen.<lb/> Der Bericht über die Eisenbahnen für 1893/94 weist nur 452 englische Meilen<lb/> Neuanlagen nach. Seit kurzem hat England seine eignen Dollars oder Pesos,<lb/> von denen in Indien zunächst fünf Millionen für die Straits settlements, Nord-<lb/> borneo, Labuan und Hongkong geprägt worden sind. Sie werden die mexika¬<lb/> nischen Pesos und die japanischen Jen (— 4 Mark), vielleicht auch die aus<lb/> Nordamerika eingeführten Silberbarren ersetzen. Die nächsten Ursachen dieser<lb/> Neuerung sind die Schließung der indischen Münzstätten infolge des Sinkens des<lb/> Silberpreises 1893, der spärliche Zufluß mexikanischer Dollars, verursacht durch<lb/> das Darniederliegen der Silberbergwerke in Mexiko und des Übergangs dieses<lb/> Landes zu andern Ausführen, die an die Stelle des Silbers treten, die Hem¬<lb/> mung der Ausfuhr japanischer Silbermünzen durch den chinesisch-japanischen<lb/> Krieg. Der tiefere Grund ist aber die Aussicht auf einen steigenden Bedarf<lb/> an Silbermünzen, der sich mit dem Eintritt ruhigerer Zeiten in Ostasien und<lb/> der zu hoffenden Erschließung Chinas, besonders Südchinas, für den aus¬<lb/> wärtigen Handel geltend machen muß.</p><lb/> <p xml:id="ID_1995" next="#ID_1996"> Ein ganz wunder Punkt der indischen Finanzen ist die Opiumsteuer. Neben<lb/> der Grundsteuer und dem Salzmonopol ist sie die Säule, auf der das indische<lb/> Gebäude ruht. Die Fabrikation des Opiums ist Monopol der Regierung, die<lb/> das Gift besonders in Benares und Patna bereiten läßt. Die Einfuhr des<lb/> in den Eingebornenstaaten gewonnenen Opiums ist mit hohen Zöllen belegt.<lb/> Der Genuß des Opiums greift immer weiter um sich und trägt hier wie<lb/> in China, wo 1893 für 150 Millionen Mark indisches Opium eingeführt<lb/> wurde, sicherlich zur Entnervung des Volks bei. Indisches Opium ist der<lb/> zweite Gegenstand auf der Einfnhrliste Chinas. Was wunder, wenn sich bei<lb/> vielen das Gewissen regt! Wenn sogar ein hoher Beamter, Sir Charles</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0510]
Zur Kenntnis der englischen Weltpolitik
so tief gefallen, die Löhne aber nicht entsprechend gestiegen waren. Der Steuer¬
zahler empfand auch im Anfang nichts von den Schwierigkeiten, mit denen die
Negierung kämpfte, die ihre Schulden in England nach Goldwert mit dem ge-
sunknen Silber zahlte. Aber bald brauchte diese immer mehr Silber. Die
günstige Gelegenheit, für Gold mehr als anderthalbmal soviel indische Arbeit
zu kaufen als früher, kann nicht vollständig ausgenützt werden, weil die Zinsen
jedes Gvldcmleihens doch wieder in Silber nach England fließen. Dies ist
die Hauptursache des Stillstands der öffentlichen Arbeiten in Indien, wo doch
die gewaltige Ungleichheit in der Verteilung der Verkehrswege zu baldiger
Ausfüllung der Lücken führen sollte. Militärische, politische und Notstands¬
rücksichten zusammen haben es fertig gebracht, daß in dem fruchtbaren, fleißigen
Bengalen eine englische Meile Eisenbahn aus 29000, in dem wirtschaftlich sehr
viel unbedeutendem Pendschab eine auf 11000 Menschen kommt. Nur das ge-
werb- und weizenreiche Bombay hat den entsprechenden Anteil von 1 auf
7000 Einwohner. Die Schwierigkeiten der Finanzlage haben Indiens Ver¬
kehrswesen in den letzten Jahren nur langsame Fortschritte machen lassen.
Der Bericht über die Eisenbahnen für 1893/94 weist nur 452 englische Meilen
Neuanlagen nach. Seit kurzem hat England seine eignen Dollars oder Pesos,
von denen in Indien zunächst fünf Millionen für die Straits settlements, Nord-
borneo, Labuan und Hongkong geprägt worden sind. Sie werden die mexika¬
nischen Pesos und die japanischen Jen (— 4 Mark), vielleicht auch die aus
Nordamerika eingeführten Silberbarren ersetzen. Die nächsten Ursachen dieser
Neuerung sind die Schließung der indischen Münzstätten infolge des Sinkens des
Silberpreises 1893, der spärliche Zufluß mexikanischer Dollars, verursacht durch
das Darniederliegen der Silberbergwerke in Mexiko und des Übergangs dieses
Landes zu andern Ausführen, die an die Stelle des Silbers treten, die Hem¬
mung der Ausfuhr japanischer Silbermünzen durch den chinesisch-japanischen
Krieg. Der tiefere Grund ist aber die Aussicht auf einen steigenden Bedarf
an Silbermünzen, der sich mit dem Eintritt ruhigerer Zeiten in Ostasien und
der zu hoffenden Erschließung Chinas, besonders Südchinas, für den aus¬
wärtigen Handel geltend machen muß.
Ein ganz wunder Punkt der indischen Finanzen ist die Opiumsteuer. Neben
der Grundsteuer und dem Salzmonopol ist sie die Säule, auf der das indische
Gebäude ruht. Die Fabrikation des Opiums ist Monopol der Regierung, die
das Gift besonders in Benares und Patna bereiten läßt. Die Einfuhr des
in den Eingebornenstaaten gewonnenen Opiums ist mit hohen Zöllen belegt.
Der Genuß des Opiums greift immer weiter um sich und trägt hier wie
in China, wo 1893 für 150 Millionen Mark indisches Opium eingeführt
wurde, sicherlich zur Entnervung des Volks bei. Indisches Opium ist der
zweite Gegenstand auf der Einfnhrliste Chinas. Was wunder, wenn sich bei
vielen das Gewissen regt! Wenn sogar ein hoher Beamter, Sir Charles
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