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Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Drittes Vierteljahr.

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Brasilien

karische Geist noch lebendig war. Endlich our die Persönlichkeit Johanns VI.
den Brasilianern nicht sympathisch. Einer der Minister von Brasilien, Sal¬
vador de Mendonea, macht über Johann VI. die bissige Bemerkung: ils >og.s
g. vovg.ra1^ xrinoe-, vllo8ö elliel ol^irr to äistinotion pas eilf uuirivizr ok
roast olüolcsus, ils als Ä-Z-it^, vitiis Isg-vinss ddo ckirsotion ok xotitio^l "Mirs
to dis vno. 1821 ging Johann VI. wieder nach Portugal und ließ seinen
Sohn Pedro zurück. Die Cortes in Lissabon versuchte aufs rücksichtsloseste,
den alten Abhängigkeitsstand Brasiliens von Portugal wieder herzustellen, und
nötigte dem Prinzen Pedro eine Entscheidung darüber auf, ob er sich fügen
oder seiner Erbansprnche und der Thronfolge in Portugal verlustig gehen
wolle. So stieg die Erregung in Brasilien immer mehr. Es kam zu blutigen
Zusammenstößen brasilianischer Truppen mit den portugiesischen, die trotz aller
Aufforderungen nicht aus dem Lande zurückgezogen wurden. Der Wunsch, sich
von Portugal loszureißen, wurde immer dringender. Da gab der Prinz den
Gedanken einer Personalunion zwischen beiden Ländern, den er bis dahin
immer noch festgehalten hatte, auf und bestieg am 1. Dezember 1822 den
Thron des zum selbständigen Kaiserreich erklärten Brasiliens als Dom Pedro I.
Die portugiesischen Truppen wurden mit englischer Hilfe gewaltsam aus dem
Lande entfernt, und Portugal sah sich genötigt (abermals auf Betreiben Eng¬
lands), 1825 den stat-us anzuerkennen. Pedro I. hatte vor seiner Thronbestei¬
gung das Versprechen gegeben, mit einer Volksvertretung nach einer Verfassung
zu regieren, trieb jedoch nachher die zur Festsetzung einer Verfassung ge¬
wühlte Versammlung mit Waffengewalt aus einander und nötigte dem Lande
eine Verfassung auf, die dem Herrscher eine die Rechte des Volks weit über¬
steigende Gewalt gab. Mendonea sagt von ihm: no ZovsrnsÄ Lrg.Al vnd.
ins Wurv only vvitb vQivll ils ärovs Iris oarrig.A<z norsss, ana vllo8"z laslr
vu.8 mors tNM onvö 1"z1t tds xrö88. Das Volk zwang ihn, am 7. April
1831 abzudanken zu Gunsten seines noch nicht sechsjährigen Sohnes, für den
eine Regentschaft zehn Jahre die Regierung führte und während dieser Zeit
die konstitutionelle Freiheit des Volks förderte.

Vom Jahre 1841 an regierte Dom Pedro II. selbständig. Er drängte
den Einfluß, den die liberale Partei unter der Regentschaft erlangt hatte,
zurück, indem er sich mehr an die Konservativen anlehnte, und hatte stets das
Wohl des Landes im Auge. Von bedeutenden Männern unterstützt, gelang
es ihm, die Aufhebung der Sklaverei durchzusetzen. Der Presse gewährte er
die größte Freiheit. Unterdessen wurden aber die republikanischen Strömungen
immer stärker. 1369 begann eine planmäßige republikanische Agitation, indem sich
von der liberalen Partei eine republikanische Gruppe absonderte, und verteidigte
gwanzig Jahre lang mit Zähigkeit ihre Forderungen, die auch keineswegs utopisch
waren. Man erstrebte die allmähliche Herbeiführung der Republik durch Wahl¬
akte; im Parlament und durch das Parlament sollte die Verfassung in republi-


Brasilien

karische Geist noch lebendig war. Endlich our die Persönlichkeit Johanns VI.
den Brasilianern nicht sympathisch. Einer der Minister von Brasilien, Sal¬
vador de Mendonea, macht über Johann VI. die bissige Bemerkung: ils >og.s
g. vovg.ra1^ xrinoe-, vllo8ö elliel ol^irr to äistinotion pas eilf uuirivizr ok
roast olüolcsus, ils als Ä-Z-it^, vitiis Isg-vinss ddo ckirsotion ok xotitio^l »Mirs
to dis vno. 1821 ging Johann VI. wieder nach Portugal und ließ seinen
Sohn Pedro zurück. Die Cortes in Lissabon versuchte aufs rücksichtsloseste,
den alten Abhängigkeitsstand Brasiliens von Portugal wieder herzustellen, und
nötigte dem Prinzen Pedro eine Entscheidung darüber auf, ob er sich fügen
oder seiner Erbansprnche und der Thronfolge in Portugal verlustig gehen
wolle. So stieg die Erregung in Brasilien immer mehr. Es kam zu blutigen
Zusammenstößen brasilianischer Truppen mit den portugiesischen, die trotz aller
Aufforderungen nicht aus dem Lande zurückgezogen wurden. Der Wunsch, sich
von Portugal loszureißen, wurde immer dringender. Da gab der Prinz den
Gedanken einer Personalunion zwischen beiden Ländern, den er bis dahin
immer noch festgehalten hatte, auf und bestieg am 1. Dezember 1822 den
Thron des zum selbständigen Kaiserreich erklärten Brasiliens als Dom Pedro I.
Die portugiesischen Truppen wurden mit englischer Hilfe gewaltsam aus dem
Lande entfernt, und Portugal sah sich genötigt (abermals auf Betreiben Eng¬
lands), 1825 den stat-us anzuerkennen. Pedro I. hatte vor seiner Thronbestei¬
gung das Versprechen gegeben, mit einer Volksvertretung nach einer Verfassung
zu regieren, trieb jedoch nachher die zur Festsetzung einer Verfassung ge¬
wühlte Versammlung mit Waffengewalt aus einander und nötigte dem Lande
eine Verfassung auf, die dem Herrscher eine die Rechte des Volks weit über¬
steigende Gewalt gab. Mendonea sagt von ihm: no ZovsrnsÄ Lrg.Al vnd.
ins Wurv only vvitb vQivll ils ärovs Iris oarrig.A<z norsss, ana vllo8«z laslr
vu.8 mors tNM onvö 1«z1t tds xrö88. Das Volk zwang ihn, am 7. April
1831 abzudanken zu Gunsten seines noch nicht sechsjährigen Sohnes, für den
eine Regentschaft zehn Jahre die Regierung führte und während dieser Zeit
die konstitutionelle Freiheit des Volks förderte.

Vom Jahre 1841 an regierte Dom Pedro II. selbständig. Er drängte
den Einfluß, den die liberale Partei unter der Regentschaft erlangt hatte,
zurück, indem er sich mehr an die Konservativen anlehnte, und hatte stets das
Wohl des Landes im Auge. Von bedeutenden Männern unterstützt, gelang
es ihm, die Aufhebung der Sklaverei durchzusetzen. Der Presse gewährte er
die größte Freiheit. Unterdessen wurden aber die republikanischen Strömungen
immer stärker. 1369 begann eine planmäßige republikanische Agitation, indem sich
von der liberalen Partei eine republikanische Gruppe absonderte, und verteidigte
gwanzig Jahre lang mit Zähigkeit ihre Forderungen, die auch keineswegs utopisch
waren. Man erstrebte die allmähliche Herbeiführung der Republik durch Wahl¬
akte; im Parlament und durch das Parlament sollte die Verfassung in republi-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341861_220325/411>, abgerufen am 25.06.2024.