Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Drittes Vierteljahr.Der erste Beste Wissen Sie nichts Lustigeres, Scholz? fragte jetzt der Hausherr in eine Scholz lachte auf. Ich will mirs merken, versetzte er, Wenns mit der begann er mit wenig Stimme, im gleichmütigen Erzählerton, Lächelnd, sprühend von Sarkasmus, setzte er zum zweite" Verse ein: Das letzte kam spöttisch mitleidig, etwas zögernd heraus, von einem Als Hans kaum den letzten Akkord angeschlagen hatte, brach ein Sturm Großartig haben Sie das gesungen! So witzig! So dramatisch! rief Sie haben schon wieder Ihren Beruf verfehlt, Scholz, sagte Sternfeldt. An Abwechslung also wird mirs nicht fehlen, erwiderte er lustig. Aber Wer kennt die nicht, sagte irgend jemand, da Margarete nicht antwortete. Und dann die Sache mit dem Jüngling, fuhr Scholz in strahlender Der erste Beste Wissen Sie nichts Lustigeres, Scholz? fragte jetzt der Hausherr in eine Scholz lachte auf. Ich will mirs merken, versetzte er, Wenns mit der begann er mit wenig Stimme, im gleichmütigen Erzählerton, Lächelnd, sprühend von Sarkasmus, setzte er zum zweite» Verse ein: Das letzte kam spöttisch mitleidig, etwas zögernd heraus, von einem Als Hans kaum den letzten Akkord angeschlagen hatte, brach ein Sturm Großartig haben Sie das gesungen! So witzig! So dramatisch! rief Sie haben schon wieder Ihren Beruf verfehlt, Scholz, sagte Sternfeldt. An Abwechslung also wird mirs nicht fehlen, erwiderte er lustig. Aber Wer kennt die nicht, sagte irgend jemand, da Margarete nicht antwortete. Und dann die Sache mit dem Jüngling, fuhr Scholz in strahlender <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0247" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/220573"/> <fw type="header" place="top"> Der erste Beste</fw><lb/> <p xml:id="ID_1013"> Wissen Sie nichts Lustigeres, Scholz? fragte jetzt der Hausherr in eine<lb/> beklommene Pause hinein. Sie machen einen ja kaput mit Ihren Träumen.<lb/> Übrigens habe» Sie Ihren Beruf verfehlt; Sie hätten Sänger werden sollen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1014"> Scholz lachte auf. Ich will mirs merken, versetzte er, Wenns mit der<lb/> Dichterei gar nicht mehr gehen will, dann sattle ich um. — Er war ersicht¬<lb/> lich nervös gereizt. Seine unruhige« Blicke kehrten wiederholt zu Margarete<lb/> zurück, spürten um sie herum, ohne ihren Augen einmal begegne» zu können. —<lb/> Was Lustiges? sagte er jetzt, indem er auf die erste Frage zurückkam. Etwas<lb/> Heimisch Lustiges, o ja. Er blätterte weiter. Hören Sie zu. Wenn Sie »och<lb/> hören wollen — also gut.</p><lb/> <lg xml:id="POEMID_16" type="poem"> <l/> </lg><lb/> <p xml:id="ID_1015"> begann er mit wenig Stimme, im gleichmütigen Erzählerton,</p><lb/> <lg xml:id="POEMID_17" type="poem"> <l/> </lg><lb/> <p xml:id="ID_1016"> Lächelnd, sprühend von Sarkasmus, setzte er zum zweite» Verse ein:</p><lb/> <lg xml:id="POEMID_18" type="poem"> <l/> </lg><lb/> <p xml:id="ID_1017"> Das letzte kam spöttisch mitleidig, etwas zögernd heraus, von einem<lb/> leichten Achselzucken begleitet. Halb spielend, halb wehmütig klang dann noch<lb/> der Schluß von der „alten Geschichte." Unverwandt ruhten dabei seine Angen<lb/> auf Margarete, die blaß und verstört vor sich hin sah.</p><lb/> <p xml:id="ID_1018"> Als Hans kaum den letzten Akkord angeschlagen hatte, brach ein Sturm<lb/> von Beifall los.</p><lb/> <p xml:id="ID_1019"> Großartig haben Sie das gesungen! So witzig! So dramatisch! rief<lb/> mau durch einander.</p><lb/> <p xml:id="ID_1020"> Sie haben schon wieder Ihren Beruf verfehlt, Scholz, sagte Sternfeldt.<lb/> Komödiant hätten Sie werden müssen; auf die Bühne gehören Sie.</p><lb/> <p xml:id="ID_1021"> An Abwechslung also wird mirs nicht fehlen, erwiderte er lustig. Aber<lb/> Sie erweisen mir zu viel Ehre, wenn Sie mich so loben. Das ist Heine<lb/> und Schumann. Wo die zwei sich zusammenthun, da kann kein Dritter so<lb/> leicht etwas verderbe». Ich glaube nicht, daß es noch ein andrer Komponist<lb/> so verstanden hat. Heine in Musik zu setzen, wie Schumann. Sogar den<lb/> Galgenhumor hat er in Töne gebracht. Dieses Lied von dem Mädchen, das<lb/> aus Ärger den ersten besten Mann heiratet, find ich von Anfang bis zu Ende<lb/> unübertrefflich, nicht wahr, gnädige Frau? — Er wandte sich plötzlich zu<lb/> Margarete, der er sich während des Planderns langsam genähert hatte. Die<lb/> Komposition war Ihnen doch bekannt?</p><lb/> <p xml:id="ID_1022"> Wer kennt die nicht, sagte irgend jemand, da Margarete nicht antwortete.<lb/> Sie sah sich mit einem hilflosen Blick nach Fritz um.</p><lb/> <p xml:id="ID_1023"> Und dann die Sache mit dem Jüngling, fuhr Scholz in strahlender<lb/> Heiterkeit fort. „Der Jüngling ist übel dran." Glaub ich. Der ist immer<lb/> übel dran. Besonders, wenn er, was ja auch vorkommen soll, selber nachher<lb/> der erste beste Mann ist, den das arme Mädel aus Ärger genommen hat.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0247]
Der erste Beste
Wissen Sie nichts Lustigeres, Scholz? fragte jetzt der Hausherr in eine
beklommene Pause hinein. Sie machen einen ja kaput mit Ihren Träumen.
Übrigens habe» Sie Ihren Beruf verfehlt; Sie hätten Sänger werden sollen.
Scholz lachte auf. Ich will mirs merken, versetzte er, Wenns mit der
Dichterei gar nicht mehr gehen will, dann sattle ich um. — Er war ersicht¬
lich nervös gereizt. Seine unruhige« Blicke kehrten wiederholt zu Margarete
zurück, spürten um sie herum, ohne ihren Augen einmal begegne» zu können. —
Was Lustiges? sagte er jetzt, indem er auf die erste Frage zurückkam. Etwas
Heimisch Lustiges, o ja. Er blätterte weiter. Hören Sie zu. Wenn Sie »och
hören wollen — also gut.
begann er mit wenig Stimme, im gleichmütigen Erzählerton,
Lächelnd, sprühend von Sarkasmus, setzte er zum zweite» Verse ein:
Das letzte kam spöttisch mitleidig, etwas zögernd heraus, von einem
leichten Achselzucken begleitet. Halb spielend, halb wehmütig klang dann noch
der Schluß von der „alten Geschichte." Unverwandt ruhten dabei seine Angen
auf Margarete, die blaß und verstört vor sich hin sah.
Als Hans kaum den letzten Akkord angeschlagen hatte, brach ein Sturm
von Beifall los.
Großartig haben Sie das gesungen! So witzig! So dramatisch! rief
mau durch einander.
Sie haben schon wieder Ihren Beruf verfehlt, Scholz, sagte Sternfeldt.
Komödiant hätten Sie werden müssen; auf die Bühne gehören Sie.
An Abwechslung also wird mirs nicht fehlen, erwiderte er lustig. Aber
Sie erweisen mir zu viel Ehre, wenn Sie mich so loben. Das ist Heine
und Schumann. Wo die zwei sich zusammenthun, da kann kein Dritter so
leicht etwas verderbe». Ich glaube nicht, daß es noch ein andrer Komponist
so verstanden hat. Heine in Musik zu setzen, wie Schumann. Sogar den
Galgenhumor hat er in Töne gebracht. Dieses Lied von dem Mädchen, das
aus Ärger den ersten besten Mann heiratet, find ich von Anfang bis zu Ende
unübertrefflich, nicht wahr, gnädige Frau? — Er wandte sich plötzlich zu
Margarete, der er sich während des Planderns langsam genähert hatte. Die
Komposition war Ihnen doch bekannt?
Wer kennt die nicht, sagte irgend jemand, da Margarete nicht antwortete.
Sie sah sich mit einem hilflosen Blick nach Fritz um.
Und dann die Sache mit dem Jüngling, fuhr Scholz in strahlender
Heiterkeit fort. „Der Jüngling ist übel dran." Glaub ich. Der ist immer
übel dran. Besonders, wenn er, was ja auch vorkommen soll, selber nachher
der erste beste Mann ist, den das arme Mädel aus Ärger genommen hat.
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