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Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Drittes Vierteljahr.

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Vffizier-, Beamten- und Konsumvereine

zum Verkauf anbieten, da sie in großen Posten beziehen, billiger zu kaufen
als der kleine Handwerker. Sie bezahlen außerdem bar oder mit Wechseln.
Infolge des größern Umsatzes können sie aber auch noch mit geringerm Nutzen
an dem einzelnen Artikel für sich selbst die nötigen Erhaltungskosten be¬
streiten. Sie können auch bei der Mannichfaltigkeit der angebotenen Waren
einen etwaigen Ausfall in einem Artikel leicht auf einen andern, gutgehenden
übertragen. Ein solches Unternehmen ist also nicht nur vorteilhafter, sondern
auch sicherer als das eines einzelnen Handwerkers. Das Publikum merkt
aber bald: hier kaufst du gut, oder hier kaufst du billig, oder es glaubt das
wenigstens und bevorzugt daher solche Geschäfte, statt sich erst mühsam von
der Reellität oder Billigkeit eines kleinen Handwerkers für jede einzelne Ware
zu überzeugen. Der kleine Handwerker, der schon an und für sich die Waren
teurer bezahlen muß, ist aber oft in der Lage, auch noch Kredit in Anspruch
nehmen zu müssen, und ist er erst in einem dauernden Kreditverhältnis, dann
muß er beinahe Ware nehmen, wie sie ihm aufgenötigt wird, und alle Preise
zahlen, die gefordert werden. Dabei erhält er von seinen Abnehmern sehr
oft keine bare Bezahlung, erhält oft späte Bezahlung. Abschlagszahlungen oder
auch gar keine. Auch in diesem Punkte sind die griißern Geschäfte durchgängig
besser gestellt als er. Bei all diesen Erörterungen nehmen wir an, daß diese
Geschäfte in durchaus ehrenhafter Weise ihren Vorteil wahrnehmen. Sie
können das aber auch in sehr wenig ehrenhafter Weise thun. Bei Abnahme
der sür sie zu liefernden Waren können sie außerordentlich auf den Preis
drücken, sie sind auch in der Lage, dem Publikum minderwertige Ware als
vollwertige anzubieten, sie können durch Ausverkäufe mit nicht mehr rentabel
erscheinenden Waren schnell räumen, ja unter dem Vorwande des Ausverkaufs
sogar das Publikum besonders anlocken. Bei all diesen Manipulationen hat
der Geschäftsinhaber außer seinem eignen Gewissen keine Kontrolle über seine
Handlungsweise, und sein ganzes Streben geht auf den Verdienst. Ja er
kann Bankrott oder Konkurs machen und viele Leute schädigen und doch dabei
immer reicher werden. Das alles kann ein Verein nicht. Er hat seinem
Vorstand oder Aufsichtsrat, ja der Gesamtheit von seinem Thun Rechenschaft
abzulegen, ein vollkommnes Aufhören seiner Verpflichtungen kommt nicht vor,
kurz er ist von dem kleinen Handwerker viel weniger zu fürchten als große
Privatgeschäfte. Darüber aber Unklarheit herrschen zu lassen, daß an Stelle
dieser Vereine aller Wahrscheinlichkeit nach größere Geschäfte der angeführten
Art treten würden und zum Teil lange nicht von der Güte, wie mehrere der
vorgenannten sind, daran haben allerdings diese Geschäfte, je weniger gut sie
sind, ein um so größeres Interesse. Von diesen Kreisen geht denn auch
namentlich der Lärm gegen die Vereine aus. Die Vereine bilden eben einen
Damm gegen die Überflutung mit unsolider und doch gesetzlich kaum zu be¬
langenden Ramschbazaren u. s. w. Der kleine Handwerker sollte aber froh sein,


Vffizier-, Beamten- und Konsumvereine

zum Verkauf anbieten, da sie in großen Posten beziehen, billiger zu kaufen
als der kleine Handwerker. Sie bezahlen außerdem bar oder mit Wechseln.
Infolge des größern Umsatzes können sie aber auch noch mit geringerm Nutzen
an dem einzelnen Artikel für sich selbst die nötigen Erhaltungskosten be¬
streiten. Sie können auch bei der Mannichfaltigkeit der angebotenen Waren
einen etwaigen Ausfall in einem Artikel leicht auf einen andern, gutgehenden
übertragen. Ein solches Unternehmen ist also nicht nur vorteilhafter, sondern
auch sicherer als das eines einzelnen Handwerkers. Das Publikum merkt
aber bald: hier kaufst du gut, oder hier kaufst du billig, oder es glaubt das
wenigstens und bevorzugt daher solche Geschäfte, statt sich erst mühsam von
der Reellität oder Billigkeit eines kleinen Handwerkers für jede einzelne Ware
zu überzeugen. Der kleine Handwerker, der schon an und für sich die Waren
teurer bezahlen muß, ist aber oft in der Lage, auch noch Kredit in Anspruch
nehmen zu müssen, und ist er erst in einem dauernden Kreditverhältnis, dann
muß er beinahe Ware nehmen, wie sie ihm aufgenötigt wird, und alle Preise
zahlen, die gefordert werden. Dabei erhält er von seinen Abnehmern sehr
oft keine bare Bezahlung, erhält oft späte Bezahlung. Abschlagszahlungen oder
auch gar keine. Auch in diesem Punkte sind die griißern Geschäfte durchgängig
besser gestellt als er. Bei all diesen Erörterungen nehmen wir an, daß diese
Geschäfte in durchaus ehrenhafter Weise ihren Vorteil wahrnehmen. Sie
können das aber auch in sehr wenig ehrenhafter Weise thun. Bei Abnahme
der sür sie zu liefernden Waren können sie außerordentlich auf den Preis
drücken, sie sind auch in der Lage, dem Publikum minderwertige Ware als
vollwertige anzubieten, sie können durch Ausverkäufe mit nicht mehr rentabel
erscheinenden Waren schnell räumen, ja unter dem Vorwande des Ausverkaufs
sogar das Publikum besonders anlocken. Bei all diesen Manipulationen hat
der Geschäftsinhaber außer seinem eignen Gewissen keine Kontrolle über seine
Handlungsweise, und sein ganzes Streben geht auf den Verdienst. Ja er
kann Bankrott oder Konkurs machen und viele Leute schädigen und doch dabei
immer reicher werden. Das alles kann ein Verein nicht. Er hat seinem
Vorstand oder Aufsichtsrat, ja der Gesamtheit von seinem Thun Rechenschaft
abzulegen, ein vollkommnes Aufhören seiner Verpflichtungen kommt nicht vor,
kurz er ist von dem kleinen Handwerker viel weniger zu fürchten als große
Privatgeschäfte. Darüber aber Unklarheit herrschen zu lassen, daß an Stelle
dieser Vereine aller Wahrscheinlichkeit nach größere Geschäfte der angeführten
Art treten würden und zum Teil lange nicht von der Güte, wie mehrere der
vorgenannten sind, daran haben allerdings diese Geschäfte, je weniger gut sie
sind, ein um so größeres Interesse. Von diesen Kreisen geht denn auch
namentlich der Lärm gegen die Vereine aus. Die Vereine bilden eben einen
Damm gegen die Überflutung mit unsolider und doch gesetzlich kaum zu be¬
langenden Ramschbazaren u. s. w. Der kleine Handwerker sollte aber froh sein,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341861_220325/116>, abgerufen am 28.07.2024.