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Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Zweites Vierteljahr.

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Die transatlantischen Schnelldampfer und der Reichstag

Es scheint festzustehen, daß Anlage oder Instandhaltung der Schotten bei
der Elbe zu wünschen übrig ließen.

Die Schotten sind auch konstruktiv wichtig, da sie in Verbindung mit den
zwei, drei oder mehr horizontalen Decks den Zusammenhang des Schiffes
verstärken. Dasselbe gilt von dem zweiten Boden, zu dessen Anbringung
man sich entschließen mußte, als mit der Größe der Schiffe auch der Tief¬
gang zunahm, und die Gefahr der Beschädigung des Bodens näher rückte.
Das verhältnismäßig dünne Blech -- aus Stahl bis zu 20 Millimeter, aus
Eisen bis zu 25 Millimeter stark -- reißt, sobald es erst entzwei ist, leicht nach
alle" Seiten weiter aus. Hvlzschiffe vertragen die Berührung mit dem Grund
(das "Stoßen") eher als Metallschisfe, weil ihre Nippen nicht so weit aus¬
einanderstehen und ihr elastisches Material in die ursprüngliche Form zurück¬
strebt. Ein Leck läßt sich bei ihnen oft durch einfaches Aufnageln einer Holz-
vder Bleiplatte oder durch Einstopfe" von Segeltuch vorläufig dichten. Um
die Schadenstelle zu finden, bedarf es, wenn nicht etwa schon das Gehör
Aufschluß giebt, der Mitwirkung eines Tauchers. Der in den fünfziger
Jahren erbaute, in den achtziger Jahren auf den Abbruch verkaufte Great
Eastern, der bisher ein Läuge (207 Meter) und Naumgehalt (18900 Register¬
tons) seines gleichen nicht wieder gehabt hat, wies den Doppelbode" zuerst auf.
Dieser rettete das Rieseuschiff, als es bei einem furchtbaren Sturme "abe der
amerikanischen Küste aufgefahren war und zwei neben einander laufende Nisse
von 25 und 12 Meter Länge davongetragen hatte. Der Doppelboden ist
ferner hinsichtlich der Stetigkeit des Schiffes von Wert. Unterwegs nimmt
der Inhalt der vorn und hinten angebrachten Trinkwassertanks und der in der
Mitte gelegnen Kohlenbunker allmählich ab -- ungleiche Entleerung giebt dem.
Schiffe Schlagseite oder Schieflage --, sodaß die Eintauchtiefe, wen" sie beim
Verlassen des Hafens 6 bis 8 Meter betrug, am Ende der Reise nur noch
5 bis 7 Meter beträgt. Dies zeigt sich dann in vermehrtem Schaukeln des
Schiffes und minder gutem Arbeiten der Schraube. Durch Einlassen von
Wasser zwischen die Boden kann etwas Abhilfe geschaffen werden. Die Boden
stehen 0,8 bis 1,2 Meter von einander ab. Die große" Cunarddampfer nehmen
bis zu 2000 Tonnen Ballast ein; dies entspricht der Tragfähigkeit von zwei¬
hundert Eisenbahnwagen, die von dem größten Schleppkahn auf dem Rhein
nicht ganz erreicht wird und schon für ein Seeschiff ganz ansehnlich ist. Die
Ladefähigkeit eines in Geestemünde im Bau begriffnen Fünfmasters, der alle
bisherigen Segelschiffe an Größe übertreffen soll, wird 6100 Gewichtstonnen
betragen. Ferner diene zum Vergleich, daß die mächtigen neuen Fracht- und
Zwischendeckdampfer der Paketfahrt, fast 7000 Registertonnen messend, 2500
Fahrgäste und 7600 Tonnen Ladegut aufnehmen. Wie die Schotten des Ober-
schiffs Mit Thüren, so sind die Scheidewände des Doppelbodens mit Schleusen
versehen, sodaß jede Einzelabteilung! beliebig gefüllt und entleert werden kann.


Grenzboten II 1895 2Z
Die transatlantischen Schnelldampfer und der Reichstag

Es scheint festzustehen, daß Anlage oder Instandhaltung der Schotten bei
der Elbe zu wünschen übrig ließen.

Die Schotten sind auch konstruktiv wichtig, da sie in Verbindung mit den
zwei, drei oder mehr horizontalen Decks den Zusammenhang des Schiffes
verstärken. Dasselbe gilt von dem zweiten Boden, zu dessen Anbringung
man sich entschließen mußte, als mit der Größe der Schiffe auch der Tief¬
gang zunahm, und die Gefahr der Beschädigung des Bodens näher rückte.
Das verhältnismäßig dünne Blech — aus Stahl bis zu 20 Millimeter, aus
Eisen bis zu 25 Millimeter stark — reißt, sobald es erst entzwei ist, leicht nach
alle» Seiten weiter aus. Hvlzschiffe vertragen die Berührung mit dem Grund
(das „Stoßen") eher als Metallschisfe, weil ihre Nippen nicht so weit aus¬
einanderstehen und ihr elastisches Material in die ursprüngliche Form zurück¬
strebt. Ein Leck läßt sich bei ihnen oft durch einfaches Aufnageln einer Holz-
vder Bleiplatte oder durch Einstopfe» von Segeltuch vorläufig dichten. Um
die Schadenstelle zu finden, bedarf es, wenn nicht etwa schon das Gehör
Aufschluß giebt, der Mitwirkung eines Tauchers. Der in den fünfziger
Jahren erbaute, in den achtziger Jahren auf den Abbruch verkaufte Great
Eastern, der bisher ein Läuge (207 Meter) und Naumgehalt (18900 Register¬
tons) seines gleichen nicht wieder gehabt hat, wies den Doppelbode» zuerst auf.
Dieser rettete das Rieseuschiff, als es bei einem furchtbaren Sturme »abe der
amerikanischen Küste aufgefahren war und zwei neben einander laufende Nisse
von 25 und 12 Meter Länge davongetragen hatte. Der Doppelboden ist
ferner hinsichtlich der Stetigkeit des Schiffes von Wert. Unterwegs nimmt
der Inhalt der vorn und hinten angebrachten Trinkwassertanks und der in der
Mitte gelegnen Kohlenbunker allmählich ab — ungleiche Entleerung giebt dem.
Schiffe Schlagseite oder Schieflage —, sodaß die Eintauchtiefe, wen» sie beim
Verlassen des Hafens 6 bis 8 Meter betrug, am Ende der Reise nur noch
5 bis 7 Meter beträgt. Dies zeigt sich dann in vermehrtem Schaukeln des
Schiffes und minder gutem Arbeiten der Schraube. Durch Einlassen von
Wasser zwischen die Boden kann etwas Abhilfe geschaffen werden. Die Boden
stehen 0,8 bis 1,2 Meter von einander ab. Die große» Cunarddampfer nehmen
bis zu 2000 Tonnen Ballast ein; dies entspricht der Tragfähigkeit von zwei¬
hundert Eisenbahnwagen, die von dem größten Schleppkahn auf dem Rhein
nicht ganz erreicht wird und schon für ein Seeschiff ganz ansehnlich ist. Die
Ladefähigkeit eines in Geestemünde im Bau begriffnen Fünfmasters, der alle
bisherigen Segelschiffe an Größe übertreffen soll, wird 6100 Gewichtstonnen
betragen. Ferner diene zum Vergleich, daß die mächtigen neuen Fracht- und
Zwischendeckdampfer der Paketfahrt, fast 7000 Registertonnen messend, 2500
Fahrgäste und 7600 Tonnen Ladegut aufnehmen. Wie die Schotten des Ober-
schiffs Mit Thüren, so sind die Scheidewände des Doppelbodens mit Schleusen
versehen, sodaß jede Einzelabteilung! beliebig gefüllt und entleert werden kann.


Grenzboten II 1895 2Z
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[0177] Die transatlantischen Schnelldampfer und der Reichstag Es scheint festzustehen, daß Anlage oder Instandhaltung der Schotten bei der Elbe zu wünschen übrig ließen. Die Schotten sind auch konstruktiv wichtig, da sie in Verbindung mit den zwei, drei oder mehr horizontalen Decks den Zusammenhang des Schiffes verstärken. Dasselbe gilt von dem zweiten Boden, zu dessen Anbringung man sich entschließen mußte, als mit der Größe der Schiffe auch der Tief¬ gang zunahm, und die Gefahr der Beschädigung des Bodens näher rückte. Das verhältnismäßig dünne Blech — aus Stahl bis zu 20 Millimeter, aus Eisen bis zu 25 Millimeter stark — reißt, sobald es erst entzwei ist, leicht nach alle» Seiten weiter aus. Hvlzschiffe vertragen die Berührung mit dem Grund (das „Stoßen") eher als Metallschisfe, weil ihre Nippen nicht so weit aus¬ einanderstehen und ihr elastisches Material in die ursprüngliche Form zurück¬ strebt. Ein Leck läßt sich bei ihnen oft durch einfaches Aufnageln einer Holz- vder Bleiplatte oder durch Einstopfe» von Segeltuch vorläufig dichten. Um die Schadenstelle zu finden, bedarf es, wenn nicht etwa schon das Gehör Aufschluß giebt, der Mitwirkung eines Tauchers. Der in den fünfziger Jahren erbaute, in den achtziger Jahren auf den Abbruch verkaufte Great Eastern, der bisher ein Läuge (207 Meter) und Naumgehalt (18900 Register¬ tons) seines gleichen nicht wieder gehabt hat, wies den Doppelbode» zuerst auf. Dieser rettete das Rieseuschiff, als es bei einem furchtbaren Sturme »abe der amerikanischen Küste aufgefahren war und zwei neben einander laufende Nisse von 25 und 12 Meter Länge davongetragen hatte. Der Doppelboden ist ferner hinsichtlich der Stetigkeit des Schiffes von Wert. Unterwegs nimmt der Inhalt der vorn und hinten angebrachten Trinkwassertanks und der in der Mitte gelegnen Kohlenbunker allmählich ab — ungleiche Entleerung giebt dem. Schiffe Schlagseite oder Schieflage —, sodaß die Eintauchtiefe, wen» sie beim Verlassen des Hafens 6 bis 8 Meter betrug, am Ende der Reise nur noch 5 bis 7 Meter beträgt. Dies zeigt sich dann in vermehrtem Schaukeln des Schiffes und minder gutem Arbeiten der Schraube. Durch Einlassen von Wasser zwischen die Boden kann etwas Abhilfe geschaffen werden. Die Boden stehen 0,8 bis 1,2 Meter von einander ab. Die große» Cunarddampfer nehmen bis zu 2000 Tonnen Ballast ein; dies entspricht der Tragfähigkeit von zwei¬ hundert Eisenbahnwagen, die von dem größten Schleppkahn auf dem Rhein nicht ganz erreicht wird und schon für ein Seeschiff ganz ansehnlich ist. Die Ladefähigkeit eines in Geestemünde im Bau begriffnen Fünfmasters, der alle bisherigen Segelschiffe an Größe übertreffen soll, wird 6100 Gewichtstonnen betragen. Ferner diene zum Vergleich, daß die mächtigen neuen Fracht- und Zwischendeckdampfer der Paketfahrt, fast 7000 Registertonnen messend, 2500 Fahrgäste und 7600 Tonnen Ladegut aufnehmen. Wie die Schotten des Ober- schiffs Mit Thüren, so sind die Scheidewände des Doppelbodens mit Schleusen versehen, sodaß jede Einzelabteilung! beliebig gefüllt und entleert werden kann. Grenzboten II 1895 2Z

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341861_219675/177>, abgerufen am 26.08.2024.