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Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Zweites Vierteljahr.

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Die Bestimmung einer Kriegsflotte

Monopol schaffen können, das ohne Zweifel mehr nützen kann als manches vom
Staatsrat genannte Mittel. Fassen das Männer mit an, die der Schuh drückt,
so ist für ein Gelingen die sichere Grundlage gegeben; wissen sie doch, daß sie
nur dann bequemere Schuhe werden tragen können, wenn richtig bestellt "ut
sparsam geerntet, gut gemahlen und gut gebacken wird. Das Interesse der
brotliefernden Genossenschaften an ein vorzügliches Brot beginnt mit der Aus¬
saat des Korns und hat erst ein Ende, wenn klingendes Gold dafür herein
ist. Dann ist auch nicht zu befürchten, daß das Volk Büreaukratenbrot essen
muß, und daß Geheimräte den Teig anrühren. Die müssen vor der Back¬
stube bleiben. Unser Kaiser läßt die deutschen Panzerschiffe auch nicht von
Geheimräten steuern.




Die Bestimmung einer Kriegsflotte

^MWtodten waren anfangs nur Transportmittel, um die Streitkräfte
eines Landes über See nach dem feindlichen Gebiete hin zu bringen;
dieses Gebiet allein war der Kampfplatz. Erst später, als die
See als die beste Verbindungsstraße für den Verkehr zwischen
den einzelnen Völkern erkannt und benutzt wurde, bildeten sich
die Schiffe, die Flotten zur Streitkraft selbst aus, auch die See wurde Kampf¬
platz , und damit das Ringen um die Seeherrschaft die erste Aufgabe einer
Flotte; denn erst wenn die Seeherrschaft") errungen ist, bieten sich die eigent¬
lichen Mittel, den Feind zum Frieden zu zwingen.

Als solche Mittel kommen hauptsächlich in Betracht: 1. Landungen, nament-
lich solche in Verbindung mit dem Heere, oder wenigstens Drohung von Lan¬
dungen. 2. Die Schaffung von Haupt- oder Nebenoperationsbasen für das
Heer oder Heeresteile. 3. Die Blockade und damit die Verhinderung der
Zufuhr zur feindlichen Küste und des Verkehrs durch Neutrale. 4. Die
Schädigung der transatlantischen Seeinteresfen des feindlichen Staates. 5. Die
Zerstörung und Brandschatzung der feindlichen Küstenstüdte. Diesen Mitteln
gemäß wird sich der Seekrieg in der Hauptsache an der Küste, d. h. an der
.'andesgrenze des Staates nach derec;n abspielen, und es kommt nur in
Frage, ob das an der Küste des eignen Staats oder an der des Feindes ge¬
schehen soll.



") Seeherrschaft hier im Sinne der Seebeherrschung dem Feinde gegenüber (oonmiÄnck
ok tds 8<Z^).
Die Bestimmung einer Kriegsflotte

Monopol schaffen können, das ohne Zweifel mehr nützen kann als manches vom
Staatsrat genannte Mittel. Fassen das Männer mit an, die der Schuh drückt,
so ist für ein Gelingen die sichere Grundlage gegeben; wissen sie doch, daß sie
nur dann bequemere Schuhe werden tragen können, wenn richtig bestellt »ut
sparsam geerntet, gut gemahlen und gut gebacken wird. Das Interesse der
brotliefernden Genossenschaften an ein vorzügliches Brot beginnt mit der Aus¬
saat des Korns und hat erst ein Ende, wenn klingendes Gold dafür herein
ist. Dann ist auch nicht zu befürchten, daß das Volk Büreaukratenbrot essen
muß, und daß Geheimräte den Teig anrühren. Die müssen vor der Back¬
stube bleiben. Unser Kaiser läßt die deutschen Panzerschiffe auch nicht von
Geheimräten steuern.




Die Bestimmung einer Kriegsflotte

^MWtodten waren anfangs nur Transportmittel, um die Streitkräfte
eines Landes über See nach dem feindlichen Gebiete hin zu bringen;
dieses Gebiet allein war der Kampfplatz. Erst später, als die
See als die beste Verbindungsstraße für den Verkehr zwischen
den einzelnen Völkern erkannt und benutzt wurde, bildeten sich
die Schiffe, die Flotten zur Streitkraft selbst aus, auch die See wurde Kampf¬
platz , und damit das Ringen um die Seeherrschaft die erste Aufgabe einer
Flotte; denn erst wenn die Seeherrschaft") errungen ist, bieten sich die eigent¬
lichen Mittel, den Feind zum Frieden zu zwingen.

Als solche Mittel kommen hauptsächlich in Betracht: 1. Landungen, nament-
lich solche in Verbindung mit dem Heere, oder wenigstens Drohung von Lan¬
dungen. 2. Die Schaffung von Haupt- oder Nebenoperationsbasen für das
Heer oder Heeresteile. 3. Die Blockade und damit die Verhinderung der
Zufuhr zur feindlichen Küste und des Verkehrs durch Neutrale. 4. Die
Schädigung der transatlantischen Seeinteresfen des feindlichen Staates. 5. Die
Zerstörung und Brandschatzung der feindlichen Küstenstüdte. Diesen Mitteln
gemäß wird sich der Seekrieg in der Hauptsache an der Küste, d. h. an der
.'andesgrenze des Staates nach derec;n abspielen, und es kommt nur in
Frage, ob das an der Küste des eignen Staats oder an der des Feindes ge¬
schehen soll.



") Seeherrschaft hier im Sinne der Seebeherrschung dem Feinde gegenüber (oonmiÄnck
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341861_219675/120>, abgerufen am 26.08.2024.