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Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Erstes Vierteljahr.

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Die Römer in der Dobrudscha

und aus römischer Sitte griff es die Renaissance auf, um es im Dach- und
Thorschmuck bis auf die Gegenwart zu vererben. Monumental im höchsten
Sinne verwendete es die Architektur der römische" Kaiserzeit, die so oft Wir¬
kungen von schauerlicher Größe erstrebt, mit Vorliebe da, wo sie auf Bar¬
baren zu wirken hatte."") So auch in Adamklissi. Doch erforderte es einer¬
seits die Sicherheit des eigentlichen Tropäums, andrerseits die geringe ver¬
tikale Gliederung der Gegend, daß man für das Tropäum erst einen kolossalen
Unterbau schuf, auf dem es, weithin die Landschaft beherrschend und den Feinden
unerreichbar, thronen konnte. Dieser Unterbau ist der erhaltene Turm. Er
bestand, von unten nach oben betrachtet, aus folgenden Teilen. Über dem
Boden erhebt sich zunächst ein kreisrunder, aus sieben peripherischen Stufen
gebildeter Unterbau, fast drittehalb Meter hoch, an der untersten Stufe etwa
39 Meter im Durchmesser. Durch ihn wird eine Plattform hergestellt, die
im Durchmesser über 34 Meter hat. Auf der Plattform erhebt sich ein kreis¬
runder, aus Belon geformter Cylinder, der zunächst 7^ Meter senkrecht, dann
noch etwa 6 Meter kegelförmig verläuft. Der senkrecht über der Plattform
aufsteigende Betonchlinder (7,5 Meter) war umkleidet mit einem Mantel aus
59 Centimeter (2 römische Fuß) hohe", 1,18 Meter langen und 68 Centi-
meter dicken Kalksteinquadern, die Quader waren durch Klammern mit einander
verbunden. Sechs Schichten, also 3,5 Meter hoch, ist der Mantel ganz glatt,
dann aber folgt ein 60 Centimeter hohes Friesband, das oben und unten mit
Perlstäben verziert ist, und dessen Hauptfläche mit einer in kreisrunden Win¬
dungen dahinlaufenden Ranke, einer edeln Weiterbildung des Mäanders, gefüllt
ist; im innersten Punkte jeder Kreiswinduug befindet sich ein Wolfskopf mit halb¬
geöffneten Rachen. Der Wolf ist als Ornament gewählt, weil er dem Mars heilig
ist; das Modell zu den Wolfsköpfen hat aber sicherlich der wilde Hund geliefert,
der sich noch jetzt dort massenhaft herumtreibt. Auf dem Ncmkenfriesc standen
regelmüßig abwechselnd Pfeiler und Metopen mit figürlichen Darstellungen. Von
den Metopen -- es waren im ganzen 54 -- stellten 26 einen großen Kampf des
Fußvolks dar, 8 eine Reiterschlacht, 6 die Vorbeiführung der Gefangnen vor
dem Kaiser, 6 eine Ansprache Trajans an sein Heer, 6 ein Opfer des sieg¬
reichen Heeres vor Trajan, außerdem war noch auf 2 Metopen Trajan selbst
dargestellt, einmal einen Daler niederwerfend, das andremal, wie er das Denkmal
dem Mars weiht. Die künstlerische Arbeit dieser Reliefs vergleicht man un¬
willkürlich mit dem Reliefbande der Trajanssäule in Rom. Im Vergleich zu
diesem sind die Metopen von Adamklissi roh. Der große Unterschied trotz der
gleichen Entstehungszeit erklärt sich einfach aus dem Unterschiede der arbeitenden
Steinmetzen: in Rom stand eine Schar geschulter Künstler zur Verfügung, in
Adamklissi sind die Bildhauerarbeiten wohl vorzugsweise von Soldaten ge-



*) Otto Benndorf in einem kürzlich gehaltenen Vortrage zur Frier des fünfundzwanzig-
jährigen Bestehens der anthropologischen Gesellschaft in Wien.
Die Römer in der Dobrudscha

und aus römischer Sitte griff es die Renaissance auf, um es im Dach- und
Thorschmuck bis auf die Gegenwart zu vererben. Monumental im höchsten
Sinne verwendete es die Architektur der römische» Kaiserzeit, die so oft Wir¬
kungen von schauerlicher Größe erstrebt, mit Vorliebe da, wo sie auf Bar¬
baren zu wirken hatte."") So auch in Adamklissi. Doch erforderte es einer¬
seits die Sicherheit des eigentlichen Tropäums, andrerseits die geringe ver¬
tikale Gliederung der Gegend, daß man für das Tropäum erst einen kolossalen
Unterbau schuf, auf dem es, weithin die Landschaft beherrschend und den Feinden
unerreichbar, thronen konnte. Dieser Unterbau ist der erhaltene Turm. Er
bestand, von unten nach oben betrachtet, aus folgenden Teilen. Über dem
Boden erhebt sich zunächst ein kreisrunder, aus sieben peripherischen Stufen
gebildeter Unterbau, fast drittehalb Meter hoch, an der untersten Stufe etwa
39 Meter im Durchmesser. Durch ihn wird eine Plattform hergestellt, die
im Durchmesser über 34 Meter hat. Auf der Plattform erhebt sich ein kreis¬
runder, aus Belon geformter Cylinder, der zunächst 7^ Meter senkrecht, dann
noch etwa 6 Meter kegelförmig verläuft. Der senkrecht über der Plattform
aufsteigende Betonchlinder (7,5 Meter) war umkleidet mit einem Mantel aus
59 Centimeter (2 römische Fuß) hohe», 1,18 Meter langen und 68 Centi-
meter dicken Kalksteinquadern, die Quader waren durch Klammern mit einander
verbunden. Sechs Schichten, also 3,5 Meter hoch, ist der Mantel ganz glatt,
dann aber folgt ein 60 Centimeter hohes Friesband, das oben und unten mit
Perlstäben verziert ist, und dessen Hauptfläche mit einer in kreisrunden Win¬
dungen dahinlaufenden Ranke, einer edeln Weiterbildung des Mäanders, gefüllt
ist; im innersten Punkte jeder Kreiswinduug befindet sich ein Wolfskopf mit halb¬
geöffneten Rachen. Der Wolf ist als Ornament gewählt, weil er dem Mars heilig
ist; das Modell zu den Wolfsköpfen hat aber sicherlich der wilde Hund geliefert,
der sich noch jetzt dort massenhaft herumtreibt. Auf dem Ncmkenfriesc standen
regelmüßig abwechselnd Pfeiler und Metopen mit figürlichen Darstellungen. Von
den Metopen — es waren im ganzen 54 — stellten 26 einen großen Kampf des
Fußvolks dar, 8 eine Reiterschlacht, 6 die Vorbeiführung der Gefangnen vor
dem Kaiser, 6 eine Ansprache Trajans an sein Heer, 6 ein Opfer des sieg¬
reichen Heeres vor Trajan, außerdem war noch auf 2 Metopen Trajan selbst
dargestellt, einmal einen Daler niederwerfend, das andremal, wie er das Denkmal
dem Mars weiht. Die künstlerische Arbeit dieser Reliefs vergleicht man un¬
willkürlich mit dem Reliefbande der Trajanssäule in Rom. Im Vergleich zu
diesem sind die Metopen von Adamklissi roh. Der große Unterschied trotz der
gleichen Entstehungszeit erklärt sich einfach aus dem Unterschiede der arbeitenden
Steinmetzen: in Rom stand eine Schar geschulter Künstler zur Verfügung, in
Adamklissi sind die Bildhauerarbeiten wohl vorzugsweise von Soldaten ge-



*) Otto Benndorf in einem kürzlich gehaltenen Vortrage zur Frier des fünfundzwanzig-
jährigen Bestehens der anthropologischen Gesellschaft in Wien.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341861_219001/584>, abgerufen am 23.07.2024.