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Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Viertes Vierteljahr.

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Mehr Kreuzer I

Handelsschiffe, darunter 149 Dampfer von mehr als 400 Tonnen Nettoranm-
gehalt. zu schützen, d. h. für je 12 Handelsschiffe ist ein Kreuzer vorhanden.
Aber damit nicht genug: Italien baut gegenwärtig noch 4 Panzerkreuzer und
4 Kreuzer zweiter Klasse. Was für eine geringfügige Macht bildet unsre
Kreuzerflotte dagegen!

Österreich, dessen Haushalt sür 1894 nur 12^ Millionen Gulden für
die Flotte auswirft, und dessen Hochseehandelsflotte nur ein Fünftel der un-
srigen beträgt, hat dennoch eine Kreuzerflotte, die an Zahl und Güte der
Schiffe der deutschen gleichkommt. Es sind 2 alte Fregatten, 8 alte Kreuzer¬
korvetten, 3 starke und sehr schnelle geschützte Kreuzer, von denen der Ramm¬
kreuzer Maria Theresia noch nicht ganz fertig ist. und 7 Torpedokreuzer, von
denen 3 mehr als 18 Seemeilen Geschwindigkeit haben. Dazu kommen noch
6 seegehende Kanonenboote und 2 als Kreuzer geeignete Transportschiffe. Für
den Dienst als Hilfskreuzer hat die österreichische Handelsflotte meines Wissens
keine brauchbaren Dampfer. Die österreichische Handelsflotte besteht aus 236
Schiffen, darunter 101 Dampfer von mehr als 400 Registertonnen Nettoraum-
gehcilt; es kommt also ein Kreuzer auf 8 bis 9 Handelsschiffe.

Der Dreibund insgesamt hat 2066 Handelsschiffe, darunter 833 Dampfer,
mit 115 Kreuzern verschiedenster Art zu schützen, während Frankreich und
Nußland mit 185 Kreuzern nur 768 Hochfeehandelsschiffe, darunter 474 Dampfer,
zu decken braucht. Die Zahl allein giebt ja nun freilich nicht den Ausschlag.
Die großen Erfolge, die der verwegne Kaperkapitün des schnellen südstaatlichen
Kreuzers Alabama errang, beweisen zur Genüge, daß der feindliche Seehandel
schon mit geringen Mitteln zu stören ist. Um sür die Schädigung unsrer
Handelsfahrt einigermaßen Vergeltung üben zu können, würden schon einige
sehr schnelle, sehr zweckmäßig eingerichtete und mit großem Glück geführte
Kreuzer genügen. Frankreich würde es im Kriege um die Vernichtung unsers
Seehandels zu thun sein, das beweist die Ausrüstung seiner starken Kreuzer¬
slotte; uns ist an der Vernichtung des französischen Seehandels viel weniger
gelegen, als am Schutze des eignen. Unsre Kreuzer würden in erster Reihe
die Aufgabe haben, den feindlichen Ruhestörern zu Leibe zu gehen, um sie un¬
schädlich zu machen. Dabei würde natürlich die Zahl der beiderseitigen Kreuzer
und ihre Kampfmittel wesentlich mitsprechen.

Um ungefähr eine Vorstellung zu bekommen, wie sich aus diesem Kriegs¬
schauplatz vou 340 Millionen Quadratkilometern Fläche (dabei sind die Eis¬
meere nicht mitgerechnet) ein Krenzerkrieg abspielen kann, betrachte man eine
Übersichtskarte der Erde. Man bezeichne darauf die feindlichen Kolonien, deren
Hufen als StüK- und Sammelpunkte feindlicher Krcuzergeschwader geeignet sind.
Im Atlantischen Meere ist der befestigte Hafen der Fischerinsel Se. Pierre bei
Neufundland ein guter Schlupfwinkel für die feindlichen Kreuzer, die unsre
Nordamerikafahrer abfangen wollen. Die Antilleninsel Guadeloupe mit dem


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Handelsschiffe, darunter 149 Dampfer von mehr als 400 Tonnen Nettoranm-
gehalt. zu schützen, d. h. für je 12 Handelsschiffe ist ein Kreuzer vorhanden.
Aber damit nicht genug: Italien baut gegenwärtig noch 4 Panzerkreuzer und
4 Kreuzer zweiter Klasse. Was für eine geringfügige Macht bildet unsre
Kreuzerflotte dagegen!

Österreich, dessen Haushalt sür 1894 nur 12^ Millionen Gulden für
die Flotte auswirft, und dessen Hochseehandelsflotte nur ein Fünftel der un-
srigen beträgt, hat dennoch eine Kreuzerflotte, die an Zahl und Güte der
Schiffe der deutschen gleichkommt. Es sind 2 alte Fregatten, 8 alte Kreuzer¬
korvetten, 3 starke und sehr schnelle geschützte Kreuzer, von denen der Ramm¬
kreuzer Maria Theresia noch nicht ganz fertig ist. und 7 Torpedokreuzer, von
denen 3 mehr als 18 Seemeilen Geschwindigkeit haben. Dazu kommen noch
6 seegehende Kanonenboote und 2 als Kreuzer geeignete Transportschiffe. Für
den Dienst als Hilfskreuzer hat die österreichische Handelsflotte meines Wissens
keine brauchbaren Dampfer. Die österreichische Handelsflotte besteht aus 236
Schiffen, darunter 101 Dampfer von mehr als 400 Registertonnen Nettoraum-
gehcilt; es kommt also ein Kreuzer auf 8 bis 9 Handelsschiffe.

Der Dreibund insgesamt hat 2066 Handelsschiffe, darunter 833 Dampfer,
mit 115 Kreuzern verschiedenster Art zu schützen, während Frankreich und
Nußland mit 185 Kreuzern nur 768 Hochfeehandelsschiffe, darunter 474 Dampfer,
zu decken braucht. Die Zahl allein giebt ja nun freilich nicht den Ausschlag.
Die großen Erfolge, die der verwegne Kaperkapitün des schnellen südstaatlichen
Kreuzers Alabama errang, beweisen zur Genüge, daß der feindliche Seehandel
schon mit geringen Mitteln zu stören ist. Um sür die Schädigung unsrer
Handelsfahrt einigermaßen Vergeltung üben zu können, würden schon einige
sehr schnelle, sehr zweckmäßig eingerichtete und mit großem Glück geführte
Kreuzer genügen. Frankreich würde es im Kriege um die Vernichtung unsers
Seehandels zu thun sein, das beweist die Ausrüstung seiner starken Kreuzer¬
slotte; uns ist an der Vernichtung des französischen Seehandels viel weniger
gelegen, als am Schutze des eignen. Unsre Kreuzer würden in erster Reihe
die Aufgabe haben, den feindlichen Ruhestörern zu Leibe zu gehen, um sie un¬
schädlich zu machen. Dabei würde natürlich die Zahl der beiderseitigen Kreuzer
und ihre Kampfmittel wesentlich mitsprechen.

Um ungefähr eine Vorstellung zu bekommen, wie sich aus diesem Kriegs¬
schauplatz vou 340 Millionen Quadratkilometern Fläche (dabei sind die Eis¬
meere nicht mitgerechnet) ein Krenzerkrieg abspielen kann, betrachte man eine
Übersichtskarte der Erde. Man bezeichne darauf die feindlichen Kolonien, deren
Hufen als StüK- und Sammelpunkte feindlicher Krcuzergeschwader geeignet sind.
Im Atlantischen Meere ist der befestigte Hafen der Fischerinsel Se. Pierre bei
Neufundland ein guter Schlupfwinkel für die feindlichen Kreuzer, die unsre
Nordamerikafahrer abfangen wollen. Die Antilleninsel Guadeloupe mit dem


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[0575] Mehr Kreuzer I Handelsschiffe, darunter 149 Dampfer von mehr als 400 Tonnen Nettoranm- gehalt. zu schützen, d. h. für je 12 Handelsschiffe ist ein Kreuzer vorhanden. Aber damit nicht genug: Italien baut gegenwärtig noch 4 Panzerkreuzer und 4 Kreuzer zweiter Klasse. Was für eine geringfügige Macht bildet unsre Kreuzerflotte dagegen! Österreich, dessen Haushalt sür 1894 nur 12^ Millionen Gulden für die Flotte auswirft, und dessen Hochseehandelsflotte nur ein Fünftel der un- srigen beträgt, hat dennoch eine Kreuzerflotte, die an Zahl und Güte der Schiffe der deutschen gleichkommt. Es sind 2 alte Fregatten, 8 alte Kreuzer¬ korvetten, 3 starke und sehr schnelle geschützte Kreuzer, von denen der Ramm¬ kreuzer Maria Theresia noch nicht ganz fertig ist. und 7 Torpedokreuzer, von denen 3 mehr als 18 Seemeilen Geschwindigkeit haben. Dazu kommen noch 6 seegehende Kanonenboote und 2 als Kreuzer geeignete Transportschiffe. Für den Dienst als Hilfskreuzer hat die österreichische Handelsflotte meines Wissens keine brauchbaren Dampfer. Die österreichische Handelsflotte besteht aus 236 Schiffen, darunter 101 Dampfer von mehr als 400 Registertonnen Nettoraum- gehcilt; es kommt also ein Kreuzer auf 8 bis 9 Handelsschiffe. Der Dreibund insgesamt hat 2066 Handelsschiffe, darunter 833 Dampfer, mit 115 Kreuzern verschiedenster Art zu schützen, während Frankreich und Nußland mit 185 Kreuzern nur 768 Hochfeehandelsschiffe, darunter 474 Dampfer, zu decken braucht. Die Zahl allein giebt ja nun freilich nicht den Ausschlag. Die großen Erfolge, die der verwegne Kaperkapitün des schnellen südstaatlichen Kreuzers Alabama errang, beweisen zur Genüge, daß der feindliche Seehandel schon mit geringen Mitteln zu stören ist. Um sür die Schädigung unsrer Handelsfahrt einigermaßen Vergeltung üben zu können, würden schon einige sehr schnelle, sehr zweckmäßig eingerichtete und mit großem Glück geführte Kreuzer genügen. Frankreich würde es im Kriege um die Vernichtung unsers Seehandels zu thun sein, das beweist die Ausrüstung seiner starken Kreuzer¬ slotte; uns ist an der Vernichtung des französischen Seehandels viel weniger gelegen, als am Schutze des eignen. Unsre Kreuzer würden in erster Reihe die Aufgabe haben, den feindlichen Ruhestörern zu Leibe zu gehen, um sie un¬ schädlich zu machen. Dabei würde natürlich die Zahl der beiderseitigen Kreuzer und ihre Kampfmittel wesentlich mitsprechen. Um ungefähr eine Vorstellung zu bekommen, wie sich aus diesem Kriegs¬ schauplatz vou 340 Millionen Quadratkilometern Fläche (dabei sind die Eis¬ meere nicht mitgerechnet) ein Krenzerkrieg abspielen kann, betrachte man eine Übersichtskarte der Erde. Man bezeichne darauf die feindlichen Kolonien, deren Hufen als StüK- und Sammelpunkte feindlicher Krcuzergeschwader geeignet sind. Im Atlantischen Meere ist der befestigte Hafen der Fischerinsel Se. Pierre bei Neufundland ein guter Schlupfwinkel für die feindlichen Kreuzer, die unsre Nordamerikafahrer abfangen wollen. Die Antilleninsel Guadeloupe mit dem

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341857_215723/575>, abgerufen am 22.07.2024.