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Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Viertes Vierteljahr.

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die sichs hier handelt, für den Schuh der Handelsflotte gesorgt ist, habe ich
die von den Regierungen dieser Staaten veröffentlichten Signallisten der Kriegs¬
und Handelsmarine für 1893 (nur von Rußland für 1892) benutzt. Diese
Listen' die uicht geheim sind, enthalten bei den Kriegsschiffen die Angabe des
Namens und der Schiffsgattnug, bei den Handelsschiffen verschiedne weitere
Angaben, nnter anderm auch den Tonnengehalt, und bei Dampfern die Pferde¬
kräfte der Maschine. Der österreichische Flottenalmanach und die neuern Ma-
rinezeitschristcn enthalten außerdem noch Angaben über die Geschwindigkeit
und die Bewaffnung der Kriegsschiffe. Um mit einiger Sicherheit die zahl¬
reichen kleinen Küstenfahrer, die keines Schutzes bedürfen, weil sie sich in den
heimischen Gewässern befinden, von den wirklichen Seeschiffen, die auf allen
Meeren kreuzen, zu trennen, habe ich nur die Segler und die Dampfer von
wenigstens vierhundert Registertonnen Nettoranmgehalt gezählt. Diese Größe
scheint mir, wie auch den Sachverständigen von der Handelsmarine, die ich befragt
habe, die richtige Grenze für die Hochseeschiffe zu sein; zwar fahren noch kleinere
Segler über See, doch wird das dadurch ausgeglichen, daß manche Dampfer
von etwas über vierhundert Tonnen nur dem Küstenverlehr dienen. Um zu
ermitteln, wie es mit dem Schutz bestellt ist, darf man nämlich nur nach der
Zahl der Handelsschiffe, die auf hoher See fahre", fragen, nicht nach ihrer
Größe. Ein kleines Schiff, das zufällig eine wertvolle Ladung hat, ist eine
ebenso gute Prise sür den Feind, wie ein großes Schiff, das mit Ballast segelt
oder miles Eisen geladen hat; und Anspruch auf Schutz hat doch wohl der
Kleine so gut wie der Große. Verkehrt erscheint es nur, den Gesamttvnnen-
gehalt der Handelsmarine bei einem solchen Vergleich zu Grunde zu legen,
wie es H. L° Swinebnrne gethan hat. Nach meiner Zählung hat nun Deutsch¬
land 1i08 Hochseehandelsschiffe, darunter 533 Dampfer. Ohne den Schutz der
deutschen Küste, sowie deren Blockadefreiheit zu gefährden, kaun nach meiner Ansicht
die deutsche Flotte in ihrem jetzigen Bestände nur siebzehn .Kreuzer und vier
Kanonenboote auf deu Schutz der Handelsflotte verwenden. Nach einem Aufsatz
von Rainen in der Kivisw Mulioa (Ur. 11 und 12 von 1893): SU werd-
viawri mMÄiMli sollen außerdem noch sieben Hilfskreuzer vorgesehen sein,
und zwar die vier neuen hamburgischen Schnelldampfer und die drei besten
bremischen Schnelldampfer.

Diese sind in der That wohl die einzigen dentschen Dampfer, die man
trotz ihres hohen Preises und trotz ihres starken Kohlenverbrauchs heut¬
zutage als Hilfskreuzer brauche" könnte. Denn weil sich die Hilfskreuzer mit
den meiste" Kriegskrcuzern nicht messen können, so müssen sie gute Maschinen
haben, um den schnellsten Kriegskrcuzern entlaufen zu können; dazu gehört
eine Geschwindigkeit von wenigstens neunzehn Seemeilen, und nur die von
Raineri angeführten Dampfer haben diese Geschwindigkeit. Zur Verteidi¬
gung der Seewege für unsre 1108 Hochseehandelsschiffe würden also im guil-


die sichs hier handelt, für den Schuh der Handelsflotte gesorgt ist, habe ich
die von den Regierungen dieser Staaten veröffentlichten Signallisten der Kriegs¬
und Handelsmarine für 1893 (nur von Rußland für 1892) benutzt. Diese
Listen' die uicht geheim sind, enthalten bei den Kriegsschiffen die Angabe des
Namens und der Schiffsgattnug, bei den Handelsschiffen verschiedne weitere
Angaben, nnter anderm auch den Tonnengehalt, und bei Dampfern die Pferde¬
kräfte der Maschine. Der österreichische Flottenalmanach und die neuern Ma-
rinezeitschristcn enthalten außerdem noch Angaben über die Geschwindigkeit
und die Bewaffnung der Kriegsschiffe. Um mit einiger Sicherheit die zahl¬
reichen kleinen Küstenfahrer, die keines Schutzes bedürfen, weil sie sich in den
heimischen Gewässern befinden, von den wirklichen Seeschiffen, die auf allen
Meeren kreuzen, zu trennen, habe ich nur die Segler und die Dampfer von
wenigstens vierhundert Registertonnen Nettoranmgehalt gezählt. Diese Größe
scheint mir, wie auch den Sachverständigen von der Handelsmarine, die ich befragt
habe, die richtige Grenze für die Hochseeschiffe zu sein; zwar fahren noch kleinere
Segler über See, doch wird das dadurch ausgeglichen, daß manche Dampfer
von etwas über vierhundert Tonnen nur dem Küstenverlehr dienen. Um zu
ermitteln, wie es mit dem Schutz bestellt ist, darf man nämlich nur nach der
Zahl der Handelsschiffe, die auf hoher See fahre», fragen, nicht nach ihrer
Größe. Ein kleines Schiff, das zufällig eine wertvolle Ladung hat, ist eine
ebenso gute Prise sür den Feind, wie ein großes Schiff, das mit Ballast segelt
oder miles Eisen geladen hat; und Anspruch auf Schutz hat doch wohl der
Kleine so gut wie der Große. Verkehrt erscheint es nur, den Gesamttvnnen-
gehalt der Handelsmarine bei einem solchen Vergleich zu Grunde zu legen,
wie es H. L° Swinebnrne gethan hat. Nach meiner Zählung hat nun Deutsch¬
land 1i08 Hochseehandelsschiffe, darunter 533 Dampfer. Ohne den Schutz der
deutschen Küste, sowie deren Blockadefreiheit zu gefährden, kaun nach meiner Ansicht
die deutsche Flotte in ihrem jetzigen Bestände nur siebzehn .Kreuzer und vier
Kanonenboote auf deu Schutz der Handelsflotte verwenden. Nach einem Aufsatz
von Rainen in der Kivisw Mulioa (Ur. 11 und 12 von 1893): SU werd-
viawri mMÄiMli sollen außerdem noch sieben Hilfskreuzer vorgesehen sein,
und zwar die vier neuen hamburgischen Schnelldampfer und die drei besten
bremischen Schnelldampfer.

Diese sind in der That wohl die einzigen dentschen Dampfer, die man
trotz ihres hohen Preises und trotz ihres starken Kohlenverbrauchs heut¬
zutage als Hilfskreuzer brauche» könnte. Denn weil sich die Hilfskreuzer mit
den meiste» Kriegskrcuzern nicht messen können, so müssen sie gute Maschinen
haben, um den schnellsten Kriegskrcuzern entlaufen zu können; dazu gehört
eine Geschwindigkeit von wenigstens neunzehn Seemeilen, und nur die von
Raineri angeführten Dampfer haben diese Geschwindigkeit. Zur Verteidi¬
gung der Seewege für unsre 1108 Hochseehandelsschiffe würden also im guil-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341857_215723/571>, abgerufen am 22.07.2024.