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Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Drittes Vierteljahr.

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Land und Leute in Gstfrieslcmd

nicht ihres Mannes, sondern ihres Vaters Haus. Da lob ich mir jene Dame
aus Neuseeland, die sich in eine größere Stadt Norddeutschlnnds verheiratet
hatte. Sie wurde in der ersten Zeit in jeder Gesellschaft auf ihr "Weither¬
sein" angeredet. Aber das hörte bald auf, denn jedesmal, wenn sie gefragt
wurde: "Wo sind Sie denn zu Hause?" antwortete sie kurz und treffend:
"Hier!" Anders die Ostfriesin. NW lock, heißt bei ihr nur die Verwandt¬
schaft von der Spindelseite, ihre Blutsverwandtschaft; nur das Volk nennt sie
so, dessen Namen sie als Mädchennamen getragen hat. So ist auch das
Sprichwort zu verstehen: Aoälok et^t, 't unius tan Mir lock is. sa 't, w!t', av
tvrsn L0 ro.it> liör Icsrot na, as Mi?-S-

Von den Schwiegermüttern will ich schweigen. Aber der lieben Kleinen
soll nicht vergessen werden. Sie sind freilich nicht nur lieb, sondern auch
teuer: <>o iidurs lMvbM, Storche) uögel (nötigt, einlädt) raus poZASii
lisddsu, d. h. 5!inter mache,: allerlei Kosten und geben dem Vater zu
raten auf. Er thut das aber gern. Freilich was zu viel ist, ist zu viel.
Mit Schaudern erzählt Freund Veninga von der Gräfin von Henneberg,
Wilhelm von Hollands Schwester, sie habe dreihundertfünfnndsechzig .Kinder
auf einmal geboren, die alle von ihrem Oheim, dem Bischof Otto von
Utrecht, getauft worden und gleich nach der Taufe mitsamt ihrer Mutter ge¬
storben seien. Der Grund sei der gewesen: die Gräfin hatte sich über eine
urna Frau, die Zwillinge bekommen hatte, aufgehalten und gemeint, so etwas
käme in höhern Ständen doch nicht vor. ^iisron" altre, t^rovcksu si<et sssr
doclroevot, >mal eisn ^maoKtiFön vsoirioli g'vösclsn, do SM ^ImoeßMkolÄ "su
äsr (tiÄWvns vulä-s Köpfen, unä dskestiFvn, uiul olru so mvlmion Kind, als
ä"ob int MW Fvvvu. Da hört natürlich die Freude auf. Aber für gewöhn¬
lich ist sie bei jedem Kinde gleich groß und gleich neu. Auch noch in anderen
Sinne als bei jenem Küster, von dem es heißt: M Icinäer, Ki seßou, s"' 6s
Xöster, Äo Stiel Ils cis ööxsvdiUmF in 6v which. Das Kind aber, das da
getauft wurde, hieß jedenfalls Jan. Denn wer hieße hier nicht Jan? Bald
wirds damit freilich vorbei sein. Aber bisher galt das Wort: ölige^öA
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Der Ostfriese ist ein liebevoller Vater. Besonders an dein Mann "ans
dem Volk" ist es ein schöner Zug, daß er so an seinen Kindern hängt, so
treu sür sie sorgt und so willig für sie jedes Opfer bringt. Sogar das Opfer,
daß der schweigsame Mann seinen Mund aufthut und mit ihnen spricht,
sogar schwatzt. Ja, so unglaublich es klingt, ich habe es selbst gehört: er
schwingt sich sogar zum Singen auf für sein -- Kind. Ja, staune nur, lieber
Leser: l?risen eÄnwt! Aber fragt mich nur nicht, wie? Jener Pommer, der
nur einen Ton in der Kehle hatte, und der war falsch, war eine, um
nicht zu sagen ein Wachtel gegen einen singenden ostfriesischen Vater. Aber
wenn es nur dein Kinde Freude macht. Und das jauchzt fröhlich auf des


Land und Leute in Gstfrieslcmd

nicht ihres Mannes, sondern ihres Vaters Haus. Da lob ich mir jene Dame
aus Neuseeland, die sich in eine größere Stadt Norddeutschlnnds verheiratet
hatte. Sie wurde in der ersten Zeit in jeder Gesellschaft auf ihr „Weither¬
sein" angeredet. Aber das hörte bald auf, denn jedesmal, wenn sie gefragt
wurde: „Wo sind Sie denn zu Hause?" antwortete sie kurz und treffend:
„Hier!" Anders die Ostfriesin. NW lock, heißt bei ihr nur die Verwandt¬
schaft von der Spindelseite, ihre Blutsverwandtschaft; nur das Volk nennt sie
so, dessen Namen sie als Mädchennamen getragen hat. So ist auch das
Sprichwort zu verstehen: Aoälok et^t, 't unius tan Mir lock is. sa 't, w!t', av
tvrsn L0 ro.it> liör Icsrot na, as Mi?-S-

Von den Schwiegermüttern will ich schweigen. Aber der lieben Kleinen
soll nicht vergessen werden. Sie sind freilich nicht nur lieb, sondern auch
teuer: <>o iidurs lMvbM, Storche) uögel (nötigt, einlädt) raus poZASii
lisddsu, d. h. 5!inter mache,: allerlei Kosten und geben dem Vater zu
raten auf. Er thut das aber gern. Freilich was zu viel ist, ist zu viel.
Mit Schaudern erzählt Freund Veninga von der Gräfin von Henneberg,
Wilhelm von Hollands Schwester, sie habe dreihundertfünfnndsechzig .Kinder
auf einmal geboren, die alle von ihrem Oheim, dem Bischof Otto von
Utrecht, getauft worden und gleich nach der Taufe mitsamt ihrer Mutter ge¬
storben seien. Der Grund sei der gewesen: die Gräfin hatte sich über eine
urna Frau, die Zwillinge bekommen hatte, aufgehalten und gemeint, so etwas
käme in höhern Ständen doch nicht vor. ^iisron» altre, t^rovcksu si<et sssr
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lich ist sie bei jedem Kinde gleich groß und gleich neu. Auch noch in anderen
Sinne als bei jenem Küster, von dem es heißt: M Icinäer, Ki seßou, s»' 6s
Xöster, Äo Stiel Ils cis ööxsvdiUmF in 6v which. Das Kind aber, das da
getauft wurde, hieß jedenfalls Jan. Denn wer hieße hier nicht Jan? Bald
wirds damit freilich vorbei sein. Aber bisher galt das Wort: ölige^öA
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Der Ostfriese ist ein liebevoller Vater. Besonders an dein Mann „ans
dem Volk" ist es ein schöner Zug, daß er so an seinen Kindern hängt, so
treu sür sie sorgt und so willig für sie jedes Opfer bringt. Sogar das Opfer,
daß der schweigsame Mann seinen Mund aufthut und mit ihnen spricht,
sogar schwatzt. Ja, so unglaublich es klingt, ich habe es selbst gehört: er
schwingt sich sogar zum Singen auf für sein — Kind. Ja, staune nur, lieber
Leser: l?risen eÄnwt! Aber fragt mich nur nicht, wie? Jener Pommer, der
nur einen Ton in der Kehle hatte, und der war falsch, war eine, um
nicht zu sagen ein Wachtel gegen einen singenden ostfriesischen Vater. Aber
wenn es nur dein Kinde Freude macht. Und das jauchzt fröhlich auf des


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[0087] Land und Leute in Gstfrieslcmd nicht ihres Mannes, sondern ihres Vaters Haus. Da lob ich mir jene Dame aus Neuseeland, die sich in eine größere Stadt Norddeutschlnnds verheiratet hatte. Sie wurde in der ersten Zeit in jeder Gesellschaft auf ihr „Weither¬ sein" angeredet. Aber das hörte bald auf, denn jedesmal, wenn sie gefragt wurde: „Wo sind Sie denn zu Hause?" antwortete sie kurz und treffend: „Hier!" Anders die Ostfriesin. NW lock, heißt bei ihr nur die Verwandt¬ schaft von der Spindelseite, ihre Blutsverwandtschaft; nur das Volk nennt sie so, dessen Namen sie als Mädchennamen getragen hat. So ist auch das Sprichwort zu verstehen: Aoälok et^t, 't unius tan Mir lock is. sa 't, w!t', av tvrsn L0 ro.it> liör Icsrot na, as Mi?-S- Von den Schwiegermüttern will ich schweigen. Aber der lieben Kleinen soll nicht vergessen werden. Sie sind freilich nicht nur lieb, sondern auch teuer: <>o iidurs lMvbM, Storche) uögel (nötigt, einlädt) raus poZASii lisddsu, d. h. 5!inter mache,: allerlei Kosten und geben dem Vater zu raten auf. Er thut das aber gern. Freilich was zu viel ist, ist zu viel. Mit Schaudern erzählt Freund Veninga von der Gräfin von Henneberg, Wilhelm von Hollands Schwester, sie habe dreihundertfünfnndsechzig .Kinder auf einmal geboren, die alle von ihrem Oheim, dem Bischof Otto von Utrecht, getauft worden und gleich nach der Taufe mitsamt ihrer Mutter ge¬ storben seien. Der Grund sei der gewesen: die Gräfin hatte sich über eine urna Frau, die Zwillinge bekommen hatte, aufgehalten und gemeint, so etwas käme in höhern Ständen doch nicht vor. ^iisron» altre, t^rovcksu si<et sssr doclroevot, >mal eisn ^maoKtiFön vsoirioli g'vösclsn, do SM ^ImoeßMkolÄ »su äsr (tiÄWvns vulä-s Köpfen, unä dskestiFvn, uiul olru so mvlmion Kind, als ä»ob int MW Fvvvu. Da hört natürlich die Freude auf. Aber für gewöhn¬ lich ist sie bei jedem Kinde gleich groß und gleich neu. Auch noch in anderen Sinne als bei jenem Küster, von dem es heißt: M Icinäer, Ki seßou, s»' 6s Xöster, Äo Stiel Ils cis ööxsvdiUmF in 6v which. Das Kind aber, das da getauft wurde, hieß jedenfalls Jan. Denn wer hieße hier nicht Jan? Bald wirds damit freilich vorbei sein. Aber bisher galt das Wort: ölige^öA ,7ion, dö sg.1 civF nur Ä,cMsr as Mös, sü-' alö dur, av M Irs sin ^ung' äöxsn. Der Ostfriese ist ein liebevoller Vater. Besonders an dein Mann „ans dem Volk" ist es ein schöner Zug, daß er so an seinen Kindern hängt, so treu sür sie sorgt und so willig für sie jedes Opfer bringt. Sogar das Opfer, daß der schweigsame Mann seinen Mund aufthut und mit ihnen spricht, sogar schwatzt. Ja, so unglaublich es klingt, ich habe es selbst gehört: er schwingt sich sogar zum Singen auf für sein — Kind. Ja, staune nur, lieber Leser: l?risen eÄnwt! Aber fragt mich nur nicht, wie? Jener Pommer, der nur einen Ton in der Kehle hatte, und der war falsch, war eine, um nicht zu sagen ein Wachtel gegen einen singenden ostfriesischen Vater. Aber wenn es nur dein Kinde Freude macht. Und das jauchzt fröhlich auf des

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341857_215089/87>, abgerufen am 27.11.2024.