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Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Drittes Vierteljahr.

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Land und Leute in Gstfiieslcind

Schwierigkeiten und -- Kosten hingewiesen; ä'r KürÄ rnör to 't d"ri8vn W 'u
Mr sello, was ins Hochdeutsche übersetzt etwa lauten würde: ernähren könnte
ich wohl eine Frau, aber kleiden? Wie leicht kann sich auch einer beim Freien
einen Korb holen, und wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu
sorgen: do lergZt'ä on voräsu, mut ütAiln to krvion, un<l do xriisoii (ge¬
priesen) vit ^vorÄon, Ah mut liMn K-ur to starkvn. Es ist ja bekannt, daß
eingefleischte Junggesellen immer neue Sprüche ersinnen, um einen vom Freien
abzubringen, ihn noch zu "retten," wie sie sagen; wenn aber einer erst Feuer
gefangen hat, dann predigen sie tauben Ohren. Und das ist gut. Bleiben
doch ohnehin schon so viele Mädchen sitzen, daß der Seufzer begreiflich ist:
alles Kruvt su 'n iuiui, sü,' (to meid, in-in dive it? nöt, und der Wunsch ver¬
zeihlich: karr ik MM erst 'u man, ^vat K"u me ander viellter (Mädchen) an?
Aber das muß man den Ostfriesen lassen, in einem Stücke sind sie sehr höflich
gegen unverheiratete junge Damen, sie setzen die Grenze der Heiratsaussichten
sehr hoch hinauf: däreus (Dirnen, d. h. Mädchen) aollter de tortig' un röter
(Rüben) >in Ktstklakvuä llstiden <is sollt verlsrsv. Also erst an der Pforte
des Schwabenalters heißt es: die ihr hier eintretet, laßt alle Hoffnung draußen.

Sicher unter vierzig war also die Maid mit dem schönen ostfriesischen
Namen Geste, von der das Sprichwort sagt: dat Aelt müder un (ZosKe -in,
sa do mir, do lcvvam d'r 'n treer in 't tius. Natürlich, denn alles, was in
dieses Fach schlägt, ist von jeher der Frauen Sache gewesen, das Wort Ver¬
lobung elettrisirt sie noch, wenn sie schon längst Großmütter sind, um wieviel
mehr, wenn sie etliche Tochter zu vergeben haben. Und daß der Bauer selbst
seine Fran mit nennt, zeigt, daß er ein "die Sachlage richtig erkannt habender"
Mann war, wie es in einem Bericht über die Seeschlacht bei Jasmund heißt.
Denn wie sagt das Sprichwort? De im de toller treib, mut de müder to
tründs tiolden. Da übrigens der Vater gleich wußte, daß der Freier Geste
anging, so scheint er nur diese eine Tochter gehabt zu haben. Wahrscheinlich
galt von ihm nicht: n tius tut dogt^rs is 'u Keiler tut sür bßr; er war wohl
vermögend, und das schreckt hier, wie überall, nicht ab. Im Gegenteil: r!Ke
tue doZters nu arme tue liattsrs Kurier todt :in 'n ins-n. Hoffentlich hat
aber der Freier nicht bloß auf Geld gesehen, denn: von imm 'u dwatjo
(albernes Ding) rund um 't solent,je, un 't sollatje is tertürd, blieb 't dvvatje
ol de llerd. Jedenfalls muß eine Fran verstehen, das, was der Mann ver¬
dient, zusammenzuhalten. Denn: -tolle is nor a,s duseud. Nur darf einer
nicht etwa bloß eine "Arbeitskraft" heiraten wollen; do 'u dro rund um 't solium
un döllvr um to legten, de setwt s!n llitend t-in viust net Seggen. Außer
dem Fleiß müssen auch noch andre Eigenschaften in Betracht gezogen werden.
Darum ist es das sicherste: elle trSi sin mrksrs leimt, den voce, lie, va,t Ire tiinlt.
Besonders bequem ist es einem gemacht, wenn man mit "ihr" in demselben
Hanse wohnt: dreien noter on baie is on ^rot gsmalc. Doch fehlt es auch


Land und Leute in Gstfiieslcind

Schwierigkeiten und — Kosten hingewiesen; ä'r KürÄ rnör to 't d»ri8vn W 'u
Mr sello, was ins Hochdeutsche übersetzt etwa lauten würde: ernähren könnte
ich wohl eine Frau, aber kleiden? Wie leicht kann sich auch einer beim Freien
einen Korb holen, und wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu
sorgen: do lergZt'ä on voräsu, mut ütAiln to krvion, un<l do xriisoii (ge¬
priesen) vit ^vorÄon, Ah mut liMn K-ur to starkvn. Es ist ja bekannt, daß
eingefleischte Junggesellen immer neue Sprüche ersinnen, um einen vom Freien
abzubringen, ihn noch zu „retten," wie sie sagen; wenn aber einer erst Feuer
gefangen hat, dann predigen sie tauben Ohren. Und das ist gut. Bleiben
doch ohnehin schon so viele Mädchen sitzen, daß der Seufzer begreiflich ist:
alles Kruvt su 'n iuiui, sü,' (to meid, in-in dive it? nöt, und der Wunsch ver¬
zeihlich: karr ik MM erst 'u man, ^vat K»u me ander viellter (Mädchen) an?
Aber das muß man den Ostfriesen lassen, in einem Stücke sind sie sehr höflich
gegen unverheiratete junge Damen, sie setzen die Grenze der Heiratsaussichten
sehr hoch hinauf: däreus (Dirnen, d. h. Mädchen) aollter de tortig' un röter
(Rüben) >in Ktstklakvuä llstiden <is sollt verlsrsv. Also erst an der Pforte
des Schwabenalters heißt es: die ihr hier eintretet, laßt alle Hoffnung draußen.

Sicher unter vierzig war also die Maid mit dem schönen ostfriesischen
Namen Geste, von der das Sprichwort sagt: dat Aelt müder un (ZosKe -in,
sa do mir, do lcvvam d'r 'n treer in 't tius. Natürlich, denn alles, was in
dieses Fach schlägt, ist von jeher der Frauen Sache gewesen, das Wort Ver¬
lobung elettrisirt sie noch, wenn sie schon längst Großmütter sind, um wieviel
mehr, wenn sie etliche Tochter zu vergeben haben. Und daß der Bauer selbst
seine Fran mit nennt, zeigt, daß er ein „die Sachlage richtig erkannt habender"
Mann war, wie es in einem Bericht über die Seeschlacht bei Jasmund heißt.
Denn wie sagt das Sprichwort? De im de toller treib, mut de müder to
tründs tiolden. Da übrigens der Vater gleich wußte, daß der Freier Geste
anging, so scheint er nur diese eine Tochter gehabt zu haben. Wahrscheinlich
galt von ihm nicht: n tius tut dogt^rs is 'u Keiler tut sür bßr; er war wohl
vermögend, und das schreckt hier, wie überall, nicht ab. Im Gegenteil: r!Ke
tue doZters nu arme tue liattsrs Kurier todt :in 'n ins-n. Hoffentlich hat
aber der Freier nicht bloß auf Geld gesehen, denn: von imm 'u dwatjo
(albernes Ding) rund um 't solent,je, un 't sollatje is tertürd, blieb 't dvvatje
ol de llerd. Jedenfalls muß eine Fran verstehen, das, was der Mann ver¬
dient, zusammenzuhalten. Denn: -tolle is nor a,s duseud. Nur darf einer
nicht etwa bloß eine „Arbeitskraft" heiraten wollen; do 'u dro rund um 't solium
un döllvr um to legten, de setwt s!n llitend t-in viust net Seggen. Außer
dem Fleiß müssen auch noch andre Eigenschaften in Betracht gezogen werden.
Darum ist es das sicherste: elle trSi sin mrksrs leimt, den voce, lie, va,t Ire tiinlt.
Besonders bequem ist es einem gemacht, wenn man mit „ihr" in demselben
Hanse wohnt: dreien noter on baie is on ^rot gsmalc. Doch fehlt es auch


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[0085] Land und Leute in Gstfiieslcind Schwierigkeiten und — Kosten hingewiesen; ä'r KürÄ rnör to 't d»ri8vn W 'u Mr sello, was ins Hochdeutsche übersetzt etwa lauten würde: ernähren könnte ich wohl eine Frau, aber kleiden? Wie leicht kann sich auch einer beim Freien einen Korb holen, und wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen: do lergZt'ä on voräsu, mut ütAiln to krvion, un<l do xriisoii (ge¬ priesen) vit ^vorÄon, Ah mut liMn K-ur to starkvn. Es ist ja bekannt, daß eingefleischte Junggesellen immer neue Sprüche ersinnen, um einen vom Freien abzubringen, ihn noch zu „retten," wie sie sagen; wenn aber einer erst Feuer gefangen hat, dann predigen sie tauben Ohren. Und das ist gut. Bleiben doch ohnehin schon so viele Mädchen sitzen, daß der Seufzer begreiflich ist: alles Kruvt su 'n iuiui, sü,' (to meid, in-in dive it? nöt, und der Wunsch ver¬ zeihlich: karr ik MM erst 'u man, ^vat K»u me ander viellter (Mädchen) an? Aber das muß man den Ostfriesen lassen, in einem Stücke sind sie sehr höflich gegen unverheiratete junge Damen, sie setzen die Grenze der Heiratsaussichten sehr hoch hinauf: däreus (Dirnen, d. h. Mädchen) aollter de tortig' un röter (Rüben) >in Ktstklakvuä llstiden <is sollt verlsrsv. Also erst an der Pforte des Schwabenalters heißt es: die ihr hier eintretet, laßt alle Hoffnung draußen. Sicher unter vierzig war also die Maid mit dem schönen ostfriesischen Namen Geste, von der das Sprichwort sagt: dat Aelt müder un (ZosKe -in, sa do mir, do lcvvam d'r 'n treer in 't tius. Natürlich, denn alles, was in dieses Fach schlägt, ist von jeher der Frauen Sache gewesen, das Wort Ver¬ lobung elettrisirt sie noch, wenn sie schon längst Großmütter sind, um wieviel mehr, wenn sie etliche Tochter zu vergeben haben. Und daß der Bauer selbst seine Fran mit nennt, zeigt, daß er ein „die Sachlage richtig erkannt habender" Mann war, wie es in einem Bericht über die Seeschlacht bei Jasmund heißt. Denn wie sagt das Sprichwort? De im de toller treib, mut de müder to tründs tiolden. Da übrigens der Vater gleich wußte, daß der Freier Geste anging, so scheint er nur diese eine Tochter gehabt zu haben. Wahrscheinlich galt von ihm nicht: n tius tut dogt^rs is 'u Keiler tut sür bßr; er war wohl vermögend, und das schreckt hier, wie überall, nicht ab. Im Gegenteil: r!Ke tue doZters nu arme tue liattsrs Kurier todt :in 'n ins-n. Hoffentlich hat aber der Freier nicht bloß auf Geld gesehen, denn: von imm 'u dwatjo (albernes Ding) rund um 't solent,je, un 't sollatje is tertürd, blieb 't dvvatje ol de llerd. Jedenfalls muß eine Fran verstehen, das, was der Mann ver¬ dient, zusammenzuhalten. Denn: -tolle is nor a,s duseud. Nur darf einer nicht etwa bloß eine „Arbeitskraft" heiraten wollen; do 'u dro rund um 't solium un döllvr um to legten, de setwt s!n llitend t-in viust net Seggen. Außer dem Fleiß müssen auch noch andre Eigenschaften in Betracht gezogen werden. Darum ist es das sicherste: elle trSi sin mrksrs leimt, den voce, lie, va,t Ire tiinlt. Besonders bequem ist es einem gemacht, wenn man mit „ihr" in demselben Hanse wohnt: dreien noter on baie is on ^rot gsmalc. Doch fehlt es auch

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341857_215089/85>, abgerufen am 27.11.2024.