Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Zweites Vierteljahr.Streif- und Federznge aus vergangnen Tagen die das chemische Laboratorium lieferte. Der frische Heugeruch konnte ebenso Nach Beendigung meiner Besichtigung hätte ich mir zu gern einige Fleisch- Um die Viehhofe kennen zu lernen, mußte ich Bekanntschaft auf dem Ge¬ Streif- und jederzüge aus vergangnen Tagen 2 mein jungen Frankfurter, der sein Gymnasium durchgemacht hat, Streif- und Federznge aus vergangnen Tagen die das chemische Laboratorium lieferte. Der frische Heugeruch konnte ebenso Nach Beendigung meiner Besichtigung hätte ich mir zu gern einige Fleisch- Um die Viehhofe kennen zu lernen, mußte ich Bekanntschaft auf dem Ge¬ Streif- und jederzüge aus vergangnen Tagen 2 mein jungen Frankfurter, der sein Gymnasium durchgemacht hat, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0423" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/214878"/> <fw type="header" place="top"> Streif- und Federznge aus vergangnen Tagen</fw><lb/> <p xml:id="ID_1660" prev="#ID_1659"> die das chemische Laboratorium lieferte. Der frische Heugeruch konnte ebenso<lb/> gut auf Bestellung der Butter verliehen werden, wie die köstliche goldgelbe<lb/> Farbe.</p><lb/> <p xml:id="ID_1661"> Nach Beendigung meiner Besichtigung hätte ich mir zu gern einige Fleisch-<lb/> Proben zur mikroskopischen Untersuchung auf Trichinen mitgenommen. Aber<lb/> Herr Arinour, dein ich diesen Wunsch mitteilte, fragte mich, ob ich mich nicht<lb/> vorher erst einmal von der ärztlichen Kontrolle auf dem großen Viehhof (den<lb/> berühmten Ltocck-^ÄrclL vou Kansas City) überzeugen wolle, wo streng darauf<lb/> geachtet würde, daß kein krankes Stück Vieh zum Schlachten zugelassen werde.<lb/> Die Unterbrechung des üblichen Ganges der Dinge beim Schlachten zur Heraus¬<lb/> nahme von Fleischproben sei in einem so großartig angelegten Schlachthause<lb/> eine Sache, die sehr überlegt werden müsse; ich möchte ihm wenigstens etwas<lb/> Bedenkzeit lassen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1662"> Um die Viehhofe kennen zu lernen, mußte ich Bekanntschaft auf dem Ge¬<lb/> sundheitsamte machen. Ich sah: um zu meinem Ziele zu gelangen, brauchte<lb/> ich Zeit, und da war es das bequemste, mir eine Wohnung zu suche» und<lb/> mich ordentlich in Kansas City einzuleben, zumal da die Stadt so viel des<lb/> Interessanten bot, daß sich diese Mehrausgabe für einen mehrmonatlichen<lb/> Aufenthalt schon lohnte.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Streif- und jederzüge aus vergangnen Tagen<lb/> 2 </head><lb/> <p xml:id="ID_1663" next="#ID_1664"> mein jungen Frankfurter, der sein Gymnasium durchgemacht hat,<lb/> liegen so ziemlich nach allen Himmelsrichtungen Hochschulen zur<lb/> Auswahl so nahe, daß er die eine oder die andre besuchen könnte,<lb/> ohne seinen Wohnort zu wechseln. So bequem hatten sie es<lb/> freilich nicht, als neben Dampfbooten und Marktschiffen nur die<lb/> Neichspostschuecke deu Verkehr vermittelte, in der die Reisenden so eingeengt<lb/> und eingezwängt saßen, daß sie auf der Station wie die Schildbürger kaum<lb/> wußte», wem die verschiednen Beine gehörten. Und jede Fahrt von einer<lb/> Stunde brachte in ein andres Land, war also eine Reise, zu der man sich<lb/> für alle Fälle mit einem Paß ausrüsten mußte. Es war die Zeit, als vor<lb/> dem Thurm-Taxisschen Palaste noch die lange Bank stand, ans die, wie man<lb/> sagte, „alles geschoben wurde" — nämlich in dem Palast, im buudestäglichen<lb/> Karpfenteiche, in dem erst ein Jahrzehnt später Bismarck als Hecht auftauchen<lb/> sollte; als auch noch nicht ein Parlament beisammensaß „zu fröhlichem Thun,"<lb/> Reichsverweser, Neichskanarienvvgel und Ncichsradieschen ernannte und so</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0423]
Streif- und Federznge aus vergangnen Tagen
die das chemische Laboratorium lieferte. Der frische Heugeruch konnte ebenso
gut auf Bestellung der Butter verliehen werden, wie die köstliche goldgelbe
Farbe.
Nach Beendigung meiner Besichtigung hätte ich mir zu gern einige Fleisch-
Proben zur mikroskopischen Untersuchung auf Trichinen mitgenommen. Aber
Herr Arinour, dein ich diesen Wunsch mitteilte, fragte mich, ob ich mich nicht
vorher erst einmal von der ärztlichen Kontrolle auf dem großen Viehhof (den
berühmten Ltocck-^ÄrclL vou Kansas City) überzeugen wolle, wo streng darauf
geachtet würde, daß kein krankes Stück Vieh zum Schlachten zugelassen werde.
Die Unterbrechung des üblichen Ganges der Dinge beim Schlachten zur Heraus¬
nahme von Fleischproben sei in einem so großartig angelegten Schlachthause
eine Sache, die sehr überlegt werden müsse; ich möchte ihm wenigstens etwas
Bedenkzeit lassen.
Um die Viehhofe kennen zu lernen, mußte ich Bekanntschaft auf dem Ge¬
sundheitsamte machen. Ich sah: um zu meinem Ziele zu gelangen, brauchte
ich Zeit, und da war es das bequemste, mir eine Wohnung zu suche» und
mich ordentlich in Kansas City einzuleben, zumal da die Stadt so viel des
Interessanten bot, daß sich diese Mehrausgabe für einen mehrmonatlichen
Aufenthalt schon lohnte.
Streif- und jederzüge aus vergangnen Tagen
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mein jungen Frankfurter, der sein Gymnasium durchgemacht hat,
liegen so ziemlich nach allen Himmelsrichtungen Hochschulen zur
Auswahl so nahe, daß er die eine oder die andre besuchen könnte,
ohne seinen Wohnort zu wechseln. So bequem hatten sie es
freilich nicht, als neben Dampfbooten und Marktschiffen nur die
Neichspostschuecke deu Verkehr vermittelte, in der die Reisenden so eingeengt
und eingezwängt saßen, daß sie auf der Station wie die Schildbürger kaum
wußte», wem die verschiednen Beine gehörten. Und jede Fahrt von einer
Stunde brachte in ein andres Land, war also eine Reise, zu der man sich
für alle Fälle mit einem Paß ausrüsten mußte. Es war die Zeit, als vor
dem Thurm-Taxisschen Palaste noch die lange Bank stand, ans die, wie man
sagte, „alles geschoben wurde" — nämlich in dem Palast, im buudestäglichen
Karpfenteiche, in dem erst ein Jahrzehnt später Bismarck als Hecht auftauchen
sollte; als auch noch nicht ein Parlament beisammensaß „zu fröhlichem Thun,"
Reichsverweser, Neichskanarienvvgel und Ncichsradieschen ernannte und so
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