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Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Erstes Vierteljahr.

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Litteratur

hat als Origenes (der sich bekanntlich selbst kcistrirte). Andre Aussprüche lassen sich
nur französisch wiederholen, z. B.: I^'donnour clos tsmmos ost oommo los taux-
vols, aoud doues 1a vitalito rösiäs clans 1^ boutonnisro. -- I>o MAriaFö ölsvs lo
nivo^n Aönsr3.l ä'uus sooiotö, ins-is imposo ^ vu^eins eouxlo vn püitivulior uns
Position uoiiMllta.to.

Diese und andre geistvolle Gemeinheiten werden dem zwanzigjährigen Bis-
marck untergeschoben! Hoffentlich decken die französischen Kritiker den Schwindel
sofort auf.


Neuerkrankungen.

Wenn man eine besondre Monatsschrift gründen wollte,
die sich die Aufgabe stellte, auch nur die schlimmsten Sprachschnitzer zu sammeln,
die in neu erschienenen Büchern und in der Tagespresse vorkommen, und alle
Dummheiten, die, heute vou eiteln oder gedankenlosen Pfeunigschreibcrn in die
Sprache hineingeworfen, morgen schon von der ganzen gedankenlosen Sippe nach-
gebrnucht werden, man könnte jeden Monat ein stattliches Heft damit füllen. Ewige
Tage lang wurde aus Nietleben und andern Chvleraherden nicht mehr von neuen
Erkrankungen berichtet, sondern nur noch von "Neuerkrnnknngen," sogar von
,,weitern Neuerkrankungen." Was ist denn eine Neucrkranknng, was kann es ver¬
nünftigerweise nur sein? Doch nur wenn ein Mensch, der krank gewesen und wieder
gesund geworden ist, von neuem (oder wie der Österreicher so schön sagt, "neuer-
dings") erkrankt. Die Zeitungsschreiber meinten aber Menschen, die gesund ge¬
wesen und nur erkrankt sind; und wenn da alle Tage neue Fälle vorkommen, so
sind das eben "neue Erkrankungen" oder "weitere Erkrankungen," aber doch keine
"weitern Nenerkrankungen."

Sollte wieder der Telegraph, dieser entsetzliche Verwüster unsrer Sprache,
seine Hand im Spiele haben? der Telegraph, bei dem es immer gilt, aus zwei
Wörtern scheinbar eins zu machen, wobei natürlich darauf gerechnet wird, daß der
Empfänger, in diesem Falle der Zeitungsredakteur, so verständig sein werde, aus
dem einen Worte wieder zwei zu machen? Da kennt man den Redakteur schlecht.
Der giebt das Telegramm mit allem Unsinn in die Druckerei.




Litteratur

Des Herrn Archemoros Gedanken über Jrrende, Suchende und selbstgewisse. Von
Hermann Oeser. Zweite Auflage, A. Reich in Basel, uormals C. Detloffs Buchhand¬
lung, 1893

Wir freuen uns, daß sich dies köstliche kleine Buch schon nach Jahresfrist in
neuer Auflage bei uns einfindet, und wir möchten es unsern Lesern aufs neue
warm empfehlen. Es enthält gleichsam die Auslese aus einem reichen geistigen
Leben. Tiefe Kenntnis des menschlichen Herzens vereinigt sich hier mit feiner
Beobachtungsgabe und freundlichem Humor. Über die Schäden und Verirrungen
unsrer Zeit, vor allem des kirchlichen Lebens, schwingt der Verfasser kräftig die
Geißel. Mit kurzen, treffenden und witzigen Vergleichen und Bildern trifft er oft


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hat als Origenes (der sich bekanntlich selbst kcistrirte). Andre Aussprüche lassen sich
nur französisch wiederholen, z. B.: I^'donnour clos tsmmos ost oommo los taux-
vols, aoud doues 1a vitalito rösiäs clans 1^ boutonnisro. — I>o MAriaFö ölsvs lo
nivo^n Aönsr3.l ä'uus sooiotö, ins-is imposo ^ vu^eins eouxlo vn püitivulior uns
Position uoiiMllta.to.

Diese und andre geistvolle Gemeinheiten werden dem zwanzigjährigen Bis-
marck untergeschoben! Hoffentlich decken die französischen Kritiker den Schwindel
sofort auf.


Neuerkrankungen.

Wenn man eine besondre Monatsschrift gründen wollte,
die sich die Aufgabe stellte, auch nur die schlimmsten Sprachschnitzer zu sammeln,
die in neu erschienenen Büchern und in der Tagespresse vorkommen, und alle
Dummheiten, die, heute vou eiteln oder gedankenlosen Pfeunigschreibcrn in die
Sprache hineingeworfen, morgen schon von der ganzen gedankenlosen Sippe nach-
gebrnucht werden, man könnte jeden Monat ein stattliches Heft damit füllen. Ewige
Tage lang wurde aus Nietleben und andern Chvleraherden nicht mehr von neuen
Erkrankungen berichtet, sondern nur noch von „Neuerkrnnknngen," sogar von
,,weitern Neuerkrankungen." Was ist denn eine Neucrkranknng, was kann es ver¬
nünftigerweise nur sein? Doch nur wenn ein Mensch, der krank gewesen und wieder
gesund geworden ist, von neuem (oder wie der Österreicher so schön sagt, „neuer-
dings") erkrankt. Die Zeitungsschreiber meinten aber Menschen, die gesund ge¬
wesen und nur erkrankt sind; und wenn da alle Tage neue Fälle vorkommen, so
sind das eben „neue Erkrankungen" oder „weitere Erkrankungen," aber doch keine
„weitern Nenerkrankungen."

Sollte wieder der Telegraph, dieser entsetzliche Verwüster unsrer Sprache,
seine Hand im Spiele haben? der Telegraph, bei dem es immer gilt, aus zwei
Wörtern scheinbar eins zu machen, wobei natürlich darauf gerechnet wird, daß der
Empfänger, in diesem Falle der Zeitungsredakteur, so verständig sein werde, aus
dem einen Worte wieder zwei zu machen? Da kennt man den Redakteur schlecht.
Der giebt das Telegramm mit allem Unsinn in die Druckerei.




Litteratur

Des Herrn Archemoros Gedanken über Jrrende, Suchende und selbstgewisse. Von
Hermann Oeser. Zweite Auflage, A. Reich in Basel, uormals C. Detloffs Buchhand¬
lung, 1893

Wir freuen uns, daß sich dies köstliche kleine Buch schon nach Jahresfrist in
neuer Auflage bei uns einfindet, und wir möchten es unsern Lesern aufs neue
warm empfehlen. Es enthält gleichsam die Auslese aus einem reichen geistigen
Leben. Tiefe Kenntnis des menschlichen Herzens vereinigt sich hier mit feiner
Beobachtungsgabe und freundlichem Humor. Über die Schäden und Verirrungen
unsrer Zeit, vor allem des kirchlichen Lebens, schwingt der Verfasser kräftig die
Geißel. Mit kurzen, treffenden und witzigen Vergleichen und Bildern trifft er oft


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[0465] Litteratur hat als Origenes (der sich bekanntlich selbst kcistrirte). Andre Aussprüche lassen sich nur französisch wiederholen, z. B.: I^'donnour clos tsmmos ost oommo los taux- vols, aoud doues 1a vitalito rösiäs clans 1^ boutonnisro. — I>o MAriaFö ölsvs lo nivo^n Aönsr3.l ä'uus sooiotö, ins-is imposo ^ vu^eins eouxlo vn püitivulior uns Position uoiiMllta.to. Diese und andre geistvolle Gemeinheiten werden dem zwanzigjährigen Bis- marck untergeschoben! Hoffentlich decken die französischen Kritiker den Schwindel sofort auf. Neuerkrankungen. Wenn man eine besondre Monatsschrift gründen wollte, die sich die Aufgabe stellte, auch nur die schlimmsten Sprachschnitzer zu sammeln, die in neu erschienenen Büchern und in der Tagespresse vorkommen, und alle Dummheiten, die, heute vou eiteln oder gedankenlosen Pfeunigschreibcrn in die Sprache hineingeworfen, morgen schon von der ganzen gedankenlosen Sippe nach- gebrnucht werden, man könnte jeden Monat ein stattliches Heft damit füllen. Ewige Tage lang wurde aus Nietleben und andern Chvleraherden nicht mehr von neuen Erkrankungen berichtet, sondern nur noch von „Neuerkrnnknngen," sogar von ,,weitern Neuerkrankungen." Was ist denn eine Neucrkranknng, was kann es ver¬ nünftigerweise nur sein? Doch nur wenn ein Mensch, der krank gewesen und wieder gesund geworden ist, von neuem (oder wie der Österreicher so schön sagt, „neuer- dings") erkrankt. Die Zeitungsschreiber meinten aber Menschen, die gesund ge¬ wesen und nur erkrankt sind; und wenn da alle Tage neue Fälle vorkommen, so sind das eben „neue Erkrankungen" oder „weitere Erkrankungen," aber doch keine „weitern Nenerkrankungen." Sollte wieder der Telegraph, dieser entsetzliche Verwüster unsrer Sprache, seine Hand im Spiele haben? der Telegraph, bei dem es immer gilt, aus zwei Wörtern scheinbar eins zu machen, wobei natürlich darauf gerechnet wird, daß der Empfänger, in diesem Falle der Zeitungsredakteur, so verständig sein werde, aus dem einen Worte wieder zwei zu machen? Da kennt man den Redakteur schlecht. Der giebt das Telegramm mit allem Unsinn in die Druckerei. Litteratur Des Herrn Archemoros Gedanken über Jrrende, Suchende und selbstgewisse. Von Hermann Oeser. Zweite Auflage, A. Reich in Basel, uormals C. Detloffs Buchhand¬ lung, 1893 Wir freuen uns, daß sich dies köstliche kleine Buch schon nach Jahresfrist in neuer Auflage bei uns einfindet, und wir möchten es unsern Lesern aufs neue warm empfehlen. Es enthält gleichsam die Auslese aus einem reichen geistigen Leben. Tiefe Kenntnis des menschlichen Herzens vereinigt sich hier mit feiner Beobachtungsgabe und freundlichem Humor. Über die Schäden und Verirrungen unsrer Zeit, vor allem des kirchlichen Lebens, schwingt der Verfasser kräftig die Geißel. Mit kurzen, treffenden und witzigen Vergleichen und Bildern trifft er oft

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341857_213791/465>, abgerufen am 28.11.2024.