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Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Viertes Vierteljahr.

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eingestellt werden, sobald im Verlauf des Jahres ein Mann dnrch Tod,
Krankheit oder ans sonstige Weise in der Kompagnie abgeht, oder sobald ein
solcher Dispvsitivnsurlauber sich durch seine Führung des Vorzugs, deu er
genießt, unwürdig zeigt. Denn das Abdienen des dritten Jahres gilt nicht
als Strafe, die Beurlaubung nach dem zweiten vielmehr als Vergünstigung,
was praktisch freilich auf dasselbe hinausläuft. Die Zeit, wo die Liste der
Dispositiousbeurlaubungen bekannt gemacht wird, gehört zu deu wichtigsten
Augenblicken im Leben der Beteiligten. Handelt es sich doch um nichts ge¬
ringeres als darum, ob sie dein bürgerlichen Leben, Beruf und Erwerb ein
Jahr früher zurückgegeben werden oder noch ein weiteres Jahr entzogen sind.
Man kann sich vorstellen, welche Spannung und Erregung vor der Verkün¬
digung in Soldatenkreiseu herrscht, weiche Niedergeschlagenheit oder Freude
nachher, vor allem aber, welche Kritik sich breit macht. Bei der Auswahl
der Dispvsitivnsurlauber ist im wesentlichen zweierlei maßgebend, die Führung
des Manns und seine häuslichen Verhältnisse. Wenn auch eigentlich die
militärische Ausbildung ausschlaggebend sein soll, so weiß man doch, was für
eine Bewandtnis es damit hat. Ganz abgesehen von der Frage, ob ein In¬
fanterist, dessen Ausbildung in zwei Jahren nicht vollendet werden konnte,
aus einem weitern Jahre noch irgendwelchen Nutzen ziehen würde, weiß der
Eingeweihte, daß nicht selten die Neigung vorhanden ist, besonders ungeschickte
Leute uach dem zweiten Jahre zu entlassen, damit die Kompagnie sie los
werde, wie andrerseits manche ihrer militärischen Anstelligkeit halber zurück¬
gehalten werden, um als Gefreite und später als Unteroffiziere Verwendung
zu finden. Was die beiden in der That als maßgebend zu bezeichnenden Um¬
stände anlangt, so wird bald auf die Führung, bald auf die häuslichen Ver¬
hältnisse stärkerer Nachdruck gelegt. Bei einzelnen Truppenteilen wird grund¬
sätzlich kein Mann beurlaubt, der mit Arrest bestraft worden ist. Um die
Tragweite dieser Maßregel zu ermessen, muß mau sich vergegenwärtige!!, dnrch
welche Kleinigkeiten sich der Gemeine eine Arreststrase zuziehen kann: ein Riß
in der Hose, eine Unachtsamkeit beim Exerzieren reicht dazu aus. Unendlich
viel hängt von unberechenbaren Zufälligkeiten, von Stimmungen der Vor¬
gesetzten ab. Wer Glück hat -- und eine gehörige Mitgift an Dreistigkeit ist
oft genug damit gleichbedeutend --, kommt ohne Strafe davon, obgleich er sie
zehnmal mehr verdient Hütte als sein Kamerad, den während der Dienstzeit
das Mißgeschick verfolgt. Unter allen Umständen ist aber zwischen den mora¬
lischen Eigenschaften der Dispositionsurlauber und der zur vollen dreijährigen
Dienstzeit bestimmten durchschnittlich kein so großer Unterschied als zwischen
den Vorteilen und Nachteilen, die beiden Klassen aus der verschiednen
Behandlung, die sie erfahren, erwachsen. Man denke sich einmal in die Em¬
pfindungen eines Mannes hinein, der, weil er sich ein ganz unbedeutendes
militärisches Vergehen hat zu schulden kommen lassen, noch ein drittes Jahr


eingestellt werden, sobald im Verlauf des Jahres ein Mann dnrch Tod,
Krankheit oder ans sonstige Weise in der Kompagnie abgeht, oder sobald ein
solcher Dispvsitivnsurlauber sich durch seine Führung des Vorzugs, deu er
genießt, unwürdig zeigt. Denn das Abdienen des dritten Jahres gilt nicht
als Strafe, die Beurlaubung nach dem zweiten vielmehr als Vergünstigung,
was praktisch freilich auf dasselbe hinausläuft. Die Zeit, wo die Liste der
Dispositiousbeurlaubungen bekannt gemacht wird, gehört zu deu wichtigsten
Augenblicken im Leben der Beteiligten. Handelt es sich doch um nichts ge¬
ringeres als darum, ob sie dein bürgerlichen Leben, Beruf und Erwerb ein
Jahr früher zurückgegeben werden oder noch ein weiteres Jahr entzogen sind.
Man kann sich vorstellen, welche Spannung und Erregung vor der Verkün¬
digung in Soldatenkreiseu herrscht, weiche Niedergeschlagenheit oder Freude
nachher, vor allem aber, welche Kritik sich breit macht. Bei der Auswahl
der Dispvsitivnsurlauber ist im wesentlichen zweierlei maßgebend, die Führung
des Manns und seine häuslichen Verhältnisse. Wenn auch eigentlich die
militärische Ausbildung ausschlaggebend sein soll, so weiß man doch, was für
eine Bewandtnis es damit hat. Ganz abgesehen von der Frage, ob ein In¬
fanterist, dessen Ausbildung in zwei Jahren nicht vollendet werden konnte,
aus einem weitern Jahre noch irgendwelchen Nutzen ziehen würde, weiß der
Eingeweihte, daß nicht selten die Neigung vorhanden ist, besonders ungeschickte
Leute uach dem zweiten Jahre zu entlassen, damit die Kompagnie sie los
werde, wie andrerseits manche ihrer militärischen Anstelligkeit halber zurück¬
gehalten werden, um als Gefreite und später als Unteroffiziere Verwendung
zu finden. Was die beiden in der That als maßgebend zu bezeichnenden Um¬
stände anlangt, so wird bald auf die Führung, bald auf die häuslichen Ver¬
hältnisse stärkerer Nachdruck gelegt. Bei einzelnen Truppenteilen wird grund¬
sätzlich kein Mann beurlaubt, der mit Arrest bestraft worden ist. Um die
Tragweite dieser Maßregel zu ermessen, muß mau sich vergegenwärtige!!, dnrch
welche Kleinigkeiten sich der Gemeine eine Arreststrase zuziehen kann: ein Riß
in der Hose, eine Unachtsamkeit beim Exerzieren reicht dazu aus. Unendlich
viel hängt von unberechenbaren Zufälligkeiten, von Stimmungen der Vor¬
gesetzten ab. Wer Glück hat — und eine gehörige Mitgift an Dreistigkeit ist
oft genug damit gleichbedeutend —, kommt ohne Strafe davon, obgleich er sie
zehnmal mehr verdient Hütte als sein Kamerad, den während der Dienstzeit
das Mißgeschick verfolgt. Unter allen Umständen ist aber zwischen den mora¬
lischen Eigenschaften der Dispositionsurlauber und der zur vollen dreijährigen
Dienstzeit bestimmten durchschnittlich kein so großer Unterschied als zwischen
den Vorteilen und Nachteilen, die beiden Klassen aus der verschiednen
Behandlung, die sie erfahren, erwachsen. Man denke sich einmal in die Em¬
pfindungen eines Mannes hinein, der, weil er sich ein ganz unbedeutendes
militärisches Vergehen hat zu schulden kommen lassen, noch ein drittes Jahr


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341855_213113/70>, abgerufen am 22.12.2024.