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Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Viertes Vierteljahr.

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über 170 Millionen Mark! Indem die Lords mehr und mehr die Gewohn¬
heit annahmen, ans ihren Besitzungen alle Hütten niederzureißen oder nieder¬
zubrennen, wälzten sie die Armenlast auf die sogenannten offnen Kirchspiele
ab, d. h. auf solche, die aus Gemeinden kleinerer Besitzer bestanden, in deren
Häusern und Gehöften die Vertriebnen Armen Unterschlupf finden konnten,
und die sich selbst mit einem Gesetz über den Unterstützungswohnsitz (v-rroellial
8tetl"ziu<zue.), das die Armen gleich wilden Tieren hin und her zu jagen be¬
nutzt wurde, nicht gehörig zu wehren vermochten. Wie es scheint, ist es vor¬
zugsweise die drückende Armensteuer zusammen mit den fortschreitenden vnelo-
8uros gewesen (im vorigen Jahrhundert sind 2000000, im laufenden 3000000
Acres Gemeindeland eingezäunt, d. h. von den Lords den Gemeinden einfach
gestohlen worden), was die Ieomanrie so heruntergebracht hat, daß sie heute
beinahe verschwunden ist. Mit zunehmender Industrie häufte sich das herum¬
gehetzte Proletariat mehr und mehr in den Großstädten an, und hier beginnt
nun ein neues Unrecht. Der Grund und Boden der Grvszstädte, namentlich
Londons, gehört einigen Lords, die aus den überfüllte" Häusern der Lumpen¬
viertel höhere Mieter herausschlagen als aus den Palästen der feinsten Stadt¬
teile. Denn hier wohnen ja auf jedem Acre hundertmal mehr Menschen als
in den vornehmen Gegenden, die Instandhaltung der jämmerlichen Baracken
kostet fast nichts, und die Mieter sind unverschämt hoch. Was diese Elenden
mit Kohlcnladen, Lumpensammeln, Streichhölzchenverkauf, Stehlen und Hureu
mühselig zusammenkratzen, davon nimmt der Landlord den größten Teil hin¬
weg als Miete für die Schmutzlöcher, in deuen sie Hausen. Und können sie
dann nicht mehr, verfallen sie der Armenpflege, dann haben die Steuerzahler
des Stadtviertels, selbst arme oder wenig bemittelte Leute, die Kosten zu zahlen.
Der Vorfahr des Landlord hat den Vätern dieser Unglücklichen ihr Land ge¬
stohlen, er selbst preßt ihnen als Grundstückbesitzer den letzten Schweiß- und
Blutstropfen aus, und nachdem er so geholfen hat, sie vor der Zeit arbeits¬
unfähig zu machen, bürdet er andern unbemittelten Leuten, die ebenfalls Opfer
seiner Raubgier sind, die Kosten für ihren Unterhalt auf. Das englische Unter¬
stützungswohnsitzgesetz war, nebenbei bemerkt, ein "Potosi" für die Advokaten;
die Gemeinden steigerten einander gegenseitig, um geschickte Advokaten zu ge¬
winnen, die sie von einem Teile der Armenlast zu befreien vermochten. Auch
die Richter wurden schlecht, wie Rogers hervorhebt; unter den Plantagenets
hatten sie ihr Amt zum Segen des Vaterlands verwaltet, zum Schutze des
Rechts der Bürger und zur Erweiterung der Freiheit, unter den Tudors und
Stuarts "waren sie beharrliche und bösartige Feinde jedes Rechts und jeder
Freiheit."

Um das Maß voll zu machen, wurde schließlich auch noch jede Ver¬
einigung von Arbeitern zur Erlangung besserer Arbeitsbedingungen als "Ver¬
schwörung" bestraft "nach Gesetzen Eduards des sechsten und Karls des


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über 170 Millionen Mark! Indem die Lords mehr und mehr die Gewohn¬
heit annahmen, ans ihren Besitzungen alle Hütten niederzureißen oder nieder¬
zubrennen, wälzten sie die Armenlast auf die sogenannten offnen Kirchspiele
ab, d. h. auf solche, die aus Gemeinden kleinerer Besitzer bestanden, in deren
Häusern und Gehöften die Vertriebnen Armen Unterschlupf finden konnten,
und die sich selbst mit einem Gesetz über den Unterstützungswohnsitz (v-rroellial
8tetl«ziu<zue.), das die Armen gleich wilden Tieren hin und her zu jagen be¬
nutzt wurde, nicht gehörig zu wehren vermochten. Wie es scheint, ist es vor¬
zugsweise die drückende Armensteuer zusammen mit den fortschreitenden vnelo-
8uros gewesen (im vorigen Jahrhundert sind 2000000, im laufenden 3000000
Acres Gemeindeland eingezäunt, d. h. von den Lords den Gemeinden einfach
gestohlen worden), was die Ieomanrie so heruntergebracht hat, daß sie heute
beinahe verschwunden ist. Mit zunehmender Industrie häufte sich das herum¬
gehetzte Proletariat mehr und mehr in den Großstädten an, und hier beginnt
nun ein neues Unrecht. Der Grund und Boden der Grvszstädte, namentlich
Londons, gehört einigen Lords, die aus den überfüllte» Häusern der Lumpen¬
viertel höhere Mieter herausschlagen als aus den Palästen der feinsten Stadt¬
teile. Denn hier wohnen ja auf jedem Acre hundertmal mehr Menschen als
in den vornehmen Gegenden, die Instandhaltung der jämmerlichen Baracken
kostet fast nichts, und die Mieter sind unverschämt hoch. Was diese Elenden
mit Kohlcnladen, Lumpensammeln, Streichhölzchenverkauf, Stehlen und Hureu
mühselig zusammenkratzen, davon nimmt der Landlord den größten Teil hin¬
weg als Miete für die Schmutzlöcher, in deuen sie Hausen. Und können sie
dann nicht mehr, verfallen sie der Armenpflege, dann haben die Steuerzahler
des Stadtviertels, selbst arme oder wenig bemittelte Leute, die Kosten zu zahlen.
Der Vorfahr des Landlord hat den Vätern dieser Unglücklichen ihr Land ge¬
stohlen, er selbst preßt ihnen als Grundstückbesitzer den letzten Schweiß- und
Blutstropfen aus, und nachdem er so geholfen hat, sie vor der Zeit arbeits¬
unfähig zu machen, bürdet er andern unbemittelten Leuten, die ebenfalls Opfer
seiner Raubgier sind, die Kosten für ihren Unterhalt auf. Das englische Unter¬
stützungswohnsitzgesetz war, nebenbei bemerkt, ein „Potosi" für die Advokaten;
die Gemeinden steigerten einander gegenseitig, um geschickte Advokaten zu ge¬
winnen, die sie von einem Teile der Armenlast zu befreien vermochten. Auch
die Richter wurden schlecht, wie Rogers hervorhebt; unter den Plantagenets
hatten sie ihr Amt zum Segen des Vaterlands verwaltet, zum Schutze des
Rechts der Bürger und zur Erweiterung der Freiheit, unter den Tudors und
Stuarts „waren sie beharrliche und bösartige Feinde jedes Rechts und jeder
Freiheit."

Um das Maß voll zu machen, wurde schließlich auch noch jede Ver¬
einigung von Arbeitern zur Erlangung besserer Arbeitsbedingungen als „Ver¬
schwörung" bestraft «nach Gesetzen Eduards des sechsten und Karls des


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[0634] U?eder Koiinnunismus ne'es Rapitalisnius über 170 Millionen Mark! Indem die Lords mehr und mehr die Gewohn¬ heit annahmen, ans ihren Besitzungen alle Hütten niederzureißen oder nieder¬ zubrennen, wälzten sie die Armenlast auf die sogenannten offnen Kirchspiele ab, d. h. auf solche, die aus Gemeinden kleinerer Besitzer bestanden, in deren Häusern und Gehöften die Vertriebnen Armen Unterschlupf finden konnten, und die sich selbst mit einem Gesetz über den Unterstützungswohnsitz (v-rroellial 8tetl«ziu<zue.), das die Armen gleich wilden Tieren hin und her zu jagen be¬ nutzt wurde, nicht gehörig zu wehren vermochten. Wie es scheint, ist es vor¬ zugsweise die drückende Armensteuer zusammen mit den fortschreitenden vnelo- 8uros gewesen (im vorigen Jahrhundert sind 2000000, im laufenden 3000000 Acres Gemeindeland eingezäunt, d. h. von den Lords den Gemeinden einfach gestohlen worden), was die Ieomanrie so heruntergebracht hat, daß sie heute beinahe verschwunden ist. Mit zunehmender Industrie häufte sich das herum¬ gehetzte Proletariat mehr und mehr in den Großstädten an, und hier beginnt nun ein neues Unrecht. Der Grund und Boden der Grvszstädte, namentlich Londons, gehört einigen Lords, die aus den überfüllte» Häusern der Lumpen¬ viertel höhere Mieter herausschlagen als aus den Palästen der feinsten Stadt¬ teile. Denn hier wohnen ja auf jedem Acre hundertmal mehr Menschen als in den vornehmen Gegenden, die Instandhaltung der jämmerlichen Baracken kostet fast nichts, und die Mieter sind unverschämt hoch. Was diese Elenden mit Kohlcnladen, Lumpensammeln, Streichhölzchenverkauf, Stehlen und Hureu mühselig zusammenkratzen, davon nimmt der Landlord den größten Teil hin¬ weg als Miete für die Schmutzlöcher, in deuen sie Hausen. Und können sie dann nicht mehr, verfallen sie der Armenpflege, dann haben die Steuerzahler des Stadtviertels, selbst arme oder wenig bemittelte Leute, die Kosten zu zahlen. Der Vorfahr des Landlord hat den Vätern dieser Unglücklichen ihr Land ge¬ stohlen, er selbst preßt ihnen als Grundstückbesitzer den letzten Schweiß- und Blutstropfen aus, und nachdem er so geholfen hat, sie vor der Zeit arbeits¬ unfähig zu machen, bürdet er andern unbemittelten Leuten, die ebenfalls Opfer seiner Raubgier sind, die Kosten für ihren Unterhalt auf. Das englische Unter¬ stützungswohnsitzgesetz war, nebenbei bemerkt, ein „Potosi" für die Advokaten; die Gemeinden steigerten einander gegenseitig, um geschickte Advokaten zu ge¬ winnen, die sie von einem Teile der Armenlast zu befreien vermochten. Auch die Richter wurden schlecht, wie Rogers hervorhebt; unter den Plantagenets hatten sie ihr Amt zum Segen des Vaterlands verwaltet, zum Schutze des Rechts der Bürger und zur Erweiterung der Freiheit, unter den Tudors und Stuarts „waren sie beharrliche und bösartige Feinde jedes Rechts und jeder Freiheit." Um das Maß voll zu machen, wurde schließlich auch noch jede Ver¬ einigung von Arbeitern zur Erlangung besserer Arbeitsbedingungen als „Ver¬ schwörung" bestraft «nach Gesetzen Eduards des sechsten und Karls des

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341855_213113/634>, abgerufen am 23.12.2024.