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Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Viertes Vierteljahr.

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kommen und bloß, weil seine Prinzessin auch erwartet wurde. Was die un
in unser kleines Holstein wollte, dn bin ich nich hinter gekommen: ich denk
mich, daß sie sich mit ihre Onkels verzürnt hatte. Jedenfalls is sie in die
Umgegend von Plön aufn Gut gewesen, und der junge Herzog hat auch
kommen wollen, um ihr zu sehen.

So hat mich Piähr verzählt und denn noch gesagt, daß sich die beiden
jungen Herrschaftens ein oder zwei Jahr nich gesehen hätten, und daß sie es
nil vor Sehnsucht nich mehr aushalten könnten, was mir ziemlich gewundert
hat. Denn wenn ich ein klein nüdliche Deern von Maitag bis Michelis nich
sehe, denn weiß ich doch warhaftigen Gott nich, was sie vorn Gesicht hat,
und ich kann mir mit den besten Willen keinen Momang nach ihr sehnen.
Piühr sagte abers, bei die Vorredners wär das anders. Die hätten ümmer-
los die Liebe in Kopp, und das feinste wär es, dieselbigte Dame ne ganze
Zeit lang zu lieben, auch wenn man ihr garnicht sähe. Na, und dann ver¬
zählte er mich, daß der alte Herzog man bloß deshalb nach Eutin gekommen
wär, um sein Sohn und die Prinzessin zu sehen, sonsten hätt er viel sicherer
in Ungarland bleiben können, das ja ganz dicht bei Jtaljen liegt. Das wär
nu ganz gewiß besser gewesen, wenn der alte Mann in Ungarland geblieben
wär, abers er wollt sein Jungen sehen, der nu groß und stattlich geworden
war und ein ganzen feinen Kerl, wie Piähr sagte. Er konnt überhaupt gar-
nich aufhören von den jungen Herzog zu sprechen, der son klein süßen Jungen
gewesen wär, und daß der Alte auch ein ganz ordentlichen Krakter hätt.

Ich muß nu sagen, daß mir die ganze Geschichte delischen langweilte;
zuhören that ich abers doch, weil ich an den Brief nach Hamburg dachte. Und
wie ich nahstens zu mein Herrn retuhr kam, wußte der bald, was er an
Rosenstein schreiben sollt: von die französche Prinzessin, die in Holstein war,
und von den jungen Herzog, der ihr so lieb hatt und darum auch kommen wollt.

Mein Kammerjunker hört mich auch ganz aufmerksam zu und spielt mit
den Deckel von sein Geldkasten. Klein war das Ding und doch nimmer leer.
Wenn abers der Vikomt nich gewesen wär, den mein Herr ein neuen Anzug
hatt machen lassen, denn hätt da noch was einfellt müssen. Das wußt ich
ganz gennn und ärgerte mir ein büschen, swieg abers über die Geschichte.
Bloß, daß ich nahstens ganz verloren vor mir hinsagte, daß es doch stimm
wär, wenn jemand ein klein nüdliche Deern ihr Vater parens nix abslagen
könnt. Mein Herr lacht ein büschen und wird rot, und denn fragt er mir
noch einmal nach die französche Prinzessin und nach den jungen Herzog, lind
denn schreibt er neu langen Brief an Rosenstein.

Kein vierzehn Tage hats gedauert, da kriegt er von Hamburg nen ganzen
Berg Geld geschickt, und Herr Rosenstein schreibt, der Brief Hütte ihm furcht¬
bar gefreut, und der Junker sollt man immer mehr Nachrichten von die Fran-
zosens schicken. Da war mein Kammerjunker denn oben auf, schenkte an die


kommen und bloß, weil seine Prinzessin auch erwartet wurde. Was die un
in unser kleines Holstein wollte, dn bin ich nich hinter gekommen: ich denk
mich, daß sie sich mit ihre Onkels verzürnt hatte. Jedenfalls is sie in die
Umgegend von Plön aufn Gut gewesen, und der junge Herzog hat auch
kommen wollen, um ihr zu sehen.

So hat mich Piähr verzählt und denn noch gesagt, daß sich die beiden
jungen Herrschaftens ein oder zwei Jahr nich gesehen hätten, und daß sie es
nil vor Sehnsucht nich mehr aushalten könnten, was mir ziemlich gewundert
hat. Denn wenn ich ein klein nüdliche Deern von Maitag bis Michelis nich
sehe, denn weiß ich doch warhaftigen Gott nich, was sie vorn Gesicht hat,
und ich kann mir mit den besten Willen keinen Momang nach ihr sehnen.
Piühr sagte abers, bei die Vorredners wär das anders. Die hätten ümmer-
los die Liebe in Kopp, und das feinste wär es, dieselbigte Dame ne ganze
Zeit lang zu lieben, auch wenn man ihr garnicht sähe. Na, und dann ver¬
zählte er mich, daß der alte Herzog man bloß deshalb nach Eutin gekommen
wär, um sein Sohn und die Prinzessin zu sehen, sonsten hätt er viel sicherer
in Ungarland bleiben können, das ja ganz dicht bei Jtaljen liegt. Das wär
nu ganz gewiß besser gewesen, wenn der alte Mann in Ungarland geblieben
wär, abers er wollt sein Jungen sehen, der nu groß und stattlich geworden
war und ein ganzen feinen Kerl, wie Piähr sagte. Er konnt überhaupt gar-
nich aufhören von den jungen Herzog zu sprechen, der son klein süßen Jungen
gewesen wär, und daß der Alte auch ein ganz ordentlichen Krakter hätt.

Ich muß nu sagen, daß mir die ganze Geschichte delischen langweilte;
zuhören that ich abers doch, weil ich an den Brief nach Hamburg dachte. Und
wie ich nahstens zu mein Herrn retuhr kam, wußte der bald, was er an
Rosenstein schreiben sollt: von die französche Prinzessin, die in Holstein war,
und von den jungen Herzog, der ihr so lieb hatt und darum auch kommen wollt.

Mein Kammerjunker hört mich auch ganz aufmerksam zu und spielt mit
den Deckel von sein Geldkasten. Klein war das Ding und doch nimmer leer.
Wenn abers der Vikomt nich gewesen wär, den mein Herr ein neuen Anzug
hatt machen lassen, denn hätt da noch was einfellt müssen. Das wußt ich
ganz gennn und ärgerte mir ein büschen, swieg abers über die Geschichte.
Bloß, daß ich nahstens ganz verloren vor mir hinsagte, daß es doch stimm
wär, wenn jemand ein klein nüdliche Deern ihr Vater parens nix abslagen
könnt. Mein Herr lacht ein büschen und wird rot, und denn fragt er mir
noch einmal nach die französche Prinzessin und nach den jungen Herzog, lind
denn schreibt er neu langen Brief an Rosenstein.

Kein vierzehn Tage hats gedauert, da kriegt er von Hamburg nen ganzen
Berg Geld geschickt, und Herr Rosenstein schreibt, der Brief Hütte ihm furcht¬
bar gefreut, und der Junker sollt man immer mehr Nachrichten von die Fran-
zosens schicken. Da war mein Kammerjunker denn oben auf, schenkte an die


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341855_213113/550>, abgerufen am 26.08.2024.