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Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Viertes Vierteljahr.

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Gin neuer Luchhändlerprozeß

Darnach hat das Gericht den Thatbestand eines strafbaren Nachdrucks
für festgestellt erachtet. Bei Abmessung der Strafe hält es zwar die bisherige
Unbescholtenheit der Angeklagten für strafmildernd; weil aber der künstlerische
Ruf des Maler Alters eine Zeit lang eine erhebliche Einbuße erlitten habe,
doch eine hohe Strafe für angemessen. Es verurteilt deshalb jeden der beiden
Angeklagten zu einer Strafe von eintausendfünfhundert Mark.

Was die geforderte Buße betrifft, so hat das Gericht zwei Kunsthändler,
Griese und Bopser, die beide frühere Mappen von Alters in Verlag haben,
als Zeugen und Sachverständige vernommen. Ans Grund dieser Aussagen
erkennt es jeden der beiden Angeklagten zur Zahlung einer Buße von sechs¬
tausend Mark, fiir die sie solidarisch haften sollen, schuldig.

Endlich erkennt das Gericht auch auf Einziehung der vorrätigen Nach¬
drucksexemplare, sowie der zu deren Herstellung bestimmten Vorrichtungen.

Gegen dieses Urteil haben die Angeklagte" die Revision an das Reichs¬
gericht erhoben. Das Reichsgericht weist in seinem Urteil zunächst mehrere
an prozessualische Pnnkte geknüpfte Beschwerden (ans die wir hier nicht näher
eingehen) zurück. In der Sache selbst verwirft es in den Hauptpunkten die
Beschwerden, weil sie gegen thatsächliche Feststellungen des Gerichts erster In¬
stanz gerichtet seien. Nur in einem Punkte ändert es die Entscheidung ub.
Der 5 18 Absatz 4 des Gesetzes vom le. Juni t870 bestimmt: "Statt der
Entschädigung (wegen Nachdrucks) kann auf eine an den Beschädigtem zu er¬
legende Geldbuße bis zum Betrage von zweitausend Thaler erkannt werden.
Für die Buße haften die zu derselben Verurteilten als Gesamtschuldner." Diese
Vorschrift erklärt das Reichsgericht für verletzt. Da nur eine einheitliche Hand¬
lung vorliege, so habe gegen beide Angeklagte auch nur einmal ans die Buße
im gesetzlichen Höchstbetrage von sechstausend Mark erkannt werden dürfen.
Die Kosten der zweiten Instanz legt das Reichsgericht ganz den Angeklagten
auf, weil durch die Verhandlung und Entscheidung des Punktes, bei dem die
Revision Erfolg gehabt habe, keine besondern Kosten entstanden seien.

Um zunächst über diese Neichsgerichtsentscheidung ein Wort zu sagen,
so können wir gegen sie keinen ins Gewicht fallenden Vorwurf erheben. Das
Rechtsmittel der Revision, ans das das Reichsgericht beschränkt ist, läßt nur
eine Prüfung der Sache in ihrer rechtlichen Beurteilung, nicht auch eine Prü¬
fung der in der Vorinstanz entschiednen thatsächlichen Fragen zu. Darnach
kommt das Reichsgericht öfter in die Lage, eine vielleicht durchaus ungerechte
Entscheidung -- die Mitglieder sagen "mit blutendem Herzen" -- bestehn zu
lassen, weil das Rechtsmittel der Revision nicht an sie hinnnreicht. So ist
es, bis auf den einen Punkt der doppelt zuerkannten Buße, auch hier der Fall
gewesen. Ob nicht die Änderung des Urteils in diesem, durch deu Antrag
des Nebenklägers veranlaßten, für die Angeklagten doch recht wichtigen Punkte
das Reichsgericht -- zumal wenn es sich auch der Härte des Urteils im


Gin neuer Luchhändlerprozeß

Darnach hat das Gericht den Thatbestand eines strafbaren Nachdrucks
für festgestellt erachtet. Bei Abmessung der Strafe hält es zwar die bisherige
Unbescholtenheit der Angeklagten für strafmildernd; weil aber der künstlerische
Ruf des Maler Alters eine Zeit lang eine erhebliche Einbuße erlitten habe,
doch eine hohe Strafe für angemessen. Es verurteilt deshalb jeden der beiden
Angeklagten zu einer Strafe von eintausendfünfhundert Mark.

Was die geforderte Buße betrifft, so hat das Gericht zwei Kunsthändler,
Griese und Bopser, die beide frühere Mappen von Alters in Verlag haben,
als Zeugen und Sachverständige vernommen. Ans Grund dieser Aussagen
erkennt es jeden der beiden Angeklagten zur Zahlung einer Buße von sechs¬
tausend Mark, fiir die sie solidarisch haften sollen, schuldig.

Endlich erkennt das Gericht auch auf Einziehung der vorrätigen Nach¬
drucksexemplare, sowie der zu deren Herstellung bestimmten Vorrichtungen.

Gegen dieses Urteil haben die Angeklagte» die Revision an das Reichs¬
gericht erhoben. Das Reichsgericht weist in seinem Urteil zunächst mehrere
an prozessualische Pnnkte geknüpfte Beschwerden (ans die wir hier nicht näher
eingehen) zurück. In der Sache selbst verwirft es in den Hauptpunkten die
Beschwerden, weil sie gegen thatsächliche Feststellungen des Gerichts erster In¬
stanz gerichtet seien. Nur in einem Punkte ändert es die Entscheidung ub.
Der 5 18 Absatz 4 des Gesetzes vom le. Juni t870 bestimmt: „Statt der
Entschädigung (wegen Nachdrucks) kann auf eine an den Beschädigtem zu er¬
legende Geldbuße bis zum Betrage von zweitausend Thaler erkannt werden.
Für die Buße haften die zu derselben Verurteilten als Gesamtschuldner." Diese
Vorschrift erklärt das Reichsgericht für verletzt. Da nur eine einheitliche Hand¬
lung vorliege, so habe gegen beide Angeklagte auch nur einmal ans die Buße
im gesetzlichen Höchstbetrage von sechstausend Mark erkannt werden dürfen.
Die Kosten der zweiten Instanz legt das Reichsgericht ganz den Angeklagten
auf, weil durch die Verhandlung und Entscheidung des Punktes, bei dem die
Revision Erfolg gehabt habe, keine besondern Kosten entstanden seien.

Um zunächst über diese Neichsgerichtsentscheidung ein Wort zu sagen,
so können wir gegen sie keinen ins Gewicht fallenden Vorwurf erheben. Das
Rechtsmittel der Revision, ans das das Reichsgericht beschränkt ist, läßt nur
eine Prüfung der Sache in ihrer rechtlichen Beurteilung, nicht auch eine Prü¬
fung der in der Vorinstanz entschiednen thatsächlichen Fragen zu. Darnach
kommt das Reichsgericht öfter in die Lage, eine vielleicht durchaus ungerechte
Entscheidung — die Mitglieder sagen „mit blutendem Herzen" — bestehn zu
lassen, weil das Rechtsmittel der Revision nicht an sie hinnnreicht. So ist
es, bis auf den einen Punkt der doppelt zuerkannten Buße, auch hier der Fall
gewesen. Ob nicht die Änderung des Urteils in diesem, durch deu Antrag
des Nebenklägers veranlaßten, für die Angeklagten doch recht wichtigen Punkte
das Reichsgericht — zumal wenn es sich auch der Härte des Urteils im


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[0514] Gin neuer Luchhändlerprozeß Darnach hat das Gericht den Thatbestand eines strafbaren Nachdrucks für festgestellt erachtet. Bei Abmessung der Strafe hält es zwar die bisherige Unbescholtenheit der Angeklagten für strafmildernd; weil aber der künstlerische Ruf des Maler Alters eine Zeit lang eine erhebliche Einbuße erlitten habe, doch eine hohe Strafe für angemessen. Es verurteilt deshalb jeden der beiden Angeklagten zu einer Strafe von eintausendfünfhundert Mark. Was die geforderte Buße betrifft, so hat das Gericht zwei Kunsthändler, Griese und Bopser, die beide frühere Mappen von Alters in Verlag haben, als Zeugen und Sachverständige vernommen. Ans Grund dieser Aussagen erkennt es jeden der beiden Angeklagten zur Zahlung einer Buße von sechs¬ tausend Mark, fiir die sie solidarisch haften sollen, schuldig. Endlich erkennt das Gericht auch auf Einziehung der vorrätigen Nach¬ drucksexemplare, sowie der zu deren Herstellung bestimmten Vorrichtungen. Gegen dieses Urteil haben die Angeklagte» die Revision an das Reichs¬ gericht erhoben. Das Reichsgericht weist in seinem Urteil zunächst mehrere an prozessualische Pnnkte geknüpfte Beschwerden (ans die wir hier nicht näher eingehen) zurück. In der Sache selbst verwirft es in den Hauptpunkten die Beschwerden, weil sie gegen thatsächliche Feststellungen des Gerichts erster In¬ stanz gerichtet seien. Nur in einem Punkte ändert es die Entscheidung ub. Der 5 18 Absatz 4 des Gesetzes vom le. Juni t870 bestimmt: „Statt der Entschädigung (wegen Nachdrucks) kann auf eine an den Beschädigtem zu er¬ legende Geldbuße bis zum Betrage von zweitausend Thaler erkannt werden. Für die Buße haften die zu derselben Verurteilten als Gesamtschuldner." Diese Vorschrift erklärt das Reichsgericht für verletzt. Da nur eine einheitliche Hand¬ lung vorliege, so habe gegen beide Angeklagte auch nur einmal ans die Buße im gesetzlichen Höchstbetrage von sechstausend Mark erkannt werden dürfen. Die Kosten der zweiten Instanz legt das Reichsgericht ganz den Angeklagten auf, weil durch die Verhandlung und Entscheidung des Punktes, bei dem die Revision Erfolg gehabt habe, keine besondern Kosten entstanden seien. Um zunächst über diese Neichsgerichtsentscheidung ein Wort zu sagen, so können wir gegen sie keinen ins Gewicht fallenden Vorwurf erheben. Das Rechtsmittel der Revision, ans das das Reichsgericht beschränkt ist, läßt nur eine Prüfung der Sache in ihrer rechtlichen Beurteilung, nicht auch eine Prü¬ fung der in der Vorinstanz entschiednen thatsächlichen Fragen zu. Darnach kommt das Reichsgericht öfter in die Lage, eine vielleicht durchaus ungerechte Entscheidung — die Mitglieder sagen „mit blutendem Herzen" — bestehn zu lassen, weil das Rechtsmittel der Revision nicht an sie hinnnreicht. So ist es, bis auf den einen Punkt der doppelt zuerkannten Buße, auch hier der Fall gewesen. Ob nicht die Änderung des Urteils in diesem, durch deu Antrag des Nebenklägers veranlaßten, für die Angeklagten doch recht wichtigen Punkte das Reichsgericht — zumal wenn es sich auch der Härte des Urteils im

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341855_213113/514>, abgerufen am 22.12.2024.