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Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Viertes Vierteljahr.

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Aufklärungen über studentische Dinge

ganz ahnungslosen Mull, die sich mit erwartungsvoll hochschlagendem Herzen
erst auf der Universität um das ganze bunte Wesen zu bekümmern beginnen
und dann voller Begeisterung und studentischer Romantik irgendwo, wie es
sich gerade giebt, aktiv werdeu. Sie erleben mauche Enttäuschung, aber sie
finden auch wieder manchen unerwarteten Ersatz, weil sie die sind, die sich mit
heiligem Eifer an das zu Grunde liegende Schöne und Gute halten. Und
weil gerade sie mit sieghafter Überzeuguugstreue für deu Geist der Gründungs-
urknude und der Statuten und für altstudcntisches frisches Umhertnuuneln,
für Humor, Fröhlichkeit, herzliche Freundschaft und feste Disziplin deu Kampf
aufnehmen gegen die modernsten Allüren, gegen Vlasirtheit und Gedankenarmut
und die ode Cafthockerei und Skntdrescherei, so bringt jedes solche treuherzige
Mitglied die Genossen wieder ein wenig von der schiefen Bahn zurück und
dem alten Sinn und Zweck der Verbindung wieder näher, gegen den jn
im Grnnde niemand wirklich etwas gehabt hatte, der nur von dürftigem
Seelen vergessen war. Die bedenklichen und zwar recht bedenklichen sind die
Füchse von einer dritten Art, nämlich die, die das Verbiuduugslebeu schon aus
eigner vorheriger Anschauung genauer keimen und es dennoch fertig bringen,
auch dort aktiv zu werden, wo die moderne Banalität, das leere Scheinwesen,
auch wohl die liebe Streberei völlig obenauf gekommen siud und widerspruchslos
herrschen. Das sind in der Hauptsache solche, die schon aus eiuer Schüler¬
verbindung oder anch aus gewissen großen Städten kommen. Vom Studenten¬
leben selber erwarten sie im Grunde nichts mehr, wie überhaupt dus Leben
für sie außer Rang und Geld nichts mehr zu bieten hat, sie kennen alles,
wenn mau sie hört, sie haben alles schon durchgemacht, sie haben genossen
das irdische Glück; phantasielos, greisenhaft, angekränkelten Haupthaars und
Herzens treten sie ins akademische Leben ein, jede muntre Jugendlichkeit,
jede freie und gesunde Regung bespöttelnd, steif und stilvoll, langweilig
und gelangweilt, daß sich einem das Herz über diese deutsche Jugend
zusammenschnürt. Aber aktiv werden sie, obwohl sie sich sagen, daß ihnen
das Verbinduugsleben uur Lasten und unbequeme Pflichten, und zwar ohne
jedes Äquivalent, bringen wird; sie sind es sich schuldig, oder sie müssen eben,
denn die ältern Genossen von der "Peunalverbindnng," die vor ihnen
aktiv geworden sind, ziehen immer wieder die jüngern an den festgesponnencn
Fäden nach, gegen die sich ihre Schlaffheit trotz des häufigen Unbehagens
nicht zu wehren vermag. Du kennst sie, lieber Leser, diese Zierden ihrer Ver¬
bindung; in Berlin, Leipzig, Breslau, Straßburg, München siehst du sie am
häufigsten, aber auch auf genug kleinern Universitäten. Meist ist es die Korps¬
mütze, ost aber auch schon die einer andern Verbindnngsgattnng, die ihr
hinterrücks gescheiteltes Fuchshaupt bedeckt; sie studiren an den Kravattenläden,
den Gigerlstock hintenaus gestreckt unterm Arm oder im Winter in der Tasche
des modisch kurzen Überziehers; stundenlang sitzen sie beim Friseur, mit dem


Aufklärungen über studentische Dinge

ganz ahnungslosen Mull, die sich mit erwartungsvoll hochschlagendem Herzen
erst auf der Universität um das ganze bunte Wesen zu bekümmern beginnen
und dann voller Begeisterung und studentischer Romantik irgendwo, wie es
sich gerade giebt, aktiv werdeu. Sie erleben mauche Enttäuschung, aber sie
finden auch wieder manchen unerwarteten Ersatz, weil sie die sind, die sich mit
heiligem Eifer an das zu Grunde liegende Schöne und Gute halten. Und
weil gerade sie mit sieghafter Überzeuguugstreue für deu Geist der Gründungs-
urknude und der Statuten und für altstudcntisches frisches Umhertnuuneln,
für Humor, Fröhlichkeit, herzliche Freundschaft und feste Disziplin deu Kampf
aufnehmen gegen die modernsten Allüren, gegen Vlasirtheit und Gedankenarmut
und die ode Cafthockerei und Skntdrescherei, so bringt jedes solche treuherzige
Mitglied die Genossen wieder ein wenig von der schiefen Bahn zurück und
dem alten Sinn und Zweck der Verbindung wieder näher, gegen den jn
im Grnnde niemand wirklich etwas gehabt hatte, der nur von dürftigem
Seelen vergessen war. Die bedenklichen und zwar recht bedenklichen sind die
Füchse von einer dritten Art, nämlich die, die das Verbiuduugslebeu schon aus
eigner vorheriger Anschauung genauer keimen und es dennoch fertig bringen,
auch dort aktiv zu werden, wo die moderne Banalität, das leere Scheinwesen,
auch wohl die liebe Streberei völlig obenauf gekommen siud und widerspruchslos
herrschen. Das sind in der Hauptsache solche, die schon aus eiuer Schüler¬
verbindung oder anch aus gewissen großen Städten kommen. Vom Studenten¬
leben selber erwarten sie im Grunde nichts mehr, wie überhaupt dus Leben
für sie außer Rang und Geld nichts mehr zu bieten hat, sie kennen alles,
wenn mau sie hört, sie haben alles schon durchgemacht, sie haben genossen
das irdische Glück; phantasielos, greisenhaft, angekränkelten Haupthaars und
Herzens treten sie ins akademische Leben ein, jede muntre Jugendlichkeit,
jede freie und gesunde Regung bespöttelnd, steif und stilvoll, langweilig
und gelangweilt, daß sich einem das Herz über diese deutsche Jugend
zusammenschnürt. Aber aktiv werden sie, obwohl sie sich sagen, daß ihnen
das Verbinduugsleben uur Lasten und unbequeme Pflichten, und zwar ohne
jedes Äquivalent, bringen wird; sie sind es sich schuldig, oder sie müssen eben,
denn die ältern Genossen von der „Peunalverbindnng," die vor ihnen
aktiv geworden sind, ziehen immer wieder die jüngern an den festgesponnencn
Fäden nach, gegen die sich ihre Schlaffheit trotz des häufigen Unbehagens
nicht zu wehren vermag. Du kennst sie, lieber Leser, diese Zierden ihrer Ver¬
bindung; in Berlin, Leipzig, Breslau, Straßburg, München siehst du sie am
häufigsten, aber auch auf genug kleinern Universitäten. Meist ist es die Korps¬
mütze, ost aber auch schon die einer andern Verbindnngsgattnng, die ihr
hinterrücks gescheiteltes Fuchshaupt bedeckt; sie studiren an den Kravattenläden,
den Gigerlstock hintenaus gestreckt unterm Arm oder im Winter in der Tasche
des modisch kurzen Überziehers; stundenlang sitzen sie beim Friseur, mit dem


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341855_213113/468>, abgerufen am 22.12.2024.