Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Viertes Vierteljahr.sagt uns aber noch mehr, er weiß zu berichten, daß sie mit Lenz geliebelt, Wir halten es für unschicklich, weiter auf diese Vermutungen einzugehen, Er mag mir meinetwegen auch mit einem Verse Vischers antworten: H. veil sagt uns aber noch mehr, er weiß zu berichten, daß sie mit Lenz geliebelt, Wir halten es für unschicklich, weiter auf diese Vermutungen einzugehen, Er mag mir meinetwegen auch mit einem Verse Vischers antworten: H. veil <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0443" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/213557"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_1333" prev="#ID_1332"> sagt uns aber noch mehr, er weiß zu berichten, daß sie mit Lenz geliebelt,<lb/> dann einen ungenannten keuschen jungen evangelischen Theologen in ihre Netze<lb/> gezogen, endlich sich mit dem schon erwähnten katholischen Pfarrer Reinhold<lb/> eingelassen und von diesem ein oder zwei, vielleicht sogar drei Kinder bekommen<lb/> habe, wovon jedenfalls ein Sohn unter dein Namen Johann Friedrich<lb/> Vlumeuhold in dem Findelhaus zu Stephnnsfeld, später als Lehrling bei einem<lb/> Pnstetenbücker zu Straßburg untergebracht worden sei. So ist er endlich<lb/> glücklich bei dem sagenhaften Pastetenbäcker angekommen, freilich ohne ihn<lb/> als Sohn Goethes nachweisen zu können.</p><lb/> <p xml:id="ID_1334"> Wir halten es für unschicklich, weiter auf diese Vermutungen einzugehen,<lb/> brauchen auch wohl kaum zu sagen, daß in der Hauptsache die versuchte Be¬<lb/> weisführung auf ebenso unsicher» Füßen steht wie die bisherigen Anklagen<lb/> Frvitzheims. Nur zwei Bemerkungen können wir zum Schluß nicht unter¬<lb/> drücken. Die Veröffentlichung eines Ausschnitts aus dem Tagebuche jenes<lb/> ungenannten evangelischen Theologen, der 1778 bis 1780 Friederiken nahe<lb/> getreten ist (S. 82 bis 88), gehört zu dem Peinlichsten und Indiskretesten,<lb/> was uns vorgekommen ist. Übrigens geht daraus aufs klarste hervor, daß<lb/> dieser weder damals noch später von einer Verführung Friederikens durch<lb/> Goethe etwas wußte, da er sonst ganz gewiß seinen Rückzug damit entschul¬<lb/> digt hätte. Zum andern aber mochte ich fragen: Im Namen welcher oder<lb/> was für einer Wissenschaft stellt Frvitzheim diese kriminalistischen Untersuchungen<lb/> über das Leben Friederikens seit Goethes Entfernung an? Welches wissen¬<lb/> schaftliche Interesse berechtigt ihn, nachdem sie aus der Lebensbahn Goethes<lb/> und damit aus dem Gesichtskreis der Litteraturgeschichte herausgetreten ist,<lb/> den Versuch zu machen, in das Geheimnis ihres Privatlebens einzudringen<lb/> und darin herumzuwühlen wie ein Prosektor in dein Leichnam einer Un¬<lb/> glücklichen?</p><lb/> <p xml:id="ID_1335"> Er mag mir meinetwegen auch mit einem Verse Vischers antworten:</p><lb/> <lg xml:id="POEMID_27" type="poem"> <l/> </lg><lb/> <note type="byline"> H. veil</note><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0443]
sagt uns aber noch mehr, er weiß zu berichten, daß sie mit Lenz geliebelt,
dann einen ungenannten keuschen jungen evangelischen Theologen in ihre Netze
gezogen, endlich sich mit dem schon erwähnten katholischen Pfarrer Reinhold
eingelassen und von diesem ein oder zwei, vielleicht sogar drei Kinder bekommen
habe, wovon jedenfalls ein Sohn unter dein Namen Johann Friedrich
Vlumeuhold in dem Findelhaus zu Stephnnsfeld, später als Lehrling bei einem
Pnstetenbücker zu Straßburg untergebracht worden sei. So ist er endlich
glücklich bei dem sagenhaften Pastetenbäcker angekommen, freilich ohne ihn
als Sohn Goethes nachweisen zu können.
Wir halten es für unschicklich, weiter auf diese Vermutungen einzugehen,
brauchen auch wohl kaum zu sagen, daß in der Hauptsache die versuchte Be¬
weisführung auf ebenso unsicher» Füßen steht wie die bisherigen Anklagen
Frvitzheims. Nur zwei Bemerkungen können wir zum Schluß nicht unter¬
drücken. Die Veröffentlichung eines Ausschnitts aus dem Tagebuche jenes
ungenannten evangelischen Theologen, der 1778 bis 1780 Friederiken nahe
getreten ist (S. 82 bis 88), gehört zu dem Peinlichsten und Indiskretesten,
was uns vorgekommen ist. Übrigens geht daraus aufs klarste hervor, daß
dieser weder damals noch später von einer Verführung Friederikens durch
Goethe etwas wußte, da er sonst ganz gewiß seinen Rückzug damit entschul¬
digt hätte. Zum andern aber mochte ich fragen: Im Namen welcher oder
was für einer Wissenschaft stellt Frvitzheim diese kriminalistischen Untersuchungen
über das Leben Friederikens seit Goethes Entfernung an? Welches wissen¬
schaftliche Interesse berechtigt ihn, nachdem sie aus der Lebensbahn Goethes
und damit aus dem Gesichtskreis der Litteraturgeschichte herausgetreten ist,
den Versuch zu machen, in das Geheimnis ihres Privatlebens einzudringen
und darin herumzuwühlen wie ein Prosektor in dein Leichnam einer Un¬
glücklichen?
Er mag mir meinetwegen auch mit einem Verse Vischers antworten:
H. veil
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |