Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Drittes Vierteljahr.China und das Abendland hirten Volke der Serer im fernsten Osten, deren Haupthandelsartikel Seide sei. Größere, ja wie erst viel später ganz gewürdigt worden ist, sogar sehr Wieder vergingen zwei Jahrhunderte, ohne daß ein merklicher Schritt Erst als im fünfzehnten Jahrhundert die großartigen Entdeckungsreisen China und das Abendland hirten Volke der Serer im fernsten Osten, deren Haupthandelsartikel Seide sei. Größere, ja wie erst viel später ganz gewürdigt worden ist, sogar sehr Wieder vergingen zwei Jahrhunderte, ohne daß ein merklicher Schritt Erst als im fünfzehnten Jahrhundert die großartigen Entdeckungsreisen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0074" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/212550"/> <fw type="header" place="top"> China und das Abendland</fw><lb/> <p xml:id="ID_170" prev="#ID_169"> hirten Volke der Serer im fernsten Osten, deren Haupthandelsartikel Seide sei.<lb/> Doch blieb noch aus Jahrhunderte hinaus die Kenntnis des Abendlandes von<lb/> China im übrigen sehr dürftig, wozu der Umstand beitrug, daß kein unmittel¬<lb/> barer Verkehr stattfinden konnte, da sich in den Tagen der Römer die Parther<lb/> und später die mohammedanischen Reiche dazwischenschoben. Die Feststellung<lb/> der Namen in verschiednen mittelalterlichen Gesandtschafts- und Reiseberichten<lb/> bietet meistens nicht geringe Schwierigkeiten und hat Anlaß zu mancherlei<lb/> gelehrten philologisch-geographischen Untersuchungen gegeben; diese hier näher<lb/> darzulegen, würde zu weit sichren. Allzu wenig sind, wie es scheint, dabei<lb/> bisher die chinesischen Geschichtswerke verwertet worden. Es ist allerdings<lb/> keine Kleinigkeit, sich dnrch eine Reihe von Bänden meist mit sehr trocknem<lb/> Inhalte durchzuarbeiten, um vielleicht auf einige gesuchte Namen zu stoßen,<lb/> die doch nur selten mit Sicherheit zu identifiziren sind.</p><lb/> <p xml:id="ID_171"> Größere, ja wie erst viel später ganz gewürdigt worden ist, sogar sehr<lb/> große Klarheit brachten erst die Reiseberichte der Poli ans Venedig. Nicolo<lb/> Polo und sein Bruder Matteo Polo, zwei angesehene venetianische Kaufleute,<lb/> machten in der zweiten Hälfte des dreizehnten Jahrhunderts zwei Reisen nach<lb/> China, wo sie von Kublai Khan gut aufgenommen wurden. Nicolos Sohn<lb/> Marco, der auf der zweiten Reise Vater und Oheim begleitete, wurde beim<lb/> Khan rasch sehr beliebt. Er hielt sich im ganzen einundzwanzig Jahre im<lb/> Osten auf und kam mit seinen Verwandten im Jahre 1295 nach Venedig<lb/> zurück. Dort brachten ihn Ränke seiner Gegner ins Gefängnis, wo er seine<lb/> unfreiwillige Muße dazu benutzte, einem Mitgefangnen seine Erlebnisse zu<lb/> diktiren. Allgemein wurden damals diese Berichte über die von Menschen<lb/> wimmelnden großen Städte des ferner Ostens sür starke Übertreibungen ge¬<lb/> halten, sodaß Marco Polo von seinen Landsleuten den Spitznamen Millionen¬<lb/> schwätzer erhielt. In neuerer Zeit ist aber durch eingehende Untersuchungen,<lb/> besonders vom anglo-indischen Jngenieurobersten Unke in seiner ausgezeichneten<lb/> Ausgabe von Marco Polos Reisebericht, bewiesen worden, daß dieser eine<lb/> durchaus zuverlässige Quelle der mittelalterlichen Staatenkunde Asiens ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_172"> Wieder vergingen zwei Jahrhunderte, ohne daß ein merklicher Schritt<lb/> vorwärts gemacht wurde. Der Handel zwischen Europa und Ostasien ging<lb/> während des ganzen Mittelalters durch die Hände der Araber, die seit dem<lb/> neunten Jahrhundert Beziehungen zu China unterhielten. Doch wurde die<lb/> Nachfrage nach den in der spätern Römerzeit vielbegehrten echten chinesischen<lb/> Seidenstoffen geringer, seitdem im sechsten Jahrhundert einige nestorianische<lb/> Mönche die Seidenraupe von China nach Griechenland gebracht hatten.</p><lb/> <p xml:id="ID_173" next="#ID_174"> Erst als im fünfzehnten Jahrhundert die großartigen Entdeckungsreisen<lb/> der Portugiesen und Spanier begannen, wurde zum erstenmale die Flagge<lb/> einer europäischen Macht auch nach China geführt. Aber merkwürdig, während<lb/> man im Abendlande schon länger als ein Jahrtausend um das Bestehen der</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0074]
China und das Abendland
hirten Volke der Serer im fernsten Osten, deren Haupthandelsartikel Seide sei.
Doch blieb noch aus Jahrhunderte hinaus die Kenntnis des Abendlandes von
China im übrigen sehr dürftig, wozu der Umstand beitrug, daß kein unmittel¬
barer Verkehr stattfinden konnte, da sich in den Tagen der Römer die Parther
und später die mohammedanischen Reiche dazwischenschoben. Die Feststellung
der Namen in verschiednen mittelalterlichen Gesandtschafts- und Reiseberichten
bietet meistens nicht geringe Schwierigkeiten und hat Anlaß zu mancherlei
gelehrten philologisch-geographischen Untersuchungen gegeben; diese hier näher
darzulegen, würde zu weit sichren. Allzu wenig sind, wie es scheint, dabei
bisher die chinesischen Geschichtswerke verwertet worden. Es ist allerdings
keine Kleinigkeit, sich dnrch eine Reihe von Bänden meist mit sehr trocknem
Inhalte durchzuarbeiten, um vielleicht auf einige gesuchte Namen zu stoßen,
die doch nur selten mit Sicherheit zu identifiziren sind.
Größere, ja wie erst viel später ganz gewürdigt worden ist, sogar sehr
große Klarheit brachten erst die Reiseberichte der Poli ans Venedig. Nicolo
Polo und sein Bruder Matteo Polo, zwei angesehene venetianische Kaufleute,
machten in der zweiten Hälfte des dreizehnten Jahrhunderts zwei Reisen nach
China, wo sie von Kublai Khan gut aufgenommen wurden. Nicolos Sohn
Marco, der auf der zweiten Reise Vater und Oheim begleitete, wurde beim
Khan rasch sehr beliebt. Er hielt sich im ganzen einundzwanzig Jahre im
Osten auf und kam mit seinen Verwandten im Jahre 1295 nach Venedig
zurück. Dort brachten ihn Ränke seiner Gegner ins Gefängnis, wo er seine
unfreiwillige Muße dazu benutzte, einem Mitgefangnen seine Erlebnisse zu
diktiren. Allgemein wurden damals diese Berichte über die von Menschen
wimmelnden großen Städte des ferner Ostens sür starke Übertreibungen ge¬
halten, sodaß Marco Polo von seinen Landsleuten den Spitznamen Millionen¬
schwätzer erhielt. In neuerer Zeit ist aber durch eingehende Untersuchungen,
besonders vom anglo-indischen Jngenieurobersten Unke in seiner ausgezeichneten
Ausgabe von Marco Polos Reisebericht, bewiesen worden, daß dieser eine
durchaus zuverlässige Quelle der mittelalterlichen Staatenkunde Asiens ist.
Wieder vergingen zwei Jahrhunderte, ohne daß ein merklicher Schritt
vorwärts gemacht wurde. Der Handel zwischen Europa und Ostasien ging
während des ganzen Mittelalters durch die Hände der Araber, die seit dem
neunten Jahrhundert Beziehungen zu China unterhielten. Doch wurde die
Nachfrage nach den in der spätern Römerzeit vielbegehrten echten chinesischen
Seidenstoffen geringer, seitdem im sechsten Jahrhundert einige nestorianische
Mönche die Seidenraupe von China nach Griechenland gebracht hatten.
Erst als im fünfzehnten Jahrhundert die großartigen Entdeckungsreisen
der Portugiesen und Spanier begannen, wurde zum erstenmale die Flagge
einer europäischen Macht auch nach China geführt. Aber merkwürdig, während
man im Abendlande schon länger als ein Jahrtausend um das Bestehen der
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