Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Drittes Vierteljahr.Maßgebliches und Unmaßgebliches zu der Ansicht, daß die Verbreitung des Pferdefleischgcnusses ein Schutz für das Wenn doch die Pferde reden könnten! Wenn man dann einem durch Alter, Sprachdummheit. In der Unterhaltungsbeilage einer Berliner Zeitung "Der Bursche macht einen ganz brauchbaren Eindruck." "Das ist er auch." So erfahren wir also, was ein "brauchbarer Eindruck" ist, nämlich ein Bursche Für die Redaktion verantwortlich! Dr. G. Wustmann in Leipzig Verlaa von Fr. Wilh. Grunow in Leipzig -- Druck von Cork Marqucirt in Leipzig Maßgebliches und Unmaßgebliches zu der Ansicht, daß die Verbreitung des Pferdefleischgcnusses ein Schutz für das Wenn doch die Pferde reden könnten! Wenn man dann einem durch Alter, Sprachdummheit. In der Unterhaltungsbeilage einer Berliner Zeitung „Der Bursche macht einen ganz brauchbaren Eindruck." „Das ist er auch." So erfahren wir also, was ein „brauchbarer Eindruck" ist, nämlich ein Bursche Für die Redaktion verantwortlich! Dr. G. Wustmann in Leipzig Verlaa von Fr. Wilh. Grunow in Leipzig — Druck von Cork Marqucirt in Leipzig <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0632" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/213108"/> <fw type="header" place="top"> Maßgebliches und Unmaßgebliches</fw><lb/> <p xml:id="ID_2152" prev="#ID_2151"> zu der Ansicht, daß die Verbreitung des Pferdefleischgcnusses ein Schutz für das<lb/> Pferd sei. Die in Heft 34 der Grenzboten entwickelte Theorie, daß man sein<lb/> Pferd ebensowenig verspeisen dürfe wie seinen Kanarienvogel oder seinen Hund,<lb/> und daß das nur der erste Schritt zum Verspeisen seines Onkels oder seiner Tante<lb/> sei, klingt zwar sehr schön, aber es geht ihr, wie so mancher andern schönen<lb/> Theorie, sie hält vor den Forderungen des Praktischen Lebens nicht Stich. Seinen<lb/> Hund oder seinen Kanarienvogel Pflegt man, wenn man eben kein roher Mensch<lb/> ist, bis zu seinem Tode. Wer kann das aber mit seinem Pferde thun? Wie<lb/> wenige Pferdefreunde sind in der Lage, ihren Pferden das Gnadenbrod geben zu<lb/> können. Und wie gestaltet sich dann das Leben des armen Tieres? Mit dem<lb/> Alter avaneirt es rückwärts, sein Dasein wird immer trauriger. Wie manches in<lb/> der Jugend gepflegte und mit Leckerbissen versorgte Pferd endet unter Peitschen¬<lb/> hieben am Sandkarren! Man gehe doch auf die Straße und sehe sich die Jammer¬<lb/> gestalten an! Ist es denn da nicht besser, wenn es der Roßschlächter kauft und<lb/> ihm noch ein Paar Tage, bevor er es schlachtet, gutes und reichliches Futter giebt?<lb/> Und je mehr das Pferdefleischessen aufkommt, desto mehr wird der Noßschlächter<lb/> darauf sehen, durch Mast noch etwas Fett zu schaffen.</p><lb/> <p xml:id="ID_2153"> Wenn doch die Pferde reden könnten! Wenn man dann einem durch Alter,<lb/> Hunger und Prügel heruntergekommnen Tiere die schöne, sentimentale Theorie ent¬<lb/> wickelte, was würde es Wohl antworten? Wenn es ein Berliner Pferd wäre, wahr¬<lb/> scheinlich: Was ich mir davor koofe!</p><lb/> </div> <div n="2"> <head> Sprachdummheit.</head> <p xml:id="ID_2154"> In der Unterhaltungsbeilage einer Berliner Zeitung<lb/> finden wir einen so gewählten Unsinn, daß wir uns nicht versagen können, dem<lb/> Nachdrucksverbote zum Trotz uusern Lesern eine Freude damit zu bereiten.</p><lb/> <p xml:id="ID_2155"> „Der Bursche macht einen ganz brauchbaren Eindruck."</p><lb/> <p xml:id="ID_2156"> „Das ist er auch."</p><lb/> <p xml:id="ID_2157"> So erfahren wir also, was ein „brauchbarer Eindruck" ist, nämlich ein Bursche<lb/> und zwar ein Neger. Wenn das ein Quintaner schriebe, müßte er befürchten,<lb/> von der Hand des Lehrers einen Eindruck zu erhalten, den er schwerlich brauchbar<lb/> finden würde. Aber der „Dichter" ist vielleicht selbst in Afrika gewesen und hat<lb/> dort seine Muttersprache verlernt.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <note type="byline"> Für die Redaktion verantwortlich! Dr. G. Wustmann in Leipzig<lb/> Verlaa von Fr. Wilh. Grunow in Leipzig — Druck von Cork Marqucirt in Leipzig</note><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0632]
Maßgebliches und Unmaßgebliches
zu der Ansicht, daß die Verbreitung des Pferdefleischgcnusses ein Schutz für das
Pferd sei. Die in Heft 34 der Grenzboten entwickelte Theorie, daß man sein
Pferd ebensowenig verspeisen dürfe wie seinen Kanarienvogel oder seinen Hund,
und daß das nur der erste Schritt zum Verspeisen seines Onkels oder seiner Tante
sei, klingt zwar sehr schön, aber es geht ihr, wie so mancher andern schönen
Theorie, sie hält vor den Forderungen des Praktischen Lebens nicht Stich. Seinen
Hund oder seinen Kanarienvogel Pflegt man, wenn man eben kein roher Mensch
ist, bis zu seinem Tode. Wer kann das aber mit seinem Pferde thun? Wie
wenige Pferdefreunde sind in der Lage, ihren Pferden das Gnadenbrod geben zu
können. Und wie gestaltet sich dann das Leben des armen Tieres? Mit dem
Alter avaneirt es rückwärts, sein Dasein wird immer trauriger. Wie manches in
der Jugend gepflegte und mit Leckerbissen versorgte Pferd endet unter Peitschen¬
hieben am Sandkarren! Man gehe doch auf die Straße und sehe sich die Jammer¬
gestalten an! Ist es denn da nicht besser, wenn es der Roßschlächter kauft und
ihm noch ein Paar Tage, bevor er es schlachtet, gutes und reichliches Futter giebt?
Und je mehr das Pferdefleischessen aufkommt, desto mehr wird der Noßschlächter
darauf sehen, durch Mast noch etwas Fett zu schaffen.
Wenn doch die Pferde reden könnten! Wenn man dann einem durch Alter,
Hunger und Prügel heruntergekommnen Tiere die schöne, sentimentale Theorie ent¬
wickelte, was würde es Wohl antworten? Wenn es ein Berliner Pferd wäre, wahr¬
scheinlich: Was ich mir davor koofe!
Sprachdummheit. In der Unterhaltungsbeilage einer Berliner Zeitung
finden wir einen so gewählten Unsinn, daß wir uns nicht versagen können, dem
Nachdrucksverbote zum Trotz uusern Lesern eine Freude damit zu bereiten.
„Der Bursche macht einen ganz brauchbaren Eindruck."
„Das ist er auch."
So erfahren wir also, was ein „brauchbarer Eindruck" ist, nämlich ein Bursche
und zwar ein Neger. Wenn das ein Quintaner schriebe, müßte er befürchten,
von der Hand des Lehrers einen Eindruck zu erhalten, den er schwerlich brauchbar
finden würde. Aber der „Dichter" ist vielleicht selbst in Afrika gewesen und hat
dort seine Muttersprache verlernt.
Für die Redaktion verantwortlich! Dr. G. Wustmann in Leipzig
Verlaa von Fr. Wilh. Grunow in Leipzig — Druck von Cork Marqucirt in Leipzig
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