Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Drittes Vierteljahr.Maßgebliches und Unmaßgebliches Stoff- oder ein Kvhlenstoffatvm, oder eine Atomgruppe sei, und ob Körperatome Seele Maßgebliches und Unmaßgebliches Stoff- oder ein Kvhlenstoffatvm, oder eine Atomgruppe sei, und ob Körperatome Seele <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0576" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/213052"/> <fw type="header" place="top"> Maßgebliches und Unmaßgebliches</fw><lb/> <p xml:id="ID_1907" prev="#ID_1906" next="#ID_1908"> Stoff- oder ein Kvhlenstoffatvm, oder eine Atomgruppe sei, und ob Körperatome Seele<lb/> werden können. Möglich, daß dem so ist, möglich auch, daß Seelen- und Körpercitome<lb/> verschiedne Wesenheiten sind; wir wissen es nicht, wir werden es mit den Hilfsmitteln<lb/> irdischen Wissenschaft niemals herausbekommen, und was wir schlechterdings nicht der<lb/> unssen können, das ist uns gleichgiltig; die Frage nach Monismus und Dualismus<lb/> überlassen wir den MetaPhysikern alten Stils und den Theologen. Sondern dieses<lb/> ist die durch unsre heutige Naturerkenntnis klar gewordne Wahrheit, daß die Vor¬<lb/> gänge der Körperwelt und die Sceleuerlebnisse grundverschieden von einander und<lb/> unvergleichbar mit einander sind. Mag Seele und Sauerstoffatom stofflich ein und<lb/> dasselbe Ding sein, aber als Seele ist es nicht Sauerstoff, und als Sauerstoff ist<lb/> es nicht Seele; Kohlensäure bilden und Blutkörper rot färben auf der einen, Kohlen¬<lb/> saure riechen und rote Farbe sehen auf der andern Seite sind Vorgänge, die<lb/> schlechterdings keine Ähnlichkeit, keine Verwandtschaft mit einander haben. Alle Vor¬<lb/> gänge der Körperwelt sind bis in unser Gehirn hinein weiter nichts als Schwin¬<lb/> gungen, Annäherungen, Abstoßnngen, Umgrnppirnngen. Zwischen dem ganzen Ver¬<lb/> lauf und der ganzen Verkettung dieser ewig sich gleichbleibenden äußern Anstöße<lb/> einerseits und den Farben, Tönen, Gerüchen, die wir auf diese Anstöße hin mahr¬<lb/> nehmen, den Lust- und Schmerzempfindungen, die sie uns verursache», andrerseits<lb/> besteht nicht die geringste Ähnlichkeit. Von abgestufter Entwicklung, von allmählichen<lb/> Übergängen ans einem Gebiet ins andre kann gar keine Rede sein. Nicht bloß<lb/> mit den erhabnen Gedanken Platos, sondern schon mit den Lustgefühlen eines<lb/> Bauerlümmels oder mit der Schmerzempfindung des getretner Wurms haben die<lb/> organischen Vorgänge im Gehirn keinerlei Ähnlichkeit oder Verwandtschaft; sie haben<lb/> damit, bloß ihre Dascinsform angesehen, rein gar nichts zu schaffen. Die Gruppen<lb/> der Körperatome haben unter sich eine Stufenleiter vom einfachen zum zusammen¬<lb/> gesetzten, und die Seelen unter sich eine andre von der stumpfen zur scharfen, von<lb/> der groben zur seinen, von der einfältigen zur vielfältigen Empfindung. Die zweite<lb/> Stufenleiter läuft der ersten parallel, und die Wesen dieser dienen den Wesen jener<lb/> als Werkzeuge; in den lebenden Wesen sind Beweguugsanstöße und Empfindungen<lb/> mit einander verkettet. Aber von einem Übergange des körperlichen Daseins zum<lb/> geistigen zu sprechen hat keinen Sinn. Niemals geht eine bloß organische Zelle<lb/> in eine empfindende über, sondern bei einer bestimmten Gruppirung organischer<lb/> Zellen tritt allemal Empfindung als etwas völlig neues hinzu, das mit dem orga¬<lb/> ttischen Prozeß weiter nichts zu schaffen hat, als daß es ohne ihn nicht thätig sein,<lb/> nicht wirklich werden kann, wie der Violinvirtuos nicht thätig sein, nicht wirklich<lb/> werden kann ohne eine Violine, deren Holzteile, Saiten und Saitenschwinguugen<lb/> ja ebenfalls etwas völlig andres sind und in alle Ewigkeit etwas völlig andres<lb/> bleiben als die musikalischen Gedanken, Empfindungen und Willensnnstöße des<lb/> Spielenden. Und wenn wir auch Herrn Dubois-Rehmvnd nicht Recht geben, wenn<lb/> er Goethen belehrt, sein Faust habe als ordentlicher Professor das arme Gretchen<lb/> nicht sitzen lassen dürfen, so bleibt doch sein andres Wort unumstößlich wahr, daß<lb/> wir niemals begreifen werden, wie ein Körperatom jemals dazu kommen konnte,<lb/> zu empfinden und um sich selbst zu wissen. Und um auch noch einen „reaktionären"<lb/> Franzosen anzuführen, der freilich einen deutschen Namen trägt, so sagt der Phy¬<lb/> siker G. H. Hirn in seiner Schrift !,!>> vio tuturo se 1a. soionvs inoüsrns: (Zow-<lb/> msnt uns xsirsss <ze surtout soinmsnt 1a. sonssisnos c^is nous a.von.8 Ah nons-<lb/> msmss xouvcmt sortir An olroo als t-urd Ah millions qri'mi vmiclra. Ah dillss<lb/> 61oMqn<Z8 trof xstitss, v'sse so qns ,js laisss Z. Ä'autrss 1s soin Ä'sxxllquse se<lb/> surtout Ah LoinxrsirÄrv sux-intzmos; ,js mo rßvuss loi l'urd lrnindlsmsnt. (Wir</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0576]
Maßgebliches und Unmaßgebliches
Stoff- oder ein Kvhlenstoffatvm, oder eine Atomgruppe sei, und ob Körperatome Seele
werden können. Möglich, daß dem so ist, möglich auch, daß Seelen- und Körpercitome
verschiedne Wesenheiten sind; wir wissen es nicht, wir werden es mit den Hilfsmitteln
irdischen Wissenschaft niemals herausbekommen, und was wir schlechterdings nicht der
unssen können, das ist uns gleichgiltig; die Frage nach Monismus und Dualismus
überlassen wir den MetaPhysikern alten Stils und den Theologen. Sondern dieses
ist die durch unsre heutige Naturerkenntnis klar gewordne Wahrheit, daß die Vor¬
gänge der Körperwelt und die Sceleuerlebnisse grundverschieden von einander und
unvergleichbar mit einander sind. Mag Seele und Sauerstoffatom stofflich ein und
dasselbe Ding sein, aber als Seele ist es nicht Sauerstoff, und als Sauerstoff ist
es nicht Seele; Kohlensäure bilden und Blutkörper rot färben auf der einen, Kohlen¬
saure riechen und rote Farbe sehen auf der andern Seite sind Vorgänge, die
schlechterdings keine Ähnlichkeit, keine Verwandtschaft mit einander haben. Alle Vor¬
gänge der Körperwelt sind bis in unser Gehirn hinein weiter nichts als Schwin¬
gungen, Annäherungen, Abstoßnngen, Umgrnppirnngen. Zwischen dem ganzen Ver¬
lauf und der ganzen Verkettung dieser ewig sich gleichbleibenden äußern Anstöße
einerseits und den Farben, Tönen, Gerüchen, die wir auf diese Anstöße hin mahr¬
nehmen, den Lust- und Schmerzempfindungen, die sie uns verursache», andrerseits
besteht nicht die geringste Ähnlichkeit. Von abgestufter Entwicklung, von allmählichen
Übergängen ans einem Gebiet ins andre kann gar keine Rede sein. Nicht bloß
mit den erhabnen Gedanken Platos, sondern schon mit den Lustgefühlen eines
Bauerlümmels oder mit der Schmerzempfindung des getretner Wurms haben die
organischen Vorgänge im Gehirn keinerlei Ähnlichkeit oder Verwandtschaft; sie haben
damit, bloß ihre Dascinsform angesehen, rein gar nichts zu schaffen. Die Gruppen
der Körperatome haben unter sich eine Stufenleiter vom einfachen zum zusammen¬
gesetzten, und die Seelen unter sich eine andre von der stumpfen zur scharfen, von
der groben zur seinen, von der einfältigen zur vielfältigen Empfindung. Die zweite
Stufenleiter läuft der ersten parallel, und die Wesen dieser dienen den Wesen jener
als Werkzeuge; in den lebenden Wesen sind Beweguugsanstöße und Empfindungen
mit einander verkettet. Aber von einem Übergange des körperlichen Daseins zum
geistigen zu sprechen hat keinen Sinn. Niemals geht eine bloß organische Zelle
in eine empfindende über, sondern bei einer bestimmten Gruppirung organischer
Zellen tritt allemal Empfindung als etwas völlig neues hinzu, das mit dem orga¬
ttischen Prozeß weiter nichts zu schaffen hat, als daß es ohne ihn nicht thätig sein,
nicht wirklich werden kann, wie der Violinvirtuos nicht thätig sein, nicht wirklich
werden kann ohne eine Violine, deren Holzteile, Saiten und Saitenschwinguugen
ja ebenfalls etwas völlig andres sind und in alle Ewigkeit etwas völlig andres
bleiben als die musikalischen Gedanken, Empfindungen und Willensnnstöße des
Spielenden. Und wenn wir auch Herrn Dubois-Rehmvnd nicht Recht geben, wenn
er Goethen belehrt, sein Faust habe als ordentlicher Professor das arme Gretchen
nicht sitzen lassen dürfen, so bleibt doch sein andres Wort unumstößlich wahr, daß
wir niemals begreifen werden, wie ein Körperatom jemals dazu kommen konnte,
zu empfinden und um sich selbst zu wissen. Und um auch noch einen „reaktionären"
Franzosen anzuführen, der freilich einen deutschen Namen trägt, so sagt der Phy¬
siker G. H. Hirn in seiner Schrift !,!>> vio tuturo se 1a. soionvs inoüsrns: (Zow-
msnt uns xsirsss <ze surtout soinmsnt 1a. sonssisnos c^is nous a.von.8 Ah nons-
msmss xouvcmt sortir An olroo als t-urd Ah millions qri'mi vmiclra. Ah dillss
61oMqn<Z8 trof xstitss, v'sse so qns ,js laisss Z. Ä'autrss 1s soin Ä'sxxllquse se
surtout Ah LoinxrsirÄrv sux-intzmos; ,js mo rßvuss loi l'urd lrnindlsmsnt. (Wir
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