Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Erstes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite

Berlin mit einer sehr bescheidne" Mietwohnung begnügen muß, und da endlich
zu Gunsten der Biesdorfer Kolonie neben andern Vorzügen sehr ins Gewicht
fällt, daß man dort räumlich begnemer und gesünder wohnen wird als in
Berlin, so wird sür den Arbeiter nichts vorteilhafter sein, als in Biesdorf ein
eignes Haus zu erwerben. Voraussetzung ist natürlich, daß er über die aus
deu Kaufpreis zu leistende Anzahlung verfügt. Da junge Arbeiter bei den
heutigen Löhnen im allgemeinen bis zu ihrer Verheiratung leicht eine Summe
ersparen können, die hinreicht, ein eignes Heim zu erwerben, so sollte man
annehmen, daß es den meisten uicht schwer fallen könnte, das Geld zur An¬
zahlung zu beschaffen. Leider pflegen aber die unverheirateten Arbeiter,
namentlich in den Großstädten, wenig vom Sparen zu halten. Deshalb wird
die Frage der Anzahlung immer Schwierigkeiten bieten. Sie läßt sich viel¬
leicht überwinden, wenn gemeinnützige Baugesellschaften uns die Anzahlung
einer größern Summe als ersten Teiles des Kaufpreises verzichten und deu
Arbeiter, der ein Einfamilienhaus bezieht, sich erst nach einigen Jahren ent¬
scheiden lassen, ob er nur Mieter oder Käufer sein will. In diesem Falle würde
die Amortisationsguote, die auf den Mietpreis geschlagen wird, als Sparein¬
lage zu behandeln und dem Arbeiter, der seine Absicht aufgiebt, das Hans
allmählich zu erwerben, nebst Zinsen zurückzuerstatten sein. Daß es trotz der
Amortisationsguote aber immer noch billiger und vor allem weit besser sein
wird, auf dein Lande oder in den Vororten in Einfamilienhäusern zu wohnen,
als in den Mietkasernen der Großstädte, ist zweifellos. Um so dringender
ist zu wünschen, daß man Mittel und Wege finde, die es uns möglich machen,
der großen Masse der Arbeiterbevölkerung Heimstätten zu bieten.




Das ^traßenrecht zur ^>ce und seine Mängel
Von Georg Wisli^crus

er Deutsche, insbesondre der Binnenländer, zeigt, sobald er sich
auf See begiebt -- sei es in einem der modernen Schnell¬
dampfer oder einem sonstigen Fahrzeug bis herab zu dem kleinsten
offnen Segelboot --, stets ein blindes Vertrauen, und zwar
nicht allein zu den Seeleuten, denen der Schutz seines Lebens
obliegt, sondern auch zu dem Schiffe oder Boote, das er ohne Wahl auf gut
Glück besteigt. Bon Seefahrtseinrichtungen und internationalen Gesetzen, die
zu seinem Schutze beitragen sollen, weiß er meist gar nichts, oder er hat nnr


Berlin mit einer sehr bescheidne» Mietwohnung begnügen muß, und da endlich
zu Gunsten der Biesdorfer Kolonie neben andern Vorzügen sehr ins Gewicht
fällt, daß man dort räumlich begnemer und gesünder wohnen wird als in
Berlin, so wird sür den Arbeiter nichts vorteilhafter sein, als in Biesdorf ein
eignes Haus zu erwerben. Voraussetzung ist natürlich, daß er über die aus
deu Kaufpreis zu leistende Anzahlung verfügt. Da junge Arbeiter bei den
heutigen Löhnen im allgemeinen bis zu ihrer Verheiratung leicht eine Summe
ersparen können, die hinreicht, ein eignes Heim zu erwerben, so sollte man
annehmen, daß es den meisten uicht schwer fallen könnte, das Geld zur An¬
zahlung zu beschaffen. Leider pflegen aber die unverheirateten Arbeiter,
namentlich in den Großstädten, wenig vom Sparen zu halten. Deshalb wird
die Frage der Anzahlung immer Schwierigkeiten bieten. Sie läßt sich viel¬
leicht überwinden, wenn gemeinnützige Baugesellschaften uns die Anzahlung
einer größern Summe als ersten Teiles des Kaufpreises verzichten und deu
Arbeiter, der ein Einfamilienhaus bezieht, sich erst nach einigen Jahren ent¬
scheiden lassen, ob er nur Mieter oder Käufer sein will. In diesem Falle würde
die Amortisationsguote, die auf den Mietpreis geschlagen wird, als Sparein¬
lage zu behandeln und dem Arbeiter, der seine Absicht aufgiebt, das Hans
allmählich zu erwerben, nebst Zinsen zurückzuerstatten sein. Daß es trotz der
Amortisationsguote aber immer noch billiger und vor allem weit besser sein
wird, auf dein Lande oder in den Vororten in Einfamilienhäusern zu wohnen,
als in den Mietkasernen der Großstädte, ist zweifellos. Um so dringender
ist zu wünschen, daß man Mittel und Wege finde, die es uns möglich machen,
der großen Masse der Arbeiterbevölkerung Heimstätten zu bieten.




Das ^traßenrecht zur ^>ce und seine Mängel
Von Georg Wisli^crus

er Deutsche, insbesondre der Binnenländer, zeigt, sobald er sich
auf See begiebt — sei es in einem der modernen Schnell¬
dampfer oder einem sonstigen Fahrzeug bis herab zu dem kleinsten
offnen Segelboot —, stets ein blindes Vertrauen, und zwar
nicht allein zu den Seeleuten, denen der Schutz seines Lebens
obliegt, sondern auch zu dem Schiffe oder Boote, das er ohne Wahl auf gut
Glück besteigt. Bon Seefahrtseinrichtungen und internationalen Gesetzen, die
zu seinem Schutze beitragen sollen, weiß er meist gar nichts, oder er hat nnr


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0575" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/211743"/>
          <fw type="header" place="top"/><lb/>
          <p xml:id="ID_1677" prev="#ID_1676"> Berlin mit einer sehr bescheidne» Mietwohnung begnügen muß, und da endlich<lb/>
zu Gunsten der Biesdorfer Kolonie neben andern Vorzügen sehr ins Gewicht<lb/>
fällt, daß man dort räumlich begnemer und gesünder wohnen wird als in<lb/>
Berlin, so wird sür den Arbeiter nichts vorteilhafter sein, als in Biesdorf ein<lb/>
eignes Haus zu erwerben. Voraussetzung ist natürlich, daß er über die aus<lb/>
deu Kaufpreis zu leistende Anzahlung verfügt. Da junge Arbeiter bei den<lb/>
heutigen Löhnen im allgemeinen bis zu ihrer Verheiratung leicht eine Summe<lb/>
ersparen können, die hinreicht, ein eignes Heim zu erwerben, so sollte man<lb/>
annehmen, daß es den meisten uicht schwer fallen könnte, das Geld zur An¬<lb/>
zahlung zu beschaffen. Leider pflegen aber die unverheirateten Arbeiter,<lb/>
namentlich in den Großstädten, wenig vom Sparen zu halten. Deshalb wird<lb/>
die Frage der Anzahlung immer Schwierigkeiten bieten. Sie läßt sich viel¬<lb/>
leicht überwinden, wenn gemeinnützige Baugesellschaften uns die Anzahlung<lb/>
einer größern Summe als ersten Teiles des Kaufpreises verzichten und deu<lb/>
Arbeiter, der ein Einfamilienhaus bezieht, sich erst nach einigen Jahren ent¬<lb/>
scheiden lassen, ob er nur Mieter oder Käufer sein will. In diesem Falle würde<lb/>
die Amortisationsguote, die auf den Mietpreis geschlagen wird, als Sparein¬<lb/>
lage zu behandeln und dem Arbeiter, der seine Absicht aufgiebt, das Hans<lb/>
allmählich zu erwerben, nebst Zinsen zurückzuerstatten sein. Daß es trotz der<lb/>
Amortisationsguote aber immer noch billiger und vor allem weit besser sein<lb/>
wird, auf dein Lande oder in den Vororten in Einfamilienhäusern zu wohnen,<lb/>
als in den Mietkasernen der Großstädte, ist zweifellos. Um so dringender<lb/>
ist zu wünschen, daß man Mittel und Wege finde, die es uns möglich machen,<lb/>
der großen Masse der Arbeiterbevölkerung Heimstätten zu bieten.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Das ^traßenrecht zur ^&gt;ce und seine Mängel<lb/><note type="byline"> Von Georg Wisli^crus</note></head><lb/>
          <p xml:id="ID_1678" next="#ID_1679"> er Deutsche, insbesondre der Binnenländer, zeigt, sobald er sich<lb/>
auf See begiebt &#x2014; sei es in einem der modernen Schnell¬<lb/>
dampfer oder einem sonstigen Fahrzeug bis herab zu dem kleinsten<lb/>
offnen Segelboot &#x2014;, stets ein blindes Vertrauen, und zwar<lb/>
nicht allein zu den Seeleuten, denen der Schutz seines Lebens<lb/>
obliegt, sondern auch zu dem Schiffe oder Boote, das er ohne Wahl auf gut<lb/>
Glück besteigt. Bon Seefahrtseinrichtungen und internationalen Gesetzen, die<lb/>
zu seinem Schutze beitragen sollen, weiß er meist gar nichts, oder er hat nnr</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0575] Berlin mit einer sehr bescheidne» Mietwohnung begnügen muß, und da endlich zu Gunsten der Biesdorfer Kolonie neben andern Vorzügen sehr ins Gewicht fällt, daß man dort räumlich begnemer und gesünder wohnen wird als in Berlin, so wird sür den Arbeiter nichts vorteilhafter sein, als in Biesdorf ein eignes Haus zu erwerben. Voraussetzung ist natürlich, daß er über die aus deu Kaufpreis zu leistende Anzahlung verfügt. Da junge Arbeiter bei den heutigen Löhnen im allgemeinen bis zu ihrer Verheiratung leicht eine Summe ersparen können, die hinreicht, ein eignes Heim zu erwerben, so sollte man annehmen, daß es den meisten uicht schwer fallen könnte, das Geld zur An¬ zahlung zu beschaffen. Leider pflegen aber die unverheirateten Arbeiter, namentlich in den Großstädten, wenig vom Sparen zu halten. Deshalb wird die Frage der Anzahlung immer Schwierigkeiten bieten. Sie läßt sich viel¬ leicht überwinden, wenn gemeinnützige Baugesellschaften uns die Anzahlung einer größern Summe als ersten Teiles des Kaufpreises verzichten und deu Arbeiter, der ein Einfamilienhaus bezieht, sich erst nach einigen Jahren ent¬ scheiden lassen, ob er nur Mieter oder Käufer sein will. In diesem Falle würde die Amortisationsguote, die auf den Mietpreis geschlagen wird, als Sparein¬ lage zu behandeln und dem Arbeiter, der seine Absicht aufgiebt, das Hans allmählich zu erwerben, nebst Zinsen zurückzuerstatten sein. Daß es trotz der Amortisationsguote aber immer noch billiger und vor allem weit besser sein wird, auf dein Lande oder in den Vororten in Einfamilienhäusern zu wohnen, als in den Mietkasernen der Großstädte, ist zweifellos. Um so dringender ist zu wünschen, daß man Mittel und Wege finde, die es uns möglich machen, der großen Masse der Arbeiterbevölkerung Heimstätten zu bieten. Das ^traßenrecht zur ^>ce und seine Mängel Von Georg Wisli^crus er Deutsche, insbesondre der Binnenländer, zeigt, sobald er sich auf See begiebt — sei es in einem der modernen Schnell¬ dampfer oder einem sonstigen Fahrzeug bis herab zu dem kleinsten offnen Segelboot —, stets ein blindes Vertrauen, und zwar nicht allein zu den Seeleuten, denen der Schutz seines Lebens obliegt, sondern auch zu dem Schiffe oder Boote, das er ohne Wahl auf gut Glück besteigt. Bon Seefahrtseinrichtungen und internationalen Gesetzen, die zu seinem Schutze beitragen sollen, weiß er meist gar nichts, oder er hat nnr

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341855_211167
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341855_211167/575
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341855_211167/575>, abgerufen am 23.07.2024.