Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Erstes Vierteljahr.Die technischen Hochschulen die Rede gewesen. Wen" aber ja eine Erwähnung stattfand und eine der vielen Die heutigen technischen Hochschulen sind zum größern Teile aus Anfängen Die technischen Hochschulen die Rede gewesen. Wen» aber ja eine Erwähnung stattfand und eine der vielen Die heutigen technischen Hochschulen sind zum größern Teile aus Anfängen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0431" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/211599"/> <fw type="header" place="top"> Die technischen Hochschulen</fw><lb/> <p xml:id="ID_1292" prev="#ID_1291"> die Rede gewesen. Wen» aber ja eine Erwähnung stattfand und eine der vielen<lb/> brennenden Fragen auch zur technischen Hochschule in Beziehung gesetzt wurde, so<lb/> hatte man beinahe regelmäßig den Eindruck, daß sich die Schreibenden und<lb/> Urteilenden ganz willkürlich eine technische Hochschule konstruirten, die mit<lb/> der in der Wirklichkeit bestehenden entweder überhaupt nichts gemein hatte oder<lb/> aus Anschauungen und Berichten erwuchs, die um ein Menschenalter zurück¬<lb/> lagen. Auch über Universitäts- und Gymnasialangelegenheiten sind im Verlause<lb/> der letzten Jahre Mißurteile und platte Anschauungen genug zum besten ge¬<lb/> geben wurden, aber im allgemeinen wußten doch die, die darüber sprachen und<lb/> schrieben, wenigstens leidlich Bescheid in den Einrichtungen und Aufgaben der<lb/> Universitäten und Gymnasien. Dagegen verraten die Äußerungen, mit denen<lb/> gelegentlich die technischen Hochschulen gestreift werden, daß auch sehr wohl¬<lb/> meinende und ernsthafte Kreise von der Geschichte wie von der gegenwärtigen<lb/> Stellung der höchsten Bildungsstätten unsrer Ingenieure, Architekten und wissen¬<lb/> schaftlichen Techniker sehr unklare Vorstellungen haben. Wie wäre es sonst<lb/> möglich, daß die technischen Hochschulen gelegentlich mit den als wilde Tech¬<lb/> niken verrufenen und über das ganze deutsche Reich zerstreuten Dressiranstalten<lb/> für Techniker verwechselt würden, wie könnte jemand auf den Einfall kommen,<lb/> im Interesse emporstrebeuder Arbeiter „Vorkurse am Polytechnikum" zu fordern,<lb/> wie wäre es zu erklären, daß dem längst flügge gewordnen Vogel wieder und<lb/> immer wieder die Rückkehr ins El zugemutet wird! Die Technik nimmt eine»<lb/> breiten Raum im Leben der Gegenwart ein, aber nur ein kleiner Teil der<lb/> Millionen, die sich ihrer Ergebnisse und Leistungen erfreuen, bekümmert sich<lb/> um die Wege, aus denen ihre Vertreter zu ihrer wissenschaftlichen Bildung<lb/> gelangen. Dies Hütte nun auch wenig auf sich, wenn nur die Unkenntnis der<lb/> Zustände und der Ziele nicht bis ins Stnatsleben hineinreichte lind gelegentlich<lb/> einen Wirrwarr der Forderungen, der Meinungen, ja der gesetzlichen Bestim¬<lb/> mungen veranlaßte, der nur ganz allmählich beseitigt werden kann!</p><lb/> <p xml:id="ID_1293" next="#ID_1294"> Die heutigen technischen Hochschulen sind zum größern Teile aus Anfängen<lb/> hervorgegangen, die sich nichts weniger als hochschulmäßig anließen, sondern,<lb/> un drängenden Bedürfnis des Augenblicks für deu Augenblick geschaffen, von<lb/> Jahrzehnt zu Jahrzehnt umgestaltet wurden, und sie leiden daher, nachdem sie<lb/> die wunderlichsten und verworrensten Entwicklungswege hinter sich haben, noch<lb/> unter Vorstellungen des Publikums, die auf irgend einer Station dieser Wege<lb/> gewonnen worden sind. Die Entstehung und Organisation der höchsten tech¬<lb/> nischen Bildungsstätten hat derart unter dem Drang und Druck der Notwen¬<lb/> digkeit gestanden, daß beinahe jeder „Abschluß" schon wieder von neuen Zuständen<lb/> und Forderungen, die inzwischen eingetreten waren, überholt war. Die Mnnnich-<lb/> saltigkeit der Entdeckungen und Erfindungen auf technischem Gebiete, der Zwang,<lb/> einen großen Teil dieser Entdeckungen und Erfindungen dem Staat unmittelbar<lb/> nutzbar zu machen und ihre ausschließlich private Ausbeutung im öffentlichen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0431]
Die technischen Hochschulen
die Rede gewesen. Wen» aber ja eine Erwähnung stattfand und eine der vielen
brennenden Fragen auch zur technischen Hochschule in Beziehung gesetzt wurde, so
hatte man beinahe regelmäßig den Eindruck, daß sich die Schreibenden und
Urteilenden ganz willkürlich eine technische Hochschule konstruirten, die mit
der in der Wirklichkeit bestehenden entweder überhaupt nichts gemein hatte oder
aus Anschauungen und Berichten erwuchs, die um ein Menschenalter zurück¬
lagen. Auch über Universitäts- und Gymnasialangelegenheiten sind im Verlause
der letzten Jahre Mißurteile und platte Anschauungen genug zum besten ge¬
geben wurden, aber im allgemeinen wußten doch die, die darüber sprachen und
schrieben, wenigstens leidlich Bescheid in den Einrichtungen und Aufgaben der
Universitäten und Gymnasien. Dagegen verraten die Äußerungen, mit denen
gelegentlich die technischen Hochschulen gestreift werden, daß auch sehr wohl¬
meinende und ernsthafte Kreise von der Geschichte wie von der gegenwärtigen
Stellung der höchsten Bildungsstätten unsrer Ingenieure, Architekten und wissen¬
schaftlichen Techniker sehr unklare Vorstellungen haben. Wie wäre es sonst
möglich, daß die technischen Hochschulen gelegentlich mit den als wilde Tech¬
niken verrufenen und über das ganze deutsche Reich zerstreuten Dressiranstalten
für Techniker verwechselt würden, wie könnte jemand auf den Einfall kommen,
im Interesse emporstrebeuder Arbeiter „Vorkurse am Polytechnikum" zu fordern,
wie wäre es zu erklären, daß dem längst flügge gewordnen Vogel wieder und
immer wieder die Rückkehr ins El zugemutet wird! Die Technik nimmt eine»
breiten Raum im Leben der Gegenwart ein, aber nur ein kleiner Teil der
Millionen, die sich ihrer Ergebnisse und Leistungen erfreuen, bekümmert sich
um die Wege, aus denen ihre Vertreter zu ihrer wissenschaftlichen Bildung
gelangen. Dies Hütte nun auch wenig auf sich, wenn nur die Unkenntnis der
Zustände und der Ziele nicht bis ins Stnatsleben hineinreichte lind gelegentlich
einen Wirrwarr der Forderungen, der Meinungen, ja der gesetzlichen Bestim¬
mungen veranlaßte, der nur ganz allmählich beseitigt werden kann!
Die heutigen technischen Hochschulen sind zum größern Teile aus Anfängen
hervorgegangen, die sich nichts weniger als hochschulmäßig anließen, sondern,
un drängenden Bedürfnis des Augenblicks für deu Augenblick geschaffen, von
Jahrzehnt zu Jahrzehnt umgestaltet wurden, und sie leiden daher, nachdem sie
die wunderlichsten und verworrensten Entwicklungswege hinter sich haben, noch
unter Vorstellungen des Publikums, die auf irgend einer Station dieser Wege
gewonnen worden sind. Die Entstehung und Organisation der höchsten tech¬
nischen Bildungsstätten hat derart unter dem Drang und Druck der Notwen¬
digkeit gestanden, daß beinahe jeder „Abschluß" schon wieder von neuen Zuständen
und Forderungen, die inzwischen eingetreten waren, überholt war. Die Mnnnich-
saltigkeit der Entdeckungen und Erfindungen auf technischem Gebiete, der Zwang,
einen großen Teil dieser Entdeckungen und Erfindungen dem Staat unmittelbar
nutzbar zu machen und ihre ausschließlich private Ausbeutung im öffentlichen
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |