Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Erstes Vierteljahr.Maßgebliches und Unmaßgebliches Verhältnisse Berlins ausübten. Sehr empfänglich waren dafür die in Geld und Unbillig wäre es, von all den Abrahams, Blnmenthals, Cohns . . . Lindaners, Maßgebliches und Unmaßgebliches Verhältnisse Berlins ausübten. Sehr empfänglich waren dafür die in Geld und Unbillig wäre es, von all den Abrahams, Blnmenthals, Cohns . . . Lindaners, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0367" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/211535"/> <fw type="header" place="top"> Maßgebliches und Unmaßgebliches</fw><lb/> <p xml:id="ID_1099" prev="#ID_1098"> Verhältnisse Berlins ausübten. Sehr empfänglich waren dafür die in Geld und<lb/> Geist machenden Juden, die bis auf den heutigen Tag die Hauptvertreter des<lb/> anmaßlichen, vorlauten Berlinertnms geblieben sind. Ihr Stamm besitzt ja die<lb/> (wohl kaum erst von der Bedrückung dnrch die Christen, die jetzt für alles mög¬<lb/> liche verantwortlich gemacht wird, erzeugte) Gabe, die Schwächern der Nationen,<lb/> unter denen er sich aufhält, übertrieben und karrikirend zur Schau zu tragen. Wer<lb/> hätte nicht eben mit sonderbarem Vergnügen die chauvinistischen Leistungen der in<lb/> der Wolle gefärbten Gallier sputter, Drehfuß, Reinnch und Konsorten und der<lb/> Kernmagharcu Falk, Wahrmann?e. beobachtet, oder den Schmerz eines Mitarbeiters<lb/> des Figaro, Wolff ans Köln, gewürdigt, der, wie in seinen Nekrologen zu lesen<lb/> war, 1870 als angeblicher Deutscher aus Paris ausgewiesen worden ist, obwohl<lb/> er sich schon seit mehreren Jahren als Franzose gefühlt hatte! So strapaziren<lb/> sich Juden ans allen Gegenden Deutschlands, aus Böhmen und Ungarn ab, die<lb/> Einheimischen noch zu überberlinern.</p><lb/> <p xml:id="ID_1100" next="#ID_1101"> Unbillig wäre es, von all den Abrahams, Blnmenthals, Cohns . . . Lindaners,<lb/> Manthuers u. f. w. bis Zabels (einer dieses Namens hat ein Recht, genannt zu<lb/> werden, weil er besonders lant die Theater-Hegemonie für die Reichshauptstadt<lb/> verlangt und gleichzeitig durch den unglnnblichen Einfall, aus Dostojewskys Raskol-<lb/> nikow ein Theaterstück znsammenzuschneidern, bewiesen hat, daß ihm von dramatischer<lb/> Kunst jede Ahnung abgeht) — also von diesen Herren Verständnis sür deutsche<lb/> Art zu verlangen, Wäre unbillig. Es giebt aber doch anch Deutsche in Berlin.<lb/> Denen kann unmöglich unbekannt sein, welcher Segen der deutschen Nation aus<lb/> den vielen Mittelpunkten der Pflege von Wissenschaften und Künsten erblüht ist.<lb/> So viele von ihnen haben selbst die Wohlthat der Existenz großer und kleiner<lb/> Hochschulen von Königsberg bis Freiburg, Kiel bis München, Bonn bis Breslau<lb/> erfahren. Sie werden nicht blind sein gegen den Vorzug, daß in Hamburg,<lb/> Bremen, Hannover, Magdeburg, Breslnu, Dresden, Leipzig, München, Stuttgart,<lb/> Frankfurt, Köln:e. Zeitungen erscheinen, die den Vergleich mit den Berliner Tages¬<lb/> blättern nicht zu scheuen brauchen und ein unschätzbares Gegengewicht gegen die<lb/> verschiednen Fabriken des Berliner Frcisinnsgebräus bilden. Welchem Vernünftigen<lb/> kann es in den Sinn kommen, darin mit Frankreich tauschen zu wollen, wo Paris<lb/> alle Lebenskräfte aufsaugt, die vielen reichen Provinzen und bedeutenden Städte<lb/> keine selbständige Meinung zu haben wagen, nicht in der Politik, nicht in Wissen¬<lb/> schaft und Kunst, in allem sich der Boulevardmode unterordnen? Und die Pariser<lb/> sind wenigstens erfinderisch im Guten wie im Abgeschmackten und Schlechten, und<lb/> wer ihre Dummheiten nachäffen will, kann sie direkt beziehen, braucht den Umweg<lb/> über Berlin nicht. Den gebildeten und unabhängigen Kreisen Preußens und Ber¬<lb/> lins insbesondre mich mit allem Nachdruck in Erinnerung gebracht werden, daß<lb/> sie gegen sich selbst und gegen das Ganze die Verpflichtung habe», die unnützen<lb/> Menschen, die Paris spielen möchten, in die gebührenden Schranken zu weisen,<lb/> nicht aus Fahrlässigkeit das Fortwuchern einer in der Jnseratenspalte wurzelnden<lb/> Tageslitteratur zu dulde». Hier steht mehr in Frage als die Eifersucht zwischen<lb/> Stadt und Stadt. Berechtigte Empfindlichkeit weckt die kaum eingeschläferten Vor¬<lb/> urteile der Stämme wieder, und da in den letzten Jahren manches geschehen ist,<lb/> was geeignet war, den nationale» Stolz ans das Errungene und die Freudigkeit<lb/> im Zusammenwirken zu dämpfen, finden Hetzer und Schürer für ihre Thätigkeit<lb/> bereiten Boden. Heute das theatralische ,jus xriwas nootis; die Diktatur in An¬<lb/> gelegenheiten der bildenden Kunst wird ebenfalls schon angestrebt, bald würde sie<lb/> in den Wissenschaften gefordert werden, und die unausbleibliche Folge wäre das</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0367]
Maßgebliches und Unmaßgebliches
Verhältnisse Berlins ausübten. Sehr empfänglich waren dafür die in Geld und
Geist machenden Juden, die bis auf den heutigen Tag die Hauptvertreter des
anmaßlichen, vorlauten Berlinertnms geblieben sind. Ihr Stamm besitzt ja die
(wohl kaum erst von der Bedrückung dnrch die Christen, die jetzt für alles mög¬
liche verantwortlich gemacht wird, erzeugte) Gabe, die Schwächern der Nationen,
unter denen er sich aufhält, übertrieben und karrikirend zur Schau zu tragen. Wer
hätte nicht eben mit sonderbarem Vergnügen die chauvinistischen Leistungen der in
der Wolle gefärbten Gallier sputter, Drehfuß, Reinnch und Konsorten und der
Kernmagharcu Falk, Wahrmann?e. beobachtet, oder den Schmerz eines Mitarbeiters
des Figaro, Wolff ans Köln, gewürdigt, der, wie in seinen Nekrologen zu lesen
war, 1870 als angeblicher Deutscher aus Paris ausgewiesen worden ist, obwohl
er sich schon seit mehreren Jahren als Franzose gefühlt hatte! So strapaziren
sich Juden ans allen Gegenden Deutschlands, aus Böhmen und Ungarn ab, die
Einheimischen noch zu überberlinern.
Unbillig wäre es, von all den Abrahams, Blnmenthals, Cohns . . . Lindaners,
Manthuers u. f. w. bis Zabels (einer dieses Namens hat ein Recht, genannt zu
werden, weil er besonders lant die Theater-Hegemonie für die Reichshauptstadt
verlangt und gleichzeitig durch den unglnnblichen Einfall, aus Dostojewskys Raskol-
nikow ein Theaterstück znsammenzuschneidern, bewiesen hat, daß ihm von dramatischer
Kunst jede Ahnung abgeht) — also von diesen Herren Verständnis sür deutsche
Art zu verlangen, Wäre unbillig. Es giebt aber doch anch Deutsche in Berlin.
Denen kann unmöglich unbekannt sein, welcher Segen der deutschen Nation aus
den vielen Mittelpunkten der Pflege von Wissenschaften und Künsten erblüht ist.
So viele von ihnen haben selbst die Wohlthat der Existenz großer und kleiner
Hochschulen von Königsberg bis Freiburg, Kiel bis München, Bonn bis Breslau
erfahren. Sie werden nicht blind sein gegen den Vorzug, daß in Hamburg,
Bremen, Hannover, Magdeburg, Breslnu, Dresden, Leipzig, München, Stuttgart,
Frankfurt, Köln:e. Zeitungen erscheinen, die den Vergleich mit den Berliner Tages¬
blättern nicht zu scheuen brauchen und ein unschätzbares Gegengewicht gegen die
verschiednen Fabriken des Berliner Frcisinnsgebräus bilden. Welchem Vernünftigen
kann es in den Sinn kommen, darin mit Frankreich tauschen zu wollen, wo Paris
alle Lebenskräfte aufsaugt, die vielen reichen Provinzen und bedeutenden Städte
keine selbständige Meinung zu haben wagen, nicht in der Politik, nicht in Wissen¬
schaft und Kunst, in allem sich der Boulevardmode unterordnen? Und die Pariser
sind wenigstens erfinderisch im Guten wie im Abgeschmackten und Schlechten, und
wer ihre Dummheiten nachäffen will, kann sie direkt beziehen, braucht den Umweg
über Berlin nicht. Den gebildeten und unabhängigen Kreisen Preußens und Ber¬
lins insbesondre mich mit allem Nachdruck in Erinnerung gebracht werden, daß
sie gegen sich selbst und gegen das Ganze die Verpflichtung habe», die unnützen
Menschen, die Paris spielen möchten, in die gebührenden Schranken zu weisen,
nicht aus Fahrlässigkeit das Fortwuchern einer in der Jnseratenspalte wurzelnden
Tageslitteratur zu dulde». Hier steht mehr in Frage als die Eifersucht zwischen
Stadt und Stadt. Berechtigte Empfindlichkeit weckt die kaum eingeschläferten Vor¬
urteile der Stämme wieder, und da in den letzten Jahren manches geschehen ist,
was geeignet war, den nationale» Stolz ans das Errungene und die Freudigkeit
im Zusammenwirken zu dämpfen, finden Hetzer und Schürer für ihre Thätigkeit
bereiten Boden. Heute das theatralische ,jus xriwas nootis; die Diktatur in An¬
gelegenheiten der bildenden Kunst wird ebenfalls schon angestrebt, bald würde sie
in den Wissenschaften gefordert werden, und die unausbleibliche Folge wäre das
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