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Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Drittes Vierteljahr.

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Gewinnbeteiligung auf Grund der Assozintion später U'egfallen muß, denn die
Gewinnbeteiligung, wie man sie bis jetzt aufgefaßt hat, soll sich in ihrer weitern
Ausbildung in eine Beteiligung am Ertrage verwandeln, und deshalb ist vor¬
hin auch schon die Verzinsung, die der Arbeit vor Beendigung der Prvdnktions-
Periode gezahlt wird, nicht als Lohn, sondern als Vorschuß bezeichnet werden.
Dieser Vorschuß wird bestimmt werden müssen teils nach dein dringendsten
Bedürfnis der Arbeiter, teils nach dem Grade ihrer Leistungsfähigkeit, wie es
zur Zeit mit dem Lohne auch der Fall ist. Es ist aber nicht zu übersehen,
daß er zugleich den Maßstab für den Anteil des Einzelnen an dem Ertrage
abgeben soll. Deshalb ist es notwendig, daß der Arbeitskraft ein festbestimmter
Anteil am Ertrage zugesichert wird und daneben der wechselnde Anteil an
dem Überschuß des Unternehmens, der sich nicht vorausbestimmen läßt, son¬
dern erst nach Ablauf bestimmter Zeitperioden rcchnnngsmüßig festgestellt
werden kann. Gerade weil der festbestimmte Anteil zugleich den Maßstab für
die gesamte Beteiligung abgeben soll, wird eine bestimmte Stufenleiter, eine
Skala, für ihn in der Vereinbarung auszumachen sein, die sich nach der Lage
des Geschäftes, dem Angebot der Kräfte und der Leistungsfähigkeit des Ein¬
zelnen zu richten hat. Es wird dadurch und dabei zugleich zu vermeiden
sein, daß mit Rücksicht auf deu zu erwartenden beträchtlichen wechselnden
Anteil der festbestimmte Anteil im Interesse des Unternehmens möglichst
niedrig angesetzt wird.

Wenn in dieser Weise das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeiter
festgestellt wird, so ist der Arbeiter an dem Gedeihen des Unternehmens nicht
weniger beteiligt, als der Arbeitgeber. Der Arbeiter arbeitet nicht mehr für
den Unternehmer allein, sondern zugleich für sich selbst. Es leuchtet ein, welch
großen sittlichen Einfluß dies auf den ganzen Stand ausüben würde. Mag
der Tagelohn bei der jetzt herrschenden Weise noch so sehr erhöht werden,
so arbeitet der Arbeiter doch stets für andre, und dieser Umstand wird immer
dahin führen, daß ihm die Arbeit kein Interesse einflößt. Zugleich aber wird
nach unserm Vorschlage das erreicht, daß sich der Arbeiter der Arbeit nicht
entziehen wird. Denn selbstverständlich kann mich der erwähnte feste Anteil
am Ertrage mir nach Maßgabe der wirklich geleisteten Arbeit den: Arbeiter
gegeben werden, und je geringer dieser Anteil infolge von Versäumnisse" wird,
desto geringer wird auch der wechselnde Anteil ausfallen müssen.

Die Gewinnbeteiligung ^,.^t so große Vorteile, sowohl für die Unter-
nehmer wie für die Arbeiter, daß es Wunder -" h>"," muß. daß sie nicht schon
längst ausgedehnte Anwendung gefunden hat. Die Werte von V. Bnhmert
und Gilmau-Kutscher geben eine Übersicht über die Fälle, worin sie zur An¬
wendung gekommen sind. Neben einer Auzahl gelungener Versuche finden sich
zahlreiche Fehlschläge. Wenn mau d!e Fälle in, einzelnen kritisch untersucht,
so wird man finden, daß es noch an der klaren Erkenntniß dessen, worauf es


Gewinnbeteiligung auf Grund der Assozintion später U'egfallen muß, denn die
Gewinnbeteiligung, wie man sie bis jetzt aufgefaßt hat, soll sich in ihrer weitern
Ausbildung in eine Beteiligung am Ertrage verwandeln, und deshalb ist vor¬
hin auch schon die Verzinsung, die der Arbeit vor Beendigung der Prvdnktions-
Periode gezahlt wird, nicht als Lohn, sondern als Vorschuß bezeichnet werden.
Dieser Vorschuß wird bestimmt werden müssen teils nach dein dringendsten
Bedürfnis der Arbeiter, teils nach dem Grade ihrer Leistungsfähigkeit, wie es
zur Zeit mit dem Lohne auch der Fall ist. Es ist aber nicht zu übersehen,
daß er zugleich den Maßstab für den Anteil des Einzelnen an dem Ertrage
abgeben soll. Deshalb ist es notwendig, daß der Arbeitskraft ein festbestimmter
Anteil am Ertrage zugesichert wird und daneben der wechselnde Anteil an
dem Überschuß des Unternehmens, der sich nicht vorausbestimmen läßt, son¬
dern erst nach Ablauf bestimmter Zeitperioden rcchnnngsmüßig festgestellt
werden kann. Gerade weil der festbestimmte Anteil zugleich den Maßstab für
die gesamte Beteiligung abgeben soll, wird eine bestimmte Stufenleiter, eine
Skala, für ihn in der Vereinbarung auszumachen sein, die sich nach der Lage
des Geschäftes, dem Angebot der Kräfte und der Leistungsfähigkeit des Ein¬
zelnen zu richten hat. Es wird dadurch und dabei zugleich zu vermeiden
sein, daß mit Rücksicht auf deu zu erwartenden beträchtlichen wechselnden
Anteil der festbestimmte Anteil im Interesse des Unternehmens möglichst
niedrig angesetzt wird.

Wenn in dieser Weise das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeiter
festgestellt wird, so ist der Arbeiter an dem Gedeihen des Unternehmens nicht
weniger beteiligt, als der Arbeitgeber. Der Arbeiter arbeitet nicht mehr für
den Unternehmer allein, sondern zugleich für sich selbst. Es leuchtet ein, welch
großen sittlichen Einfluß dies auf den ganzen Stand ausüben würde. Mag
der Tagelohn bei der jetzt herrschenden Weise noch so sehr erhöht werden,
so arbeitet der Arbeiter doch stets für andre, und dieser Umstand wird immer
dahin führen, daß ihm die Arbeit kein Interesse einflößt. Zugleich aber wird
nach unserm Vorschlage das erreicht, daß sich der Arbeiter der Arbeit nicht
entziehen wird. Denn selbstverständlich kann mich der erwähnte feste Anteil
am Ertrage mir nach Maßgabe der wirklich geleisteten Arbeit den: Arbeiter
gegeben werden, und je geringer dieser Anteil infolge von Versäumnisse» wird,
desto geringer wird auch der wechselnde Anteil ausfallen müssen.

Die Gewinnbeteiligung ^,.^t so große Vorteile, sowohl für die Unter-
nehmer wie für die Arbeiter, daß es Wunder -» h>„,„ muß. daß sie nicht schon
längst ausgedehnte Anwendung gefunden hat. Die Werte von V. Bnhmert
und Gilmau-Kutscher geben eine Übersicht über die Fälle, worin sie zur An¬
wendung gekommen sind. Neben einer Auzahl gelungener Versuche finden sich
zahlreiche Fehlschläge. Wenn mau d!e Fälle in, einzelnen kritisch untersucht,
so wird man finden, daß es noch an der klaren Erkenntniß dessen, worauf es


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[0594] Gewinnbeteiligung auf Grund der Assozintion später U'egfallen muß, denn die Gewinnbeteiligung, wie man sie bis jetzt aufgefaßt hat, soll sich in ihrer weitern Ausbildung in eine Beteiligung am Ertrage verwandeln, und deshalb ist vor¬ hin auch schon die Verzinsung, die der Arbeit vor Beendigung der Prvdnktions- Periode gezahlt wird, nicht als Lohn, sondern als Vorschuß bezeichnet werden. Dieser Vorschuß wird bestimmt werden müssen teils nach dein dringendsten Bedürfnis der Arbeiter, teils nach dem Grade ihrer Leistungsfähigkeit, wie es zur Zeit mit dem Lohne auch der Fall ist. Es ist aber nicht zu übersehen, daß er zugleich den Maßstab für den Anteil des Einzelnen an dem Ertrage abgeben soll. Deshalb ist es notwendig, daß der Arbeitskraft ein festbestimmter Anteil am Ertrage zugesichert wird und daneben der wechselnde Anteil an dem Überschuß des Unternehmens, der sich nicht vorausbestimmen läßt, son¬ dern erst nach Ablauf bestimmter Zeitperioden rcchnnngsmüßig festgestellt werden kann. Gerade weil der festbestimmte Anteil zugleich den Maßstab für die gesamte Beteiligung abgeben soll, wird eine bestimmte Stufenleiter, eine Skala, für ihn in der Vereinbarung auszumachen sein, die sich nach der Lage des Geschäftes, dem Angebot der Kräfte und der Leistungsfähigkeit des Ein¬ zelnen zu richten hat. Es wird dadurch und dabei zugleich zu vermeiden sein, daß mit Rücksicht auf deu zu erwartenden beträchtlichen wechselnden Anteil der festbestimmte Anteil im Interesse des Unternehmens möglichst niedrig angesetzt wird. Wenn in dieser Weise das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeiter festgestellt wird, so ist der Arbeiter an dem Gedeihen des Unternehmens nicht weniger beteiligt, als der Arbeitgeber. Der Arbeiter arbeitet nicht mehr für den Unternehmer allein, sondern zugleich für sich selbst. Es leuchtet ein, welch großen sittlichen Einfluß dies auf den ganzen Stand ausüben würde. Mag der Tagelohn bei der jetzt herrschenden Weise noch so sehr erhöht werden, so arbeitet der Arbeiter doch stets für andre, und dieser Umstand wird immer dahin führen, daß ihm die Arbeit kein Interesse einflößt. Zugleich aber wird nach unserm Vorschlage das erreicht, daß sich der Arbeiter der Arbeit nicht entziehen wird. Denn selbstverständlich kann mich der erwähnte feste Anteil am Ertrage mir nach Maßgabe der wirklich geleisteten Arbeit den: Arbeiter gegeben werden, und je geringer dieser Anteil infolge von Versäumnisse» wird, desto geringer wird auch der wechselnde Anteil ausfallen müssen. Die Gewinnbeteiligung ^,.^t so große Vorteile, sowohl für die Unter- nehmer wie für die Arbeiter, daß es Wunder -» h>„,„ muß. daß sie nicht schon längst ausgedehnte Anwendung gefunden hat. Die Werte von V. Bnhmert und Gilmau-Kutscher geben eine Übersicht über die Fälle, worin sie zur An¬ wendung gekommen sind. Neben einer Auzahl gelungener Versuche finden sich zahlreiche Fehlschläge. Wenn mau d!e Fälle in, einzelnen kritisch untersucht, so wird man finden, daß es noch an der klaren Erkenntniß dessen, worauf es

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341853_289767/594>, abgerufen am 26.08.2024.