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Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Drittes Vierteljahr.

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Das Getreideeinfuhrmonopol

Ab- und Zugehen in gelvissem Spielraum in solcher Weise auf die inländischen
Preise einzuwirken, daß sie mit Stetigkeit auf einer Höhe erhalten werden,
bei der der Bauer, vernünftige Wirtschaft vorausgesetzt, mindestens uns die
durchschnittlichen Erzengnngskosten seines Getreides kommt, der Konsument
aber nicht teureres Brot essen muß, als zur Erhaltung des Heimischen Getreide¬
baues unbedingt nötig ist.

Zur Durchführung des Monopols müßte in erster Linie nicht nur die
Einfuhr von Getreide, sondern auch von Mehl und Mühlenfabrikaten wie
auch vou Backwaren gesetzlich der Neichsregierung vorbehalten werden. Den
wie seither uuter Aufsicht der Zollbehörden vor sich gehenden Trnnsithandel
würde das Gesetz nicht berühren.

Sodann würde eine Mouvpolverwaltuug zu schaffe" sein, über deren
Gestattung ich hier einige Worte sagen will, weil sich der Leser in ihre Wirk¬
samkeit besser wird hineindenken können, wenn er eine Vorstellung davon hat,
wie sie beschaffen sein müßte. Die Verwaltung müßte so eingerichtet werden, daß
sie 1. Kenntnis des wahren inländischen Bedarfs und der besten Gelegenheiten
zu seiner Deckung erhielte, 2. ans Grund solcher .Kenntnis mit Schlagfertig¬
keit und doch mit Vorsicht handelte.

Die Sache hätte also eine statistische und eine kaufmännische Seite, und
demgemäß würde die Hauptverwaltung ans einer statistischen und einer kauf¬
männischen Abteilung bestehen, entweder so, daß die erste der letzten unter¬
geordnet wäre, oder so, daß nnter einem gemeinsamen Vorstande beide gleich¬
gestellt wären.

Die statistische Abteilung hätte alle Grundlagen für die Handbildung des
Geschäfts zu beschaffen, also z. V. Eruteberichte, Ernteanssichtsberichte, m-
und ausländische Börsenberichte, Berichte über die Bewegungen des Verbrauchs
und Verhältnisse und Thatsachen, die geeignet schienen, ihn in der nächsten
Zukunft mehrend oder mindernd zu beeinflussen (wie z. B. Überfluß oder
Mangel andrer Nahrungs- und Genußmittel). Kurz, die statistische Abteilung
hätte alle Auskunft zu beschaffen, deren die kaufmännische bedürfte, um nicht
nur den Umfang des Eintausch bemessen zu können, sondern auch den Preis,
der nach den augenblicklichen Verhältnissen zu erstreben wäre, um das Gleich¬
gewicht zwischen deu Interessen der Erzeuger und der Verbraucher aufrecht
zu erhalten.

Die kaufmännische Abteilung würde aber, eines wenn sie der statistischen
nicht übergeordnet, sondern uuter einem gemeinsamen Vorstände beigeordnet
wäre, bei der Würdigung und Benutzung der ihr gelieferten statistischen
Anhaltepunkte vollständig freie Hand behalten müssen, dagegen die volle Ver¬
antwortlichkeit für ihre Maßnahme,, zu tragen haben. Mit andern Worten,
die kaufmännische Abteilung der Hauptverwaltung würde der Kern der ganzen
Monopolverwaltuug sein, und damit sie in der Lage wäre, ihre Geschäfte mit


Das Getreideeinfuhrmonopol

Ab- und Zugehen in gelvissem Spielraum in solcher Weise auf die inländischen
Preise einzuwirken, daß sie mit Stetigkeit auf einer Höhe erhalten werden,
bei der der Bauer, vernünftige Wirtschaft vorausgesetzt, mindestens uns die
durchschnittlichen Erzengnngskosten seines Getreides kommt, der Konsument
aber nicht teureres Brot essen muß, als zur Erhaltung des Heimischen Getreide¬
baues unbedingt nötig ist.

Zur Durchführung des Monopols müßte in erster Linie nicht nur die
Einfuhr von Getreide, sondern auch von Mehl und Mühlenfabrikaten wie
auch vou Backwaren gesetzlich der Neichsregierung vorbehalten werden. Den
wie seither uuter Aufsicht der Zollbehörden vor sich gehenden Trnnsithandel
würde das Gesetz nicht berühren.

Sodann würde eine Mouvpolverwaltuug zu schaffe» sein, über deren
Gestattung ich hier einige Worte sagen will, weil sich der Leser in ihre Wirk¬
samkeit besser wird hineindenken können, wenn er eine Vorstellung davon hat,
wie sie beschaffen sein müßte. Die Verwaltung müßte so eingerichtet werden, daß
sie 1. Kenntnis des wahren inländischen Bedarfs und der besten Gelegenheiten
zu seiner Deckung erhielte, 2. ans Grund solcher .Kenntnis mit Schlagfertig¬
keit und doch mit Vorsicht handelte.

Die Sache hätte also eine statistische und eine kaufmännische Seite, und
demgemäß würde die Hauptverwaltung ans einer statistischen und einer kauf¬
männischen Abteilung bestehen, entweder so, daß die erste der letzten unter¬
geordnet wäre, oder so, daß nnter einem gemeinsamen Vorstande beide gleich¬
gestellt wären.

Die statistische Abteilung hätte alle Grundlagen für die Handbildung des
Geschäfts zu beschaffen, also z. V. Eruteberichte, Ernteanssichtsberichte, m-
und ausländische Börsenberichte, Berichte über die Bewegungen des Verbrauchs
und Verhältnisse und Thatsachen, die geeignet schienen, ihn in der nächsten
Zukunft mehrend oder mindernd zu beeinflussen (wie z. B. Überfluß oder
Mangel andrer Nahrungs- und Genußmittel). Kurz, die statistische Abteilung
hätte alle Auskunft zu beschaffen, deren die kaufmännische bedürfte, um nicht
nur den Umfang des Eintausch bemessen zu können, sondern auch den Preis,
der nach den augenblicklichen Verhältnissen zu erstreben wäre, um das Gleich¬
gewicht zwischen deu Interessen der Erzeuger und der Verbraucher aufrecht
zu erhalten.

Die kaufmännische Abteilung würde aber, eines wenn sie der statistischen
nicht übergeordnet, sondern uuter einem gemeinsamen Vorstände beigeordnet
wäre, bei der Würdigung und Benutzung der ihr gelieferten statistischen
Anhaltepunkte vollständig freie Hand behalten müssen, dagegen die volle Ver¬
antwortlichkeit für ihre Maßnahme,, zu tragen haben. Mit andern Worten,
die kaufmännische Abteilung der Hauptverwaltung würde der Kern der ganzen
Monopolverwaltuug sein, und damit sie in der Lage wäre, ihre Geschäfte mit


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[0154] Das Getreideeinfuhrmonopol Ab- und Zugehen in gelvissem Spielraum in solcher Weise auf die inländischen Preise einzuwirken, daß sie mit Stetigkeit auf einer Höhe erhalten werden, bei der der Bauer, vernünftige Wirtschaft vorausgesetzt, mindestens uns die durchschnittlichen Erzengnngskosten seines Getreides kommt, der Konsument aber nicht teureres Brot essen muß, als zur Erhaltung des Heimischen Getreide¬ baues unbedingt nötig ist. Zur Durchführung des Monopols müßte in erster Linie nicht nur die Einfuhr von Getreide, sondern auch von Mehl und Mühlenfabrikaten wie auch vou Backwaren gesetzlich der Neichsregierung vorbehalten werden. Den wie seither uuter Aufsicht der Zollbehörden vor sich gehenden Trnnsithandel würde das Gesetz nicht berühren. Sodann würde eine Mouvpolverwaltuug zu schaffe» sein, über deren Gestattung ich hier einige Worte sagen will, weil sich der Leser in ihre Wirk¬ samkeit besser wird hineindenken können, wenn er eine Vorstellung davon hat, wie sie beschaffen sein müßte. Die Verwaltung müßte so eingerichtet werden, daß sie 1. Kenntnis des wahren inländischen Bedarfs und der besten Gelegenheiten zu seiner Deckung erhielte, 2. ans Grund solcher .Kenntnis mit Schlagfertig¬ keit und doch mit Vorsicht handelte. Die Sache hätte also eine statistische und eine kaufmännische Seite, und demgemäß würde die Hauptverwaltung ans einer statistischen und einer kauf¬ männischen Abteilung bestehen, entweder so, daß die erste der letzten unter¬ geordnet wäre, oder so, daß nnter einem gemeinsamen Vorstande beide gleich¬ gestellt wären. Die statistische Abteilung hätte alle Grundlagen für die Handbildung des Geschäfts zu beschaffen, also z. V. Eruteberichte, Ernteanssichtsberichte, m- und ausländische Börsenberichte, Berichte über die Bewegungen des Verbrauchs und Verhältnisse und Thatsachen, die geeignet schienen, ihn in der nächsten Zukunft mehrend oder mindernd zu beeinflussen (wie z. B. Überfluß oder Mangel andrer Nahrungs- und Genußmittel). Kurz, die statistische Abteilung hätte alle Auskunft zu beschaffen, deren die kaufmännische bedürfte, um nicht nur den Umfang des Eintausch bemessen zu können, sondern auch den Preis, der nach den augenblicklichen Verhältnissen zu erstreben wäre, um das Gleich¬ gewicht zwischen deu Interessen der Erzeuger und der Verbraucher aufrecht zu erhalten. Die kaufmännische Abteilung würde aber, eines wenn sie der statistischen nicht übergeordnet, sondern uuter einem gemeinsamen Vorstände beigeordnet wäre, bei der Würdigung und Benutzung der ihr gelieferten statistischen Anhaltepunkte vollständig freie Hand behalten müssen, dagegen die volle Ver¬ antwortlichkeit für ihre Maßnahme,, zu tragen haben. Mit andern Worten, die kaufmännische Abteilung der Hauptverwaltung würde der Kern der ganzen Monopolverwaltuug sein, und damit sie in der Lage wäre, ihre Geschäfte mit

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341853_289767/154>, abgerufen am 23.07.2024.