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Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Zweites Vierteljahr.

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I" engem Zusammenhange mit dem Zweifel über die zu belangende
Behörde steheu dann auch uoch andre Zweifel, die sich einer wider den Fiskus
zu erhebenden Klage entgegenstellen. Vielfach ist es zweifelhaft, ob in dein
Einzelfalle der Neichsfiskus oder der Landesfiskns zu verklagen sei. Diese
Frage tritt namentlich hervor, locum die betreffende Verwaltung zwar für das
Reich, aber dach von einer Landesbehörde geführt wird. So z. B. herrscht
jetzt beim Militär- und teilweise auch beim Mariuefiskus ein Durcheinander
von Reichs- und Landesbehörden, reichs- und landesrechtlichen Vorschriften,
durch die sich hindurchzusiuden eine überaus schwierige und im Erfolge un¬
sichre Arbeit ist. Auch dieses Verhältnis, über das sich zur Zeit eine ganze
besondre Litteratur und Rechtsprechung gebildet hat, bedürfte dringend einer
gesetzlichen Ordnung.

Weiter tritt auch vielfach der Zweifel hervor, ob in Fällen, wo gegen
eine öffentliche, unter Staatsverwaltung stehende Anstalt ein Anspruch erhoben
wird, der Fiskus oder die Anstalt selbst als eine neben dem Fiskus bestehende
juristische Persönlichkeit zu belangen sei. Dahin gehören namentlich Ansprüche
gegen Witwenkassen, Universitäten, Gymnasien u. s. w. Für die Geltend-
machung von Gehalts- oder Pensivusnnsvrttchen der Beamte" vou solchen
Anstalten erwachsen daraus oft die größten Schwierigkeiten, vou denen der
oben angeführte Fall von der Prvfessvrswitwe ein Beispiel giebt.

Auf die Einzelheiten der gedachten Schrift wollen wir hier um so weniger
eingehen, als der ganz bnntgegliederte Beamtenapparat, der dabei in Betracht
kommt, an und für sich nnr wenig Interesse darbietet. Um die Sachlage zu
kennzeichnen, wollen wir nur noch folgendes anführen. Da, wo Einzel¬
bestimmungen in die Lehre eingegriffen haben, haben diese öfters wieder die
Folge gehabt, daß sich über ihre Tragweite ein ganzes Gebiet von Streit¬
fragen entwickelt hat. Grundsätzlich soll im allgemeine" die Vertretung des
Fiskus in Verwaltnngsangelegenheiten den "Provinzialbehörden" zustehen.
Aber nun entsteht wieder die Frage: Welche Behörden sind Provinzialbehörden?
Man hat neue Behörden geschaffen, die sich mit dem Bestände der Provinzen
nicht decken, dabei aber versäumt, zu bestimmen, ob sie gleichwohl in der Ver¬
tretung des Fiskus den Charakter der Provinzialbehörden haben sollen. In
andern Fällen fehlt es zwar nicht an positiven Bestimmungen, aber sie sind
niemals amtlich veröffentlicht worden. In der obengedachten Schrift hat daher
das Material öfters "ur ans Privatsammlungen entnvmme" werden könne",
die höchstens offiziöse" Charakter haben, mitunter mich "ur berichten, ohne
die einschlagende Restimmuug wörtlich wiederzugebe", sodaß eine Nachprüfung
unmöglich ist.

Wenn "in" diesen ganzen chaotischen Zustand betrachtet, worin sich zur
Zeit die fragliche Lehre befindet, und wen" ma" sich klar macht, welchen Ge¬
fahre" dadurch die gegen den Staat Recht suchenden vielfach ausgesetzt sind,


I» engem Zusammenhange mit dem Zweifel über die zu belangende
Behörde steheu dann auch uoch andre Zweifel, die sich einer wider den Fiskus
zu erhebenden Klage entgegenstellen. Vielfach ist es zweifelhaft, ob in dein
Einzelfalle der Neichsfiskus oder der Landesfiskns zu verklagen sei. Diese
Frage tritt namentlich hervor, locum die betreffende Verwaltung zwar für das
Reich, aber dach von einer Landesbehörde geführt wird. So z. B. herrscht
jetzt beim Militär- und teilweise auch beim Mariuefiskus ein Durcheinander
von Reichs- und Landesbehörden, reichs- und landesrechtlichen Vorschriften,
durch die sich hindurchzusiuden eine überaus schwierige und im Erfolge un¬
sichre Arbeit ist. Auch dieses Verhältnis, über das sich zur Zeit eine ganze
besondre Litteratur und Rechtsprechung gebildet hat, bedürfte dringend einer
gesetzlichen Ordnung.

Weiter tritt auch vielfach der Zweifel hervor, ob in Fällen, wo gegen
eine öffentliche, unter Staatsverwaltung stehende Anstalt ein Anspruch erhoben
wird, der Fiskus oder die Anstalt selbst als eine neben dem Fiskus bestehende
juristische Persönlichkeit zu belangen sei. Dahin gehören namentlich Ansprüche
gegen Witwenkassen, Universitäten, Gymnasien u. s. w. Für die Geltend-
machung von Gehalts- oder Pensivusnnsvrttchen der Beamte» vou solchen
Anstalten erwachsen daraus oft die größten Schwierigkeiten, vou denen der
oben angeführte Fall von der Prvfessvrswitwe ein Beispiel giebt.

Auf die Einzelheiten der gedachten Schrift wollen wir hier um so weniger
eingehen, als der ganz bnntgegliederte Beamtenapparat, der dabei in Betracht
kommt, an und für sich nnr wenig Interesse darbietet. Um die Sachlage zu
kennzeichnen, wollen wir nur noch folgendes anführen. Da, wo Einzel¬
bestimmungen in die Lehre eingegriffen haben, haben diese öfters wieder die
Folge gehabt, daß sich über ihre Tragweite ein ganzes Gebiet von Streit¬
fragen entwickelt hat. Grundsätzlich soll im allgemeine» die Vertretung des
Fiskus in Verwaltnngsangelegenheiten den „Provinzialbehörden" zustehen.
Aber nun entsteht wieder die Frage: Welche Behörden sind Provinzialbehörden?
Man hat neue Behörden geschaffen, die sich mit dem Bestände der Provinzen
nicht decken, dabei aber versäumt, zu bestimmen, ob sie gleichwohl in der Ver¬
tretung des Fiskus den Charakter der Provinzialbehörden haben sollen. In
andern Fällen fehlt es zwar nicht an positiven Bestimmungen, aber sie sind
niemals amtlich veröffentlicht worden. In der obengedachten Schrift hat daher
das Material öfters »ur ans Privatsammlungen entnvmme» werden könne»,
die höchstens offiziöse» Charakter haben, mitunter mich »ur berichten, ohne
die einschlagende Restimmuug wörtlich wiederzugebe», sodaß eine Nachprüfung
unmöglich ist.

Wenn »in» diesen ganzen chaotischen Zustand betrachtet, worin sich zur
Zeit die fragliche Lehre befindet, und wen» ma» sich klar macht, welchen Ge¬
fahre» dadurch die gegen den Staat Recht suchenden vielfach ausgesetzt sind,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341853_209866/515>, abgerufen am 24.07.2024.