Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Zweites Vierteljahr.Maßgebliches und Unmaßgebliches iiuszert: O das ist gut, dann hat die Geschichte Bestand! et-urora). Francis Das ergiebt eine hübsche Ergänzung des berühmten Sprüchleins Oxcnstierncis: Der strafbare Korrektor. In eiuer Autlagesache wegen Beleidigung Nicht ohne Grund hat diese Entscheidung in deu Kreisen der Presse großes Maßgebliches und Unmaßgebliches iiuszert: O das ist gut, dann hat die Geschichte Bestand! et-urora). Francis Das ergiebt eine hübsche Ergänzung des berühmten Sprüchleins Oxcnstierncis: Der strafbare Korrektor. In eiuer Autlagesache wegen Beleidigung Nicht ohne Grund hat diese Entscheidung in deu Kreisen der Presse großes <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0490" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/210357"/> <fw type="header" place="top"> Maßgebliches und Unmaßgebliches</fw><lb/> <p xml:id="ID_1358" prev="#ID_1357"> iiuszert: O das ist gut, dann hat die Geschichte Bestand! et-urora). Francis<lb/> Aiaguard, der Leiter des Blattes, knüpft daran folgende Bemerkungen. „Es ist<lb/> klar, daß dieser Bauer nicht etwa die Monarchie wieder herstellen null; seine<lb/> Äußerung ist nur ein neuer Beweis dafür, einen wie großen Dienst Herr Carnot<lb/> der Republik erweist, indem er ihr ein menschliches Antlitz verleiht, sie in seiner<lb/> Person sichtbar macht und auch noch sein achtungswertes Privatleben für sie in die<lb/> Wagschale wirft. Diese Auffassung der Staatsgewalt ist keine Besonderheit der<lb/> lateinischen Rasse; in England, in Deutschland, in Rußland erhält sich, allen Ent¬<lb/> täuschungen zum Trotz, bei den Massen das Trugbild des wohlwollenden Allein¬<lb/> herrschers (<in bon Vzmrn), der alles weiß, alles vermag, und dem man alles<lb/> verzeiht. Die Volker bleiben eben unwissende Kinder, und die politischen Persön¬<lb/> lichkeiten sind für sie ungefähr dasselbe, wie die Illustrationen für kindliche Leser.<lb/> Ich sehe nicht ein, warum man das uicht monarchischen Sinn nennen soll; von<lb/> dieser Auffassung ist es noch unendlich weit bis zu der Annahme, daß das Volt<lb/> für die Wiederherstellung der Monarchie auch nur das unbedeutendste Opfer zu<lb/> bringen Lust habe. Nur dieses geht vorläufig aus solchem Erscheinungen sicher<lb/> hervor, daß der Vertreter der Staatsgewalt, der unter allen Umständen sehr mächtig<lb/> ist, keine Persönlichkeit neben sich darf aufkommen lassen, die ihn verdunkelt; indem<lb/> Gruob, Frehcinet, Goblet und andre solche Leute ruhig zusahen, wie sich im General<lb/> Boulanger eine volkstümliche Legende verkörperte, wurden sie die Gründer des<lb/> Boulaugismus. Das Abenteuer ist verunglückt, und nun hat sich die öffentliche<lb/> Meinung Herrn Carnot zugewandt, in dessen Person sie die verkörperte Festigkeit<lb/> und Dauer der bestehende» Staatsordnung begrüßt."</p><lb/> <p xml:id="ID_1359"> Das ergiebt eine hübsche Ergänzung des berühmten Sprüchleins Oxcnstierncis:<lb/> Weisheit oder gnr Genie ist gefährlich. Einem tadellosen Frack auf Reisen wohnt<lb/> eine weit größere und noch dazu vou Explosionsgefahr ganz freie staatserhalleude<lb/> Kraft inne.</p><lb/> </div> <div n="2"> <head> Der strafbare Korrektor.</head> <p xml:id="ID_1360"> In eiuer Autlagesache wegen Beleidigung<lb/> durch die Presse hat ein Urteil des Reichsgerichts ausgesprochen, daß auch der<lb/> Korrektor des Blattes, das den beleidigenden Artikel enthalten hat, wenn er den<lb/> Artikel korrigirt habe, als „Gehilfe" strafbar werde, „da er den Inhalt des<lb/> Artikels bei dem Lesen der Korrektur kennen gelernt, also deu ehreukränlendeii<lb/> Inhalt des Artikels erkannt und dennoch seine Dienste als Korrektor geleistet<lb/> habe." Darnach sei der ^ 49 des Strafgesetzbuchs richtig gegen ihn angewandt<lb/> worden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1361" next="#ID_1362"> Nicht ohne Grund hat diese Entscheidung in deu Kreisen der Presse großes<lb/> Aussehen erregt. Allerdings bestimmt 5 49 des Strafgesetzbuchs- „Als Gehilfe<lb/> wird bestraft, wer dem Thäter bei Begehung des Vergehens durch Rat oder<lb/> That wissentlich Hilfe leistet." Hält man es nun schon für eine „wissentliche"<lb/> Hilfeleistung, daß der Korrektor sich bewußt ist, den ihm vorliegenden Artikel zu<lb/> korrigiren, dann ist er allerdings, wenn der Artikel strafbar ist, der strafbaren<lb/> Beihilfe schuldig. Aber die wissentliche Hilfeleistung setzt doch voraus, daß der<lb/> Handelnde sich auch der Strafbarkeit dessen, wozu er Hilfe leistet, bewußt<lb/> ist. In dieser Beziehung besteht aber ein wesentlicher Unterschied einerseits<lb/> zwischen dem Verfasser des Artikels und dem Redakteur, unter dessen Verantwortlich¬<lb/> keit der Artikel Aufnahme findet, und anderseits denen, die nur für die geschäftliche<lb/> Herstellung der Zeitung mitwirken. Der Verfasser des Artikels und der Redakteur<lb/> können sich uicht darauf berufen, daß ihnen die strafbare Natur des Artikels uicht bewußt</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0490]
Maßgebliches und Unmaßgebliches
iiuszert: O das ist gut, dann hat die Geschichte Bestand! et-urora). Francis
Aiaguard, der Leiter des Blattes, knüpft daran folgende Bemerkungen. „Es ist
klar, daß dieser Bauer nicht etwa die Monarchie wieder herstellen null; seine
Äußerung ist nur ein neuer Beweis dafür, einen wie großen Dienst Herr Carnot
der Republik erweist, indem er ihr ein menschliches Antlitz verleiht, sie in seiner
Person sichtbar macht und auch noch sein achtungswertes Privatleben für sie in die
Wagschale wirft. Diese Auffassung der Staatsgewalt ist keine Besonderheit der
lateinischen Rasse; in England, in Deutschland, in Rußland erhält sich, allen Ent¬
täuschungen zum Trotz, bei den Massen das Trugbild des wohlwollenden Allein¬
herrschers (<in bon Vzmrn), der alles weiß, alles vermag, und dem man alles
verzeiht. Die Volker bleiben eben unwissende Kinder, und die politischen Persön¬
lichkeiten sind für sie ungefähr dasselbe, wie die Illustrationen für kindliche Leser.
Ich sehe nicht ein, warum man das uicht monarchischen Sinn nennen soll; von
dieser Auffassung ist es noch unendlich weit bis zu der Annahme, daß das Volt
für die Wiederherstellung der Monarchie auch nur das unbedeutendste Opfer zu
bringen Lust habe. Nur dieses geht vorläufig aus solchem Erscheinungen sicher
hervor, daß der Vertreter der Staatsgewalt, der unter allen Umständen sehr mächtig
ist, keine Persönlichkeit neben sich darf aufkommen lassen, die ihn verdunkelt; indem
Gruob, Frehcinet, Goblet und andre solche Leute ruhig zusahen, wie sich im General
Boulanger eine volkstümliche Legende verkörperte, wurden sie die Gründer des
Boulaugismus. Das Abenteuer ist verunglückt, und nun hat sich die öffentliche
Meinung Herrn Carnot zugewandt, in dessen Person sie die verkörperte Festigkeit
und Dauer der bestehende» Staatsordnung begrüßt."
Das ergiebt eine hübsche Ergänzung des berühmten Sprüchleins Oxcnstierncis:
Weisheit oder gnr Genie ist gefährlich. Einem tadellosen Frack auf Reisen wohnt
eine weit größere und noch dazu vou Explosionsgefahr ganz freie staatserhalleude
Kraft inne.
Der strafbare Korrektor. In eiuer Autlagesache wegen Beleidigung
durch die Presse hat ein Urteil des Reichsgerichts ausgesprochen, daß auch der
Korrektor des Blattes, das den beleidigenden Artikel enthalten hat, wenn er den
Artikel korrigirt habe, als „Gehilfe" strafbar werde, „da er den Inhalt des
Artikels bei dem Lesen der Korrektur kennen gelernt, also deu ehreukränlendeii
Inhalt des Artikels erkannt und dennoch seine Dienste als Korrektor geleistet
habe." Darnach sei der ^ 49 des Strafgesetzbuchs richtig gegen ihn angewandt
worden.
Nicht ohne Grund hat diese Entscheidung in deu Kreisen der Presse großes
Aussehen erregt. Allerdings bestimmt 5 49 des Strafgesetzbuchs- „Als Gehilfe
wird bestraft, wer dem Thäter bei Begehung des Vergehens durch Rat oder
That wissentlich Hilfe leistet." Hält man es nun schon für eine „wissentliche"
Hilfeleistung, daß der Korrektor sich bewußt ist, den ihm vorliegenden Artikel zu
korrigiren, dann ist er allerdings, wenn der Artikel strafbar ist, der strafbaren
Beihilfe schuldig. Aber die wissentliche Hilfeleistung setzt doch voraus, daß der
Handelnde sich auch der Strafbarkeit dessen, wozu er Hilfe leistet, bewußt
ist. In dieser Beziehung besteht aber ein wesentlicher Unterschied einerseits
zwischen dem Verfasser des Artikels und dem Redakteur, unter dessen Verantwortlich¬
keit der Artikel Aufnahme findet, und anderseits denen, die nur für die geschäftliche
Herstellung der Zeitung mitwirken. Der Verfasser des Artikels und der Redakteur
können sich uicht darauf berufen, daß ihnen die strafbare Natur des Artikels uicht bewußt
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |