Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Zweites Vierteljahr.Ihiies Römische Geschichte bezeugungen, die der Leiche eines Marat erwiesen wurden, entgegenzuhalten, Während Jhre bei Pompejus und Sulla uoch bis zu einem gewissen Ihiies Römische Geschichte bezeugungen, die der Leiche eines Marat erwiesen wurden, entgegenzuhalten, Während Jhre bei Pompejus und Sulla uoch bis zu einem gewissen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0470" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/210337"/> <fw type="header" place="top"> Ihiies Römische Geschichte</fw><lb/> <p xml:id="ID_1309" prev="#ID_1308"> bezeugungen, die der Leiche eines Marat erwiesen wurden, entgegenzuhalten,<lb/> um zu erkennen, was eine solche Beweisführung wert ist; die Geschichte und<lb/> besonders die alte Geschichte vergißt die stillen Klagen der Nicdergetretnen<lb/> über deu Gefühlen des Siegers. Aber vor allein auch hier wieder, in welchen<lb/> kaum glaublichen Widerspruch gerät Jhre mit sich selbst, wenn er von Mnrins<lb/> sagt: „Es mag uoch zweifelhaft sein, ob die in roher Leidenschaftlichkeit ver¬<lb/> übten Unthaten seines >des Marinsj letzten Lebensjahres ihn als Menschen<lb/> mehr verabscheuungswürdig erscheinen lassen als seinen großen Gegner Sulla<lb/> die in kaltem Vinke und mit politischer Berechnung systematisch angeordneten<lb/> Massenmorde"! Hat Jhre denn auf Seite 454 ganz vergessen, was er ans<lb/> Seite 364 geschrieben hat?</p><lb/> <p xml:id="ID_1310" next="#ID_1311"> Während Jhre bei Pompejus und Sulla uoch bis zu einem gewissen<lb/> Punkte Mommsen folgt, find die Fälle weit häufiger, wo er in der Beurteilung<lb/> großer Männer von Mommse» abweicht. Sertorius ist bei Jhre „ohne<lb/> staatsmünnisches Talent, durch und durch Soldat und nur Soldat," ein vater¬<lb/> landsloser Condotticre. — Crassus ist durch seine Vielseitigkeit und Tüchtigkeit<lb/> als Soldat, als Redner und als Geschäftsmann „ein ungewöhnlicher Mann"<lb/> und in vielen Dingen dem großen Marlborough nicht unähnlich. — „Hätte<lb/> Rom in seinem hohen Adel viele Männer gehabt wie Lucullus, die bei großer<lb/> Begabung, hoher Vilduug, militärischer und politischer (?) Tüchtigkeit sich so<lb/> frei gehalten hätten von dem Mißbrauch der Gewalt, von Habsucht (?) und<lb/> Gewaltthätigkeit, von Herrschsucht und Willkür, so hätte die Republik nnter<lb/> der Leitung eines weisen und kräftigen Senates noch länger fortbestehen<lb/> können." — „Verglichen mit der Tücke der römischen Staatskunst, war der<lb/> blutgetränkte Ehrgeiz Jugurthas die reine Unschuld; die Römer waren nicht<lb/> berechtigt, darüber zu Gericht zu sitzen; nie hat Jugurtha einen Schritt gethan,<lb/> den die Römer als einen gegen sie gerichteten Angriff auslege» konnten." —<lb/> Cntilina ist anscheinend ein ganz ehrenwerter Mann, der „in den Jahren 64<lb/> und 63 mit Ausdauer, Beharrlichkeit und, sagen wir, mit Mäßigung einen<lb/> ganz berechtigten Zweck verfolgte" (nämlich die Wahl zum Konsulat; was er<lb/> als Konsul thun wollte, wissen wir ja uicht recht) und eigentlich nur durch<lb/> deu Widerstand seiner Gegner auf ungesetzliche Wege gedrängt wurde. — Cäsar<lb/> ist „keineswegs der klug berechnende, von Geburt um ehrgeizige Politiker, wie<lb/> er gewöhnlich geschildert wird, der vou Anfang an seinen Plan, zur Allein¬<lb/> herrschaft zu gelangen, fix und fertig in der Tasche hat(!) und keinen Schritt<lb/> thut, der nicht berechnet wäre, ihn diesem Ziele zu nähern"; seine Absicht ni<lb/> Gallien konnte keine andre sein, „als die römische Herrschaft zu erweitern, deu<lb/> asiatischen Eroberungen des Pompejus ähnliche in Europa an die Seite zu<lb/> stellen und, während er so den Interessen des Staates diente, seine persönliche<lb/> Stellung in demselben zu heben"; er sah nur „in allgemeinen schattenhaften<lb/> Umrissen die Notwendigkeit der Änderung," und „es war, als wenn der</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0470]
Ihiies Römische Geschichte
bezeugungen, die der Leiche eines Marat erwiesen wurden, entgegenzuhalten,
um zu erkennen, was eine solche Beweisführung wert ist; die Geschichte und
besonders die alte Geschichte vergißt die stillen Klagen der Nicdergetretnen
über deu Gefühlen des Siegers. Aber vor allein auch hier wieder, in welchen
kaum glaublichen Widerspruch gerät Jhre mit sich selbst, wenn er von Mnrins
sagt: „Es mag uoch zweifelhaft sein, ob die in roher Leidenschaftlichkeit ver¬
übten Unthaten seines >des Marinsj letzten Lebensjahres ihn als Menschen
mehr verabscheuungswürdig erscheinen lassen als seinen großen Gegner Sulla
die in kaltem Vinke und mit politischer Berechnung systematisch angeordneten
Massenmorde"! Hat Jhre denn auf Seite 454 ganz vergessen, was er ans
Seite 364 geschrieben hat?
Während Jhre bei Pompejus und Sulla uoch bis zu einem gewissen
Punkte Mommsen folgt, find die Fälle weit häufiger, wo er in der Beurteilung
großer Männer von Mommse» abweicht. Sertorius ist bei Jhre „ohne
staatsmünnisches Talent, durch und durch Soldat und nur Soldat," ein vater¬
landsloser Condotticre. — Crassus ist durch seine Vielseitigkeit und Tüchtigkeit
als Soldat, als Redner und als Geschäftsmann „ein ungewöhnlicher Mann"
und in vielen Dingen dem großen Marlborough nicht unähnlich. — „Hätte
Rom in seinem hohen Adel viele Männer gehabt wie Lucullus, die bei großer
Begabung, hoher Vilduug, militärischer und politischer (?) Tüchtigkeit sich so
frei gehalten hätten von dem Mißbrauch der Gewalt, von Habsucht (?) und
Gewaltthätigkeit, von Herrschsucht und Willkür, so hätte die Republik nnter
der Leitung eines weisen und kräftigen Senates noch länger fortbestehen
können." — „Verglichen mit der Tücke der römischen Staatskunst, war der
blutgetränkte Ehrgeiz Jugurthas die reine Unschuld; die Römer waren nicht
berechtigt, darüber zu Gericht zu sitzen; nie hat Jugurtha einen Schritt gethan,
den die Römer als einen gegen sie gerichteten Angriff auslege» konnten." —
Cntilina ist anscheinend ein ganz ehrenwerter Mann, der „in den Jahren 64
und 63 mit Ausdauer, Beharrlichkeit und, sagen wir, mit Mäßigung einen
ganz berechtigten Zweck verfolgte" (nämlich die Wahl zum Konsulat; was er
als Konsul thun wollte, wissen wir ja uicht recht) und eigentlich nur durch
deu Widerstand seiner Gegner auf ungesetzliche Wege gedrängt wurde. — Cäsar
ist „keineswegs der klug berechnende, von Geburt um ehrgeizige Politiker, wie
er gewöhnlich geschildert wird, der vou Anfang an seinen Plan, zur Allein¬
herrschaft zu gelangen, fix und fertig in der Tasche hat(!) und keinen Schritt
thut, der nicht berechnet wäre, ihn diesem Ziele zu nähern"; seine Absicht ni
Gallien konnte keine andre sein, „als die römische Herrschaft zu erweitern, deu
asiatischen Eroberungen des Pompejus ähnliche in Europa an die Seite zu
stellen und, während er so den Interessen des Staates diente, seine persönliche
Stellung in demselben zu heben"; er sah nur „in allgemeinen schattenhaften
Umrissen die Notwendigkeit der Änderung," und „es war, als wenn der
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