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Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Zweites Vierteljahr.

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Das Zukunftsreich Zcnnbesia und dessen Begründer

Grenzen nach der Küste weiter vorzuschieben oder, nachdem er inzwischen Zeit
gewonnen und sich dem Schauplatz der Thaten genähert hat, durch einen
Gewaltstreich das doati voWi<I"zue>W, das xosZossion vaut titro geltend zu
machen. Zur Vorbereitung dieses Verfahrens dienen und gehören hierher
einseitige Proklamationen über Wirkungskreise, Einflnßgebiete n. s. w., wodurch
des Nachbars Weinberg vor der Wegnahme zunächst "streitig" gemacht wird.

Als Unterlage für hoheitsrechtliche Proklamationen und internationale
Vereinbarungen bestehen sodann, zum Teil noch ohne diesen Aufbau, Urkunden,
die dadurch ihre Weihe erhalten, daß ein eingeborner Gewalthaber mit seinem
Daumen darunter einen Tintenklecks macht. Meistens sind das Konzessionen
an Händler, die für Rhodes erworben oder nachträglich an ihn oder die
Chartered Company abgetreten worden sind. Vor allen Dingen richtete Rhodes
sein Augenmerk auf Gebiete, die auch von andern begehrt oder bereits in An¬
spruch genommen waren, auf die Grenzen des beabsichtigten Reiches. Im
Innern ist er nach Erlaß des Charters und kraft dessen gegen störende Ein¬
mischung, insbesondre gegen die lustige und kostspielige Konkurrenz andrer
englischer Konzessionssucher gesichert.

Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang noch der seinem Wortlaut
nach unbekannte Vertrag mit einem Barotsehäuptling, auf Grund dessen im
vorigen Jahre ungefähr 225000 englische Quadratmeilen nördlich und westlich
des Sambesi unter den Schutz der Chartergesellschaft gestellt worden sind. Die
Genehmigung der britischen Regierung ist, so viel bekannt, zu dieser Schutz-
erklärnng noch nicht erteilt worden, durch die auf Gebiete westlich hinüber¬
gegriffen wird, die bisher vou Portugal beansprucht wurden.

Eine dritte Art von Papieren, wodurch Mr. Rhodes sein Reich abrundet,
sind Aktien. So hat er Nord-Zambesia, d. h. das kürzlich dem Herrn
H. H. Johnston als britischen Kommissar unterstellte Seengebiet westlich von der
portugiesischen Provinz Mozambique, südlich von Dentschostafrika und nördlich
von Sambesi, das Thätigkeitsfeld der African Lakes Company dadurch für
seine Chartergesellschaft gewonnen, daß er sämtliche Aktien jener Kompagnie
gegen solche der letztern zu Pari eingetauscht hat. Formell besteht die African
Lakes Company noch sort, thatsächlich aber ist sie von der British South
African Company aufgesogen worden, und es wäre zu verwundern, wenn nicht
auch hier sehr bald den Portugiesen nach der Politik der freien Hand, wozu
sich Mr. Rhodes berechtigt glaubt, unangenehme Überraschungen bereitet würden.

Mit dem Kongostaat ist nach den Zeitungen eine freundschaftliche Greuz-
verstäudiguug eingeleitet worden.

Die Chartered Company beschränkt sich jedoch nicht auf legale Mittel.
Ganz reinlich geht es bei solchen Neichsgrttndungen, wie der Vorgang Ost¬
indiens lehrt, nicht immer zu. Überfall und Aufhebung des portugiesischen
Obersten Paiva d'Andrade und seiner Begleiter, die sich kurz vorher Vertretern


Das Zukunftsreich Zcnnbesia und dessen Begründer

Grenzen nach der Küste weiter vorzuschieben oder, nachdem er inzwischen Zeit
gewonnen und sich dem Schauplatz der Thaten genähert hat, durch einen
Gewaltstreich das doati voWi<I«zue>W, das xosZossion vaut titro geltend zu
machen. Zur Vorbereitung dieses Verfahrens dienen und gehören hierher
einseitige Proklamationen über Wirkungskreise, Einflnßgebiete n. s. w., wodurch
des Nachbars Weinberg vor der Wegnahme zunächst „streitig" gemacht wird.

Als Unterlage für hoheitsrechtliche Proklamationen und internationale
Vereinbarungen bestehen sodann, zum Teil noch ohne diesen Aufbau, Urkunden,
die dadurch ihre Weihe erhalten, daß ein eingeborner Gewalthaber mit seinem
Daumen darunter einen Tintenklecks macht. Meistens sind das Konzessionen
an Händler, die für Rhodes erworben oder nachträglich an ihn oder die
Chartered Company abgetreten worden sind. Vor allen Dingen richtete Rhodes
sein Augenmerk auf Gebiete, die auch von andern begehrt oder bereits in An¬
spruch genommen waren, auf die Grenzen des beabsichtigten Reiches. Im
Innern ist er nach Erlaß des Charters und kraft dessen gegen störende Ein¬
mischung, insbesondre gegen die lustige und kostspielige Konkurrenz andrer
englischer Konzessionssucher gesichert.

Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang noch der seinem Wortlaut
nach unbekannte Vertrag mit einem Barotsehäuptling, auf Grund dessen im
vorigen Jahre ungefähr 225000 englische Quadratmeilen nördlich und westlich
des Sambesi unter den Schutz der Chartergesellschaft gestellt worden sind. Die
Genehmigung der britischen Regierung ist, so viel bekannt, zu dieser Schutz-
erklärnng noch nicht erteilt worden, durch die auf Gebiete westlich hinüber¬
gegriffen wird, die bisher vou Portugal beansprucht wurden.

Eine dritte Art von Papieren, wodurch Mr. Rhodes sein Reich abrundet,
sind Aktien. So hat er Nord-Zambesia, d. h. das kürzlich dem Herrn
H. H. Johnston als britischen Kommissar unterstellte Seengebiet westlich von der
portugiesischen Provinz Mozambique, südlich von Dentschostafrika und nördlich
von Sambesi, das Thätigkeitsfeld der African Lakes Company dadurch für
seine Chartergesellschaft gewonnen, daß er sämtliche Aktien jener Kompagnie
gegen solche der letztern zu Pari eingetauscht hat. Formell besteht die African
Lakes Company noch sort, thatsächlich aber ist sie von der British South
African Company aufgesogen worden, und es wäre zu verwundern, wenn nicht
auch hier sehr bald den Portugiesen nach der Politik der freien Hand, wozu
sich Mr. Rhodes berechtigt glaubt, unangenehme Überraschungen bereitet würden.

Mit dem Kongostaat ist nach den Zeitungen eine freundschaftliche Greuz-
verstäudiguug eingeleitet worden.

Die Chartered Company beschränkt sich jedoch nicht auf legale Mittel.
Ganz reinlich geht es bei solchen Neichsgrttndungen, wie der Vorgang Ost¬
indiens lehrt, nicht immer zu. Überfall und Aufhebung des portugiesischen
Obersten Paiva d'Andrade und seiner Begleiter, die sich kurz vorher Vertretern


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341853_209866/304>, abgerufen am 04.07.2024.